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Der Gefangene

Titel: Der Gefangene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Karl Fontenot wurden vom Oklahoma Court of Criminal Appeals, dem Revisionsgericht von Oklahoma für Strafsachen, aufgehoben, da ihre Geständnisse vor Gericht gegeneinander verwendet worden waren. Und weil keiner der beiden in den Zeugenstand gerufen worden war, hatte man ihnen damit auch das Recht darauf verwehrt, den Anschuldigungen des anderen zu begegnen. Hätte man die beiden in getrennten Verfahren verurteilt, hätte man den Verstoß gegen ihre verfassungsmäßig garantierten Rechte vermeiden können.
    Hätte man ihre Geständnisse unterdrückt, hätte es natürlich auch keine Verurteilung gegeben.
    Sie wurden aus dem Todestrakt geholt und nach Ada zurückgeschickt. Tommys Verhandlung fand in Shawnee in Pottawatomie County statt. Da die Staatsanwaltschaft wieder durch Bill Peterson und Chris Ross vertreten wurde und der Richter es zuließ, dass den Geschworenen das auf Band aufgenommene Geständnis vorgeführt wurde, wurde Tommy ein zweites Mal für schuldig befunden und wieder mit dem Tod bestraft. Während des Prozesses wurde seine Mutter jeden Tag von Amette Hudson zum Gericht gefahren. Gegen Karl verhandelte man in Holdenville in Hughes County. Auch er wurde wieder schuldig gesprochen und erhielt abermals die Todesstrafe. Ron war begeistert, als er von der Aufhebung der Urteile erfuhr, dann bestürzt, als die beiden wieder verurteilt wurden. Sein eigener Revisionsantrag bewegte sich zentimeterweise durch das System. Sein Fall war innerhalb des Büros der Pflichtverteidiger in Revisionsverfahren weitergegeben worden. Aufgrund der wachsenden Zahl von Fällen, in denen die Todesstrafe verhängt worden war, wurden weitere Anwälte eingestellt. Mark Barrett war überarbeitet und musste einige Fälle abgeben. Außerdem wartete er gerade in Greg Wilhoits Fall auf eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Das Gericht war bekannt dafür, dass es den Antragstellern gegenüber sehr streng war, doch Mark war fest davon überzeugt, dass man Greg einen neuen Prozess zugestehen würde.
    Rons neuer Anwalt hieß Bill Luker, und der vertrat in seinem Schriftsatz die Meinung, dass Ron keinen gerechten Prozess bekommen habe. Er kritisierte Barney Wards Arbeit und führte an, Ron sei durch eine »fehlerhafte Verteidigung« in seinen Rechten verletzt worden, was in der Regel das erste Argument bei der Revision eines Todeskandidaten war. Die größte von Barneys Sünden war der Umstand, dass er mit keinem Wort Rons Schuldfähigkeit angesprochen hatte. Unter den Beweisen waren keine Unterlagen aus seiner Krankengeschichte zu finden. Luker recherchierte Barneys Fehler, und die Liste wurde immer länger.
    Dann untersuchte er Methoden und Strategie von Polizei und Staatsanwaltschaft, was dem Schriftsatz noch einige Seiten hinzufügte. Auch Richter Jones' Entscheidungen blieben nicht unerwähnt: Er hatte zugelassen, dass die Geschworenen von Rons Traum-Geständnis erfuhren, er hatte die zahlreichen Verstöße der Staatsanwaltschaft gegen Brady ignoriert, und er hatte es versäumt, Rons Recht auf einen gerechten Prozess zu schützen.
    Die meisten von Bill Lukers Mandanten waren eindeutig schuldig. Seine Aufgabe bestand darin, dafür zu sorgen, dass sie eine gerechte Revisionsverhandlung bekamen. Doch Rons Fall lag anders. Je mehr Nachforschungen Luker anstellte, je mehr Fragen er stellte, desto mehr war er davon überzeugt, dass er diese Revision gewinnen konnte. Ron war ein sehr kooperativer Mandant, der seine Meinung engagiert vertrat und seinem Anwalt auch bereitwillig mitteilte. Er rief häufig bei Luker an und schrieb ihm lange Briefe. Seine Kommentare und Ausführungen waren in der Regel sehr nützlich. Und manchmal konnte er sich erstaunlich gut an Details seiner Krankengeschichte erinnern.
    Immer wieder kam er auf das Geständnis von Ricky Joe Simmons zu sprechen. Er hielt es für eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, dass es in seinem Prozess nie erwähnt worden war. Er schrieb an Luker:
    Lieber Bill,
    ich glaube, Debbie ist von Ricky Simmons getötet worden. Er muss es gewesen sein, sonst hätte er es ja nicht gestanden. Bill, ich mache hier die Hölle durch. Ich glaube, es ist nur gerecht, wenn Simmons für das, was er getan hat, bezahlt und ich freikomme. Sie wollen Ihnen sein Geständnis nicht geben, weil sie wissen, dass Sie es in meinen Schriftsatz aufnehmen und ich dann sofort einen neuen Prozess bekomme. Also sagen Sie diesen Mistkerlen, dass Sie sein Geständnis haben wollen.
    Viele Grüße von Ihrem Freund
    Ron
    Da

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