Der Gefangene
doch herein. Ohne auf seine Umgebung zu achten, ging er die Straße entlang, als ein Auto mit zwei Frauen anhielt. Er stieg ein. Gemeinsam zogen sie durch die Bars. Es wurde spät, und schließlich landeten alle in seinem Trailer, wo eine seiner Begleiterinnen das Bargeld fand, das er unter dem Bett versteckt hatte. Als er später den Diebstahl von eintausend Dollar entdeckte, schwor er allen Frauen ab.
Sein einziger Freund in Springfield war sein Neffe Michael Hudson. Ron überredete ihn, sich eine Gitarre zu kaufen, und brachte ihm ein paar Akkorde bei. Michael sah regelmäßig nach ihm und erstattete seiner Mutter Bericht. Ron trank immer mehr. Der Alkohol vertrug sich nicht mit seinen Medikamenten, und er wurde schwer paranoid. Schon beim Anblick eines Streifenwagens bekam er Panikattacken. Er ging noch nicht einmal bei Rot über die Straße, weil er dachte, die Polizei hätte ihn immer im Auge. Peterson und die Polizei von Ada mussten etwas im Schilde führen. Er verklebte die Fenster mit Zeitungen, brachte an den Türen Vorhängeschlösser an und verklebte sie dann ebenfalls von innen. Wenn er schlief, hielt er ein Fleischermesser in der Hand. Mark Barrett besuchte ihn zweimal und blieb über Nacht. Er war entsetzt über Rons Zustand, Paranoia und Trunksucht. Besonders beunruhigend fand er das Messer. Ron war einsam und hatte furchtbare Angst.
Auch Dennis Fritz traute sich nicht bei Rot über die Straße. Er kehrte nach Kansas City zurück und zog in das kleine Haus seiner Mutter in der Lister Avenue. As er es zuletzt gesehen hatte, war es von einem enttäuschten SWAT-Kommando umzingelt gewesen. Monate nach ihrer Freilassung war noch immer keine Anklage gegen Glen Gore erhoben worden. Die Ermittlungen schleppten sich dahin. Soweit Dennis wusste, standen er und Ron nach wie vor unter Verdacht. Schon der Anblick eines Streifenwagens ließ ihn zusammenzucken. Wenn er aus dem Haus ging, achtete er darauf, dass ihm niemand folgte. Wenn das Telefon klingelte, fuhr er zusammen.
Er besuchte Ronnie in Springfield und war entsetzt über dessen Trinkerei. Sie versuchten, sich ein paar Tage gemeinsam zu amüsieren und Erinnerungen auszutauschen, aber Ronnie trank einfach zu viel. Er wurde zwar nicht ausfällig oder sentimental, wenn er getrunken hatte, doch er war laut und keine angenehme Gesellschaft. Normalerweise schlief er bis Mittag, öffnete dann ein Bier, das Frühstück und Mittagessen ersetzte, und fing an, Gitarre zu spielen.
Eines Abends fuhren sie herum, tranken Bier und genossen ihre Freiheit. Ron spielte Gitarre. Dennis fuhr äußerst vorsichtig. Er kannte Springfield nicht und wollte auf keinen Fall Ärger mit der Polizei. Ron wollte unbedingt an einem Nachtclub halten und die Leute beschwatzen, ihn auftreten zu lassen. Dennis hielt das für keine gute Idee, vor allem, weil Ron weder den Besitzer noch die Türsteher des Clubs kannte. Nach einem hitzigen Streit fuhren sie zurück zum Trailer.
Ron träumte davon, auf der Bühne zu stehen. Er wollte vor Tausenden Menschen auftreten, Alben verkaufen und berühmt werden. Dennis wies ihn lieber nicht darauf hin, dass das angesichts seiner krächzenden Stimme, der geschädigten Stimmbänder und seines eher bescheidenen Talents als Gitarrist wohl ein Traum bleiben würde. Allerdings drängte er Ron, weniger zu trinken. Er schlug vor, ab und zu statt des Budweisers, von dem Ron täglich enorme Mengen verputzte, zu einem alkoholfreien Bier zu greifen. Ron wurde dick, und Dennis drängte ihn, Sport zu treiben und mit dem Rauchen aufzuhören.
Ron hörte sich das an, trank aber weiter, und zwar richtiges Bier. Nach drei Tagen fuhr Dennis nach Kansas City zurück. Einige Wochen später kam er mit Mark Barrett vorbei, der zufällig in der Stadt war. Die beiden fuhren Ron zu einem Café, wo er auf der winzigen Bühne gegen Trinkgeld Bob-Dylan-Songs zum Besten gab und dazu Gitarre spielte. Obwohl sich die wenigen Gäste mehr für ihr Essen als die Musik interessierten, war Ron glücklich, auftreten zu dürfen.
Um sich zu beschäftigen und wenigstens etwas Geld zu verdienen, nahm Dennis einen Teilzeitjob an, bei dem er zum Mindestlohn Hamburger grillen musste. In den vergangenen zwölf Jahren hatte er sich permanent mit Gesetzestexten befasst, eine Gewohnheit, die sich nur schwer ablegen ließ. Barry Scheck empfahl ihm ein Jurastudium und versprach sogar, sich an den Studiengebühren zu beteiligen. Die University of Missouri in Kansas City war nicht weit. Dort gab es
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