Der Gefangene
angeklagt. Er leistete einen Offenbarungseid und beantragte einen vom Gericht eingesetzten Rechtsbeistand.
Im Gefängnis wurde unterdessen über nichts anderes gesprochen als über die Haraway-Sache. Die zur Untätigkeit verdammten Insassen hatten keine andere Beschäftigung als Reden. Ward und Fontenot standen besonders im Rampenlicht, weil ihr Verbrechen das aktuellste und zweifellos das sensationellste war. Tommy schilderte sein Traum-Geständnis und die Verhörmethoden von Smith, Rogers und Featherstone. Seinem Publikum waren die beiden Detectives wohlbekannt.
Immer wieder beteuerte Tommy, dass er mit Denice Haraway nichts zu tun habe. Die wahren Mörder laufen frei rum, sagte er wiederholt, und lachen sich über die beiden dummen Jungs kaputt, die gestanden haben, und über die Cops, die sie dazu gebracht haben.
Ohne Denice Haraways Leiche hatte Bill Peterson ein massives juristisches Problem. Sein Fall bestand aus zwei Videoaufzeichnungen von Geständnissen, die jeglicher Grundlage in Form materieller Beweise entbehrten. Es war sogar so, dass zum einen die Wirklichkeit den Mitschnitten und zum anderen die Geständnisse einander widersprachen. Peterson hatte Zeichnungen von den Verdächtigen, aber auch die waren problematisch. Die eine mochte vielleicht auf Tommy Ward hindeuten, bei der anderen aber hatte niemand auch nur die entfernteste Ähnlichkeit mit Karl Fontenot entdeckt.
Thanksgiving kam und verstrich, ohne dass die Leiche gefunden wurde. Weihnachten folgte. Im Januar 1985 überzeugte Bill Peterson einen Richter, dass alles darauf hindeute, dass Denice Haraway tot sei. Bei einer Voruntersuchung wurden die Videogeständnisse einem überfüllten Gerichtssaal vorgeführt. Die Leute reagierten überwiegend schockiert, wobei vielen die eklatanten Widersprüche zwischen Wards und Fontenots Bericht auffielen. Nichtsdestotrotz war es jetzt Zeit für einen Prozess, ob mit oder ohne Leiche.
Doch das juristische Gerangel ging weiter. Zwei Richter erklärten sich für befangen. Die Suche nach der Leiche verlor an Elan und wurde ein Jahr nach Denice Haraways Verschwinden schließlich eingestellt. In Ada war man überwiegend der Meinung, dass Ward und Fontenot schuldig waren. Warum hätten sie sonst ein Geständnis ablegen sollen? Es wurde aber auch über den Mangel an Beweisen spekuliert, und man fragte sich, warum der Prozessbeginn so lange auf sich warten ließ.
Im April 1985, ein Jahr, nachdem Denice Haraway verschwunden war, brachte die Ada Evening News einen Artikel von Dorothy Hogue über die Enttäuschung, die in der Stadt über den Fortgang der Ermittlungen herrschte. »Ada von ungelösten Gewaltverbrechen überschattet« lautete die Schlagzeile. Über den Fall Haraway stand zu lesen: »Obwohl die Ermittlungsbehörden vor und nach der Verhaftung von Ward und Fontenot zahlreiche Gebiete in der Gegend abgesucht haben, fehlt von Haraway nach wie vor jede Spur. Detective Dennis Smith gibt sich gleichwohl optimistisch, dass der Fall gelöst sei.« Von Pseudogeständnissen war nicht die Rede.
Über den Fall Carter schrieb Dorothy Hogue: »Bereits vor knapp zwei Jahren wurden Beweisstücke vom Tatort sowie Proben des Verdächtigen an das Labor des Oklahoma State Bureau of Investigation geschickt, aber laut Angaben der Polizei wartet man immer noch auf die Ergebnisse.« Die extrem lange Bearbeitungsfrist des OSBI wurde damit immerhin zur Kenntnis genommen. Dennis Smith' Kommentar zum Fall lautete: »Die Polizei konzentriert sich auf einen Verdächtigen. Es wurden aber noch keine Verhaftungen im Zusammenhang mit dem Verbrechen vorgenommen.« Im Februar 1985 kam Ron wegen seiner Flucht vor Gericht. Der von Amts wegen bestellte Anwalt war David Morris, der die Williamson-Familie gut kannte. Ron bekannte sich schuldig und wurde zu zwei Jahren Haft verurteilt, die zum großen Teil auf Bewährung ausgesetzt wurden, unter der Bedingung, dass er a) sich in psychiatrische Behandlung begab, b) keinen Ärger machte, c) Pontotoc County nicht verließ und d) keinen Alkohol trank.
Ein paar Monate später wurde er in der Pottawatomie County wegen Trunkenheit in der Öffentlichkeit festgenommen. Bill Peterson stellte einen Antrag auf Widerrufung der Bewährung und Verbüßung der Reststrafe. Erneut wurde David Morris vom Gericht als Rons Rechtsvertreter eingesetzt. Am 26. Juli fand vor dem Bezirksrichter mit besonderen Aufgaben John David Miller eine Anhörung über den Widerruf statt - oder zumindest der Versuch einer
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