Der Gefangene
der Staat Oklahoma für das begangene Unrecht entschuldigt und die Akten von Ron Williamson und Dennis Fritz geschlossen, dann hätten die offiziellen Stellen die traurige Geschichte wenigstens auf ehrenhafte Weise beendet.
Stattdessen ließen sie sich lieber verklagen.
Im April 2000 reichten die Streitgenossen Dennis Fritz und Ron Williamson Klage gegen halb Oklahoma ein. Beklagte waren die Stadt Ada, Pontotoc County, Bill Peterson, Dennis Smith, John Christian, Mike Tenney, Glen Gore, Terri Holland, James Harjo, der Bundesstaat Oklahoma, das OSBI, die OSBI-Mitarbeiter Gary Rogers, Rusty Featherstone, Melvin Hett, Jerry Peters und Larry Mullins sowie die Beamten des Department of Corrections Gary Maynard, Dan Reynolds, James Saffle und Larry Fields.
Bei mehreren Bundesgerichten erhoben sie Klage wegen Verletzung ihrer Bürgerrechte und begründeten die Klage mit dem Verstoß gegen den vierten, fünften, sechsten, achten und vierzehnten Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten. Bei der Geschäftsverteilung nach dem Zufallsprinzip wurde die Sache ausgerechnet Richter Seay übertragen, der sich später für befangen erklärte.
Der Klageschrift zufolge hatten die Beklagten erstens den Klägern durch die Fälschung von Beweisen und die Zurückhaltung von entlastendem Material einen gerechten Prozess versagt, sich zweitens verabredet, die Kläger rechtswidrig festzunehmen und in böswilliger Absicht strafrechtlich zu verfolgen, sich drittens der Täuschung schuldig gemacht, viertens vorsätzlich eine emotionale Beeinträchtigung herbeigeführt, fünftens bei der Strafverfolgung der Beklagten fahrlässig gehandelt und sechstens in böswilliger Absicht die Strafverfolgung eingeleitet und weitergeführt.
Das D. O. C. wurde der Misshandlung von Ron während seiner Zeit in der Todeszelle und der Missachtung seiner geistigen Erkrankung durch Beamte beschuldigt, die mehrfach davon in Kenntnis gesetzt worden waren.
Gefordert wurde Schadenersatz in Höhe von einhundert Millionen Dollar. »Meines Erachtens handelt es sich um eine leichtfertig erhobene Klage, die nur Aufsehen erregen soll«, tönte Bill Peterson in der Lokalzeitung von Ada. »Ich mache mir da keine Gedanken.«
Er bestätigte erneut die »fortgesetzten« Ermittlungen wegen des Tötungsdelikts.
Die Klage wurde von Barry Schecks Kanzlei und einer Anwältin aus Kansas City namens Cheryl Pilate eingereicht. Später, als er aus der Behörde für die Strafverteidigung Mittelloser ausgeschieden war und eine eigene Kanzlei gegründet hatte, schloss sich ihnen Mark Barrett an.
Zivilprozesse wegen rechtswidriger Verurteilung sind extrem schwer zu gewinnen. Den meisten zu Unrecht Verurteilten bleibt es nach ihrer Rehabilitierung verwehrt, sich an die Gerichte zu wenden. Wenn jemand zu Unrecht verurteilt wurde, heißt das noch lange nicht, dass er deswegen automatisch klagen kann.
Der potenzielle Kläger muss geltend machen und nachweisen, dass gegen seine Bürgerrechte verstoßen wurde, dass seine verfassungsgemäßen Schutzrechte missachtet wurden und dass dies zu seiner rechtswidrigen Verurteilung geführt hat. Dann kommt der schwierige Teil: Praktisch jeder, der irgendwie mit dem Prozess zu tun hat, genießt Immunität. Ein Richter kann wegen eines Fehlurteils nicht belangt werden. Dabei spielt es keine Rolle, welche Fehler ihm im Verfahren unterlaufen sind. Ein Staatsanwalt genießt Immunität, solange er seine Aufgaben, also die Strafverfolgung, wahrnimmt. Nur wenn er sich zu stark in die Ermittlungen einschaltet, kann er unter Umständen haftbar gemacht werden. Und Polizisten sind immun, sofern ihnen nicht ein eklatantes Fehlverhalten nachgewiesen werden kann, dessen Verfassungswidrigkeit jedem vernünftigen Polizeibeamten hätte klar sein müssen. Solche Verfahren kosten ein Vermögen, weil die Anwälte Hunderte, wenn nicht gar Tausende Dollar als Prozesskostenvorschuss zahlen müssen. Das Risiko bei einer solchen Klage ist enorm hoch, weil die Chancen, das Geld zurückzubekommen, verschwindend gering sind.
Die meisten zu Unrecht Verurteilten bekommen - wie Greg Wilhoit - nie auch nur einen Cent Entschädigung.
Rons nächste Station war das Übergangsheim in Norman, wo er im Juli 2001 einzog. Es war eine renommierte Einrichtung, die eine strukturierte Umgebung, Psychotherapie und Eingliederungsmaßnahmen für Männer anbot. Ziel war es, die Patienten zu befähigen, mit Unterstützung eines Therapeuten allein zu leben. Schließlich und endlich
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