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Der Gefangene

Titel: Der Gefangene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Anhörung. Ron war unmedikamentiert und wollte den Mund einfach nicht halten. Er legte sich so mit Morris, Richter Miller und den Polizeibeamten an, dass die Anhörung vertagt werden musste.
    Drei Tage später versuchten sie es erneut. Richter Miller bat Gefängniswärter und Polizisten, Ron die Folgen seines Verhaltens vor Augen zu führen. Dennoch betrat er den Gerichtssaal zeternd und fluchend. Der Richter verwarnte ihn mehrmals, Ron ließ sich aber nicht zum Schweigen bringen. Er verlangte einen neuen Rechtsanwalt, doch als ihn der Richter nach dem Grund fragte, konnte er keinen nennen.
    Rons Verhalten war ohne Zweifel abstoßend, aber selbst bei seinen wildesten Ausfällen war offensichtlich, dass er Hilfe brauchte. Bisweilen schien er ganz bei der Sache zu sein, dann setzte er wieder zu unzusammenhängenden Schimpftiraden an. Er war außer sich, verbittert und wütend auf alles und jeden.
    Nach mehreren Verwarnungen verbannte ihn Richter Miller zurück in die Zelle, und die Anhörung wurde erneut vertagt. Am nächsten Tag beantragte David Morris eine Anhörung zur Feststellung von Rons Zurechnungsfähigkeit. Und seinen Rücktritt als Rechtsbeistand.
    In seiner verdrehten Welt sah sich Ron als vollkommen normal. Er empfand es als schwere Kränkung, dass sein Anwalt seinen Geisteszustand infrage stellte, und redete nicht mehr mit ihm. Morris hatte die Nase voll.
    Dem Antrag auf Feststellung der Zurechnungsfähigkeit wurde stattgegeben. Dem Antrag auf Rücktritt nicht.
    Zwei Wochen später wurde die Prüfung eingeleitet und sofort wieder abgebrochen. Ron war noch unbeherrschter als beim letzten Mal. Richter Miller ordnete ein psychiatrisches Gutachten an.
    Anfang 1985 wurde bei Juanita Williamson Eierstockkrebs in fortgeschrittenem Stadium diagnostiziert. Zweieinhalb Jahre lang hatte sie mit dem Gerücht gelebt, dass ihr Sohn Debbie Carter ermordet habe. Sie wollte die Sache bereinigt wissen, ehe sie starb.
    Juanita war sehr pingelig, was ihren Papierkram anging. Jahrelang hatte sie akribisch Tagebuch geführt. Ihre Geschäftsunterlagen waren tadellos; sie hätte jeder ihrer Kundinnen jederzeit die letzten fünf Termine nachschlagen können. Und sie bewahrte alles auf- bezahlte Rechnungen, eingelöste Schecks, Quittungen, die Zeugnisse ihrer Kinder und Belege aller Art.
    Sie hatte unzählige Male in ihrem Kalender nachgelesen und wusste genau, dass Ron am Abend des 7. Dezember 1982 bei ihr zu Hause gewesen war. Das hatte sie mehr als einmal bei der Polizei ausgesagt. Die aber glaubte an die Theorie, dass Ron sich aus dem Haus geschlichen hatte, die Gasse entlanggegangen war, das Verbrechen begangen hatte und heimgekehrt war. Motiv: unbedeutend. Unbedeutend auch die Tatsache, dass Glen Gore gelogen hatte, als er behauptete, Ron am fraglichen Abend im Coachlight dabei beobachtet zu haben, wie er Debbie Carter belästigte. Das alles war unbedeutend; die Cops hatten ihren Mann.
    Doch die Cops wussten auch, dass Juanita Williamson allseits hoch respektiert wurde. Sie war sehr gläubig und in der Pfingstbewegung, der sie angehörte, weithin bekannt. In ihrem Schönheitssalon bediente sie Hunderte Kundinnen, die sie alle wie enge Freundinnen behandelte. Wenn Juanita in den Zeugenstand trat und aussagte, dass Ronnie am Abend des Mordes bei ihr zu Hause war, würden ihr die Geschworenen glauben. Ihr Sohn mochte vielleicht heute Probleme haben, aber er hatte mit Sicherheit eine gute Erziehung genossen.
    Juanita war noch etwas anderes eingefallen. 1982 war der Videoverleih bereits in Mode gekommen, und auch ein Laden in ihrer Straße war auf den Zug aufgesprungen. Am 7. Dezember hatte sich Juanita einen Videorekorder und fünf ihrer Lieblingsfilme ausgeliehen und sie mit Ron zusammen angesehen, bis früh am nächsten Morgen. Er hatte in dieser Nacht im Wohnzimmer neben ihr auf dem Sofa gesessen und gut gelaunt alte Filme angeschaut. Juanita hatte die Quittung von dem Videoverleih. David Morris hatte sich immer um Juanitas Rechtsangelegenheiten gekümmert. Er bewunderte sie und tat ihr deshalb gern hin und wieder den Gefallen, Ron zu vertreten, wenn er sich mal wieder eine Eskapade geleistet hatte - auch wenn er alles andere als der ideale Mandant war. Morris hörte sich ihre Geschichte an, besah sich die Quittung und zweifelte nicht eine Sekunde daran, dass sie die Wahrheit sagte. Zudem war er erleichtert, weil er wie die meisten anderen Leute in der Stadt die Gerüchte über Rons Verwicklung in den Carter-Mord

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