Der Gefangene
verbesserte sich und quälte sich weiter. Jeder blinde Cop kann doch sehen, dass ich lüge, dachte er immer wieder. Dreißig Minuten später wurde die Kamera ausgeschaltet. Tommy wurde in Handschellen gelegt, nach Ada zurückgefahren und in eine Zelle gesperrt. Mike Roberts wartete unterdessen immer noch auf dem Parkplatz vor dem OSBI-Gebäude. Fast neuneinhalb Stunden hatte er dort ausgeharrt.
Am nächsten Morgen beriefen Smith und Rogers eine Pressekonferenz ein und verkündeten, dass sie den Fall Haraway gelöst hätten. Tommy Ward, vierundzwanzig, aus Ada, habe gestanden und zwei weitere Männer belastet, die noch auf freiem Fuß seien. Die Polizisten baten die Presse, die Geschichte noch ein paar Tage unter Verschluss zu halten, bis die anderen Verdächtigen festgenommen seien. Die Zeitungsleute hielten sich an die Abmachung, aber ein Fernsehsender nicht. Die Neuigkeit verbreitete sich in Windeseile über den ganzen Südosten von Oklahoma. Karl Fontenot wurde ein paar Stunden später in der Nähe von Tulsa festgenommen und nach Ada gebracht. Smith und Rogers, noch ganz euphorisch von ihrem Erfolg mit Tommy Ward, führten die Vernehmung. Obwohl eine Videokamera bereitstand, wurde keine Aufnahme gemacht.
Karl war zwanzig und lebte allein, seit er sechzehn war. Er stammte aus Ada, wo er in erbärmlichen Verhältnissen aufgewachsen war. Sein Vater war Alkoholiker gewesen, seine Mutter vor seinen Augen bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Er war ein leicht beeinflussbarer junger Mann, der kaum Freunde und praktisch keine Verwandten hatte.
Er beharrte darauf, dass er unschuldig sei und nichts über das Verschwinden von Denice Haraway wisse.
Doch Karl erwies sich im Vergleich zu Tommy als erheblich leichter zu knacken. In weniger als zwei Stunden hatten Smith und Rogers eine weitere Aussage auf Video, die der von Ward verdächtig ähnlich war.
Karl widerrief sein Geständnis sofort nach der Inhaftierung. Später sollte er sagen: »Ich war vorher nie im Gefängnis, ich hatte vorher nie Probleme mit der Polizei, und mir hat bis dahin noch nie jemand vorgeworfen, ich hätte eine hübsche Frau umgebracht, und mir mit der Todesstrafe gedroht. Ich habe ihnen die Geschichte erzählt, weil ich hoffte, dass sie mich dann in Ruhe lassen. Und das taten sie auch, nachdem sie meine Aussage aufgenommen hatten. Sie sagten, ich könne mir aussuchen, ob ich sie aufschreiben oder aufnehmen will. Ich wusste nicht einmal, was das genau bedeutet, Aussage und Geständnis, erst als sie mir sagten, ich hätte ein Geständnis abgelegt. Ich habe falsch ausgesagt, damit sie mich gehen lassen.«
Die Polizei sorgte dafür, dass die Geschichte in die Medien kam. Ward und Fontenot hätten umfassende Geständnisse abgelegt. Das Rätsel um Haraway sei gelöst, zumindest größtenteils. Sie seien jetzt an Titsworth dran und rechneten damit, dass alle drei binnen weniger Tage des Mordes angeklagt würden.
Das niedergebrannte Haus wurde durchsucht, und die Polizei fand Reste eines Kieferknochens, worüber die Ada Evening News sogleich berichtete.
Trotz sorgfältiger Vorbereitung war Karls Geständnis ein Desaster. Zwischen seiner Version des Verbrechens und der von Tommy gab es eklatante Unstimmigkeiten. Bei bestimmten Einzelheiten widersprachen sich die beiden sogar, etwa in welcher Reihenfolge sie Denice vergewaltigt hatten, ob das Mädchen während der Vergewaltigung von ihren Angreifern mit dem Messer attackiert wurde und wie viele Stichwunden sie hatte, ob sie sich befreien und ein paar Schritte wegrennen konnte, ehe sie wieder gepackt wurde, wann und wo sie schließlich starb. Die auffälligsten Diskrepanzen gab es im Hinblick auf Tötungsart und Beseitigung der Leiche. Tommy Ward sagte, die junge Frau habe während der Vergewaltigungen mehrere Stichwunden erlitten, als sie rücklings auf der Ladefläche von Odells Pick-up lag. Da sei sie auch gestorben. Anschließend hätten sie ihre Leiche in einen Graben nahe einem Betonbunker geworfen. Fontenot »erinnerte« sich anders. In seiner Version hatten sie das Mädchen zu einem verlassenen Haus geschleppt, wo Odell Titsworth sie erstach, ihre Leiche unter den Fußbodenbelag zwängte, alles mit Benzin übergoss und das Haus in Brand steckte.
Nahezu einig waren sich beide allerdings, was Odell Titsworth anging. Er sei der Anführer gewesen. Er habe Ward und Fontenot dazu angestiftet, mit ihm in seinem Pick-up loszufahren, ein paar Bier zu trinken, ein bisschen Dope zu rauchen und dann
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