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Der Gefangene

Titel: Der Gefangene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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nur noch sporadisch ein, und er redete ununterbrochen von Selbstmord, sodass man ihn schließlich zu einer Gefahr für sich selbst erklärte. Er wurde aus dem F-Trakt geholt und ins Eastern State Hospital in Vinita gebracht. Nach seiner Aufnahme dort sagte er immer wieder: »Ich bin zu Unrecht misshandelt worden.«
    Im Eastern State Hospital wurde er zuerst von einem der Ärzte dort untersucht, einem gewissen Dr. Lizarraga, der einen sechsunddreißig Jahre alten Mann mit langjährigem Drogen- und Alkoholmissbrauch vor sich sah. Ron war verwahrlost und unrasiert, hatte langes, grau werdendes Haar und einen Schnurrbart. Er trug Gefängniskleidung und hatte Verbrennungen auf den Beinen und Narben an den Armen, die er dem Arzt von sich aus zeigte. Ohne Ausflüchte gab er zu, viele Fehler gemacht zu haben, bestritt aber energisch, Debbie Carter getötet zu haben. Das Unrecht, unter dem er litt, hatte dazu geführt, dass er alle Hoffnung verloren hatte und sterben wollte.
    Ron blieb drei Monate im Eastern State Hospital. Er wurde auf seine Medikamente eingestellt und von mehreren Ärzten - einem Neurologen, einem Psychologen, mehreren Psychiatern - ntersucht. Mehr als einmal wurde festgestellt, dass er emotional instabil war, eine niedrige Frustrationsschwelle hatte, egozentrisch war und nur ein geringes Selbstwertgefühl besaß, sich manchmal sehr distanziert verhielt und zu Wutausbrüchen neigte. Seine Stimmungsschwankungen waren deutlich ausgeprägt. Ron war kein einfacher Patient und verhielt sich dem Pflegepersonal und anderen Patienten gegenüber mit der Zeit immer aggressiver. Ein solches Verhalten konnte von der Klinikleitung nicht toleriert werden, und so wurde Ron entlassen und wieder in den Todestrakt geschickt. Dr. Lizarraga verschrieb Lithiumcarbonat, Navane und Cogentin, ein Medikament, das in der Regel zur Behandlung von Symptomen der Parkinsonkrankheit eingesetzt wird, manchmal aber auch verordnet wird, um die von Beruhigungsmitteln ausgelösten Symptome wie Zittern und Unruhe zu mildern. In Big Mac wurde unterdessen ein Wärter namens Savage von Mikell Patrick Smith angegriffen, einem Insassen des Todestraktes, der als der gefährlichste Mörder im Gefängnis galt. Smith hatte eine selbst gebastelte Klinge am Ende eines Besenstiels befestigt und sie durch die Klappe gestoßen, als ihm der Wärter das Mittagessen brachte. Das Messer traf das Herz, doch Off icer Savage überlebte wie durch ein Wunder.
    Zwei Jahre zuvor hatte Smith einen Zellengenossen erstochen.
    Der Anschlag ereignete sich nicht im Todestrakt, sondern im D-Trakt, wo Smith aufgrund einer Disziplinarmaßnahme einsaß. Trotzdem beschlossen die Gefängnisoffiziellen, dass ein neuer, moderner Todestrakt gebraucht wurde. Da in den Medien ausgiebig über die Tat berichtet wurde, war die Finanzierung des neuen Traktes innerhalb kurzer Zeit gesichert.
    Bei der Planung des H-Traktes wurde von vornherein der Ansatz »maximale Sicherheit und Kontrolle gewährleisten und Insassen und Gefängnispersonal eine sichere, moderne Umgebung zum Leben und Arbeiten zur Verfügung stellen« verfolgt. Vorgesehen waren zweihundert Zellen auf zwei Stockwerken, die jeweils in vier Quadranten aufgeteilt waren.
    Was das Konzept des H-Traktes anging, so wurden von Anfang an Vorschläge des Gefängnispersonals berücksichtigt. Nach dem Überfall auf Officer Savage war die Stimmung angespannt, und die Wärter und andere Mitarbeiter des Gefängnisses machten zahlreiche Vorschläge für das Konzept einer »kontaktfreien« Einrichtung. Zu Beginn der Planungsphase trafen sich fünfunddreißig Mitarbeiter des Gefängnisses mit den Architekten aus Tulsa, die von der Gefängnisbehörde mit dem Projekt beauftragt worden waren.
    Und obwohl noch keinem Todeskandidaten die Flucht aus McAlester gelungen war, beschlossen die Architekten des H-Traktes, die gesamte Anlage unter die Erde zu legen. Nach zwei Jahren in der Todeszelle verschlechterte sich Rons psychische Verfassung zusehends. Er wurde immer lauter und schrie und fluchte Tag und Nacht. Sein Verhalten wurde deutlich auffälliger. Schon aus nichtigem Anlass bekam er Wutanfälle, bei denen er wüste Beschimpfungen ausstieß und mit Gegenständen um sich warf. Dann wieder spuckte er stundenlang in den Gang hinaus, wobei er einmal auch einen der Wärter erwischte. Als er anfing, seine Exkremente durch die Gitterstäbe zu werfen, wurde es Zeit, ihn wegzubringen.
    »Er wirft schon wieder mit Scheiße«, brüllte ein Wärter, und

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