Der Gefangene
alle gingen in Deckung. As die Luft rein war, holten sie ihn aus der Zelle und brachten ihn nach Vinita, wo er wieder einmal untersucht werden sollte.
Ron verbrachte den Juli und den August 1990 im Eastern State Hospital. Sein behandelnder Arzt war wieder Dr. Lizarraga, der die gleichen Probleme wie vorher diagnostizierte. Nach drei Wochen wollte Ron in den Todestrakt zurück. Er machte sich Sorgen wegen seines Revisionsantrages und war der Meinung, dass er von McAlester aus, wo ihm wenigstens eine Gefängnisbibliothek zur Verfügung stand, besser daran mitarbeiten konnte. Da er neu auf seine Medikamente eingestellt worden war und stabil zu sein schien, schickte man ihn zurück.
12. Kapitel
Nach dreizehn frustrierenden Jahren gelang es dem Bundesstaat Oklahoma schließlich, das Chaos der Revisionsverfahren zu entwirren und eine Hinrichtung anzusetzen. Der Unglückliche war Charles Troy Coleman, ein Weißer, der drei Menschen getötet hatte und seit elf Jahren in der Todeszelle saß. Er war der Anführer einer kleinen Fraktion, die im Todestrakt immer wieder für Unruhe sorgte. Viele seiner Zellennachbarn waren daher nicht besonders traurig, dass Chuck endlich die Spritze bekam. Den meisten war jedoch bewusst, dass es kein Zurück mehr geben würde, wenn die Hinrichtungen einmal begonnen hatten.
Die Coleman-Exekution war ein Medienereignis, zu dem die Presse vor Big Mac zusammenströmte. Opfer, Demonstranten, Geistliche und zufällig vorbeikommende Passanten wurden interviewt. Während die Stunden vergingen, wuchs die Spannung. Greg Wilhoit hatte sich mit Coleman angefreundet, obwohl sie heftig über die Todesstrafe stritten. Ron war immer noch dafür, änderte seine Meinung allerdings ständig. Er mochte Coleman nicht, weil dem Rons lautstarke Auftritte verständlicherweise auf die Nerven gingen.
In der Nacht von Colemans Hinrichtung war es im Todestrakt ruhig. Umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen waren getroffen worden. Der Zirkus fand draußen vor dem Gefängnis statt, wo die Presse die Minuten zählte, als wäre es Silvester. Greg saß in seiner Zelle und sah sich die Fernsehberichte an. Kurz nach Mitternacht wurde der Tod von Charles Troy Coleman bekannt gegeben.
Mehrere Gefangene klatschten und jubelten, die meisten saßen still in ihren Zellen. Einige beteten.
Gregs Reaktion kam für ihn selbst völlig unerwartet. Plötzlich fühlte er sich von seinen Emotionen überwältigt. Bitterkeit erfüllte ihn, als er den Jubel hörte. Sein Freund war tot. Die Welt war deswegen nicht sicherer geworden. Nicht ein einziger künftiger Mörder würde sich davon abschrecken lassen. Er kannte Mörder und wusste, was sie zu ihren Handlungen trieb. Falls sich die Familie des Opfers über die Hinrichtung freute, hatte sie die Sache noch lange nicht verarbeitet. Greg war in einer Methodistengemeinde groß geworden und las nun jeden Tag in der Bibel. Hatte Jesus nicht Vergebung gepredigt? Wenn es falsch war zu töten, warum durfte dann der Staat Menschen das Leben nehmen? Wer gab ihm das Recht, Hinrichtungen anzuordnen? Mit diesen Argumenten hatte er sich schon früher immer wieder auseinandergesetzt, aber jetzt war sein Blickwinkel ein völlig anderer.
Der Tod von Charles Coleman brachte für Greg eine dramatische Erkenntnis, die zu einem grundlegenden Wandel führte. Bis dahin hatte er an das Prinzip Auge um Auge, Zahn um Zahn geglaubt. Damit war es nun für immer vorbei.
Später sprach er mit Ron darüber, der ihm gestand, dass er viele seiner Ansichten teile. Allerdings gab sich Ron schon am nächsten Tag wieder als glühender Verfechter der Todesstrafe, der es am liebsten gesehen hätte, wenn man Ricky Joe Simmons in Ada von der Straße geholt und standrechtlich erschossen hätte.
Am 15. Mai 1991 bestätigte das Revisionsgericht von Oklahoma für Strafsachen einstimmig Rons Verurteilung und die Todesstrafe und rechtfertigte damit das Vorgehen der Staatsanwaltschaft. In einer von Richter Gary Lumpkin verfassten Stellungnahme kam das Gericht zu dem Schluss, es habe zwar mehrere Verfahrensfehler gegeben, aber die »überzeugenden Beweise« gegen den Angeklagten überwögen die belanglosen Fehler, die Barney, der Polizei, Peterson und Richter Jones unterlaufen waren. Das Gericht hielt sich kaum damit auf, welche Beweise so »überzeugend« gewesen waren.
Bill Luker teilte Ron die schlechte Nachricht telefonisch mit. Der nahm es relativ gelassen. Ron hatte sich die Schriftsätze angesehen und zahlreiche Gespräche mit
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