Der Gefangene
die Lappen gegangen war. Entweder hatte er sich heimlich verdrückt, oder er war versehentlich übergangen worden. Wie auch immer, von ihm gab es weder Fingerdrücke noch Haar- und Speichelproben.
Über dreieinhalb Jahre sollten vergehen, bis die Polizei das Versäumte nachholte bei dem Mann, der Debbie Carter vor dem Mord als Letzter gesehen hatte. Am Nachmittag des 9. Dezember um fünfzehn Uhr begann Dr. Fred Jordan, ärztlicher Leichenbeschauer in Diensten des Bundesstaats und forensischer Pathologe, mit der Obduktion von Debbie Carters Leiche. Anwesend waren Gary Rogers und Jerry Peters, ebenfalls vom OSBI.
Dr. Jordan, der schon Tausende von Autopsien vorgenommen hatte, stellte zunächst fest, dass es sich um die Leiche einer jungen weißen Frau handelte, die nichts als weiße Socken am Leib trug. Die Totenstarre war vollständig eingetreten, was bedeutete, dass sie mindestens vierundzwanzig Stunden tot sein musste. Auf ihre Brust hatte jemand offenbar mit Nagellack das Wort »Stirb!« geschrieben. Ihr Körper war mit einer anderen roten Flüssigkeit verschmiert, vermutlich Ketchup, und auf ihrem Rücken stand, ebenfalls mit Ketchup geschrieben, »Duke Gram«.
Es gab mehrere Prellungen und blaue Flecken auf den Armen, der Brust, im Gesicht. Dr. Jordan entdeckte winzige Schnittverletzungen an der Innenseite der Lippen, und der zwischen ihnen hervorschauende, blutgetränkte grüne Waschlappen, den er behutsam entfernte, war tief in die Mundhöhle gepresst worden, bis in den Rachen. Am Hals fanden sich, halbkreisförmig angeordnet, Abschürfungen und Druckstellen. Die Vagina wies Prellungen auf, der Mastdarm wirkte etwas aufgetrieben. Als Dr. Jordan der Sache auf den Grund ging, fand er im Anus den kleinen Schraubverschluss einer Ketchupflasche.
Die Suche nach inneren Verletzungen ergab nichts Unerwartetes - Lungenversagen und Herzerweiterung. Obwohl auch die Kopfhaut einige Prellungen aufwies, fanden sich keine Spuren einer Gehirnverletzung.
Alle Verletzungen waren Debbie Carter zugefügt worden, als sie noch gelebt hatte. An Handgelenken und Fußknöcheln fanden sich keine Anzeichen dafür, dass sie gefesselt worden war. Eine Reihe kleiner Prellungen an den Unterarmen ging vermutlich darauf zurück, dass sie sich verteidigt hatte. Zum Zeitpunkt ihres Todes hatte sie mit 0,04 Promille nur sehr wenig Alkohol im Blut gehabt. Dr. Jordan nahm aus der Mundhöhle, der Vagina und dem Anus Abstriche. Deren Analyse unter dem Mikroskop ergab später, dass sich in der Vagina und im Anus Spermaspuren fanden, nicht aber im Mund.
Um Beweise zu sichern, schnitt Dr. Jordan ihr die Fingernägel und kratzte Proben des Ketchups und des Nagellacks ab. Dann kämmte er ein paar lose Schamhaare aus und schnitt eine Strähne von ihrem Kopfhaar ab.
Als Todesursache diagnostizierte er Ersticken, ausgelöst durch den in ihren Mund gestopften Waschlappen und die Strangulation mit dem Gürtel oder Kabel. Nachdem Dr. Jordan die Autopsie beendet hatte, fotografierte Jerry Peters die Leiche und nahm anschließend alle Fingerabdrücke sowie Abdrücke der Hände. Der Schock hatte Peggy Stillwell bis zur Entscheidungsunfähigkeit paralysiert. Da sie nicht vorhatte, an der Beerdigung teilzunehmen, war ihr deren Organisation und Gestaltung gleichgültig. Sie konnte weder essen noch sich waschen, und sie konnte vor allem nicht begreifen, dass ihre Tochter tot war. Peggys Schwester Glenna Lucas war ständig bei ihr und nahm sich der Formalitäten an. Gottesdienst und Beerdigung wurden geplant, und die Familie brachte Peggy schonend bei, dass mit ihrer Teilnahme gerechnet werde.
Am Samstag, dem 11. Dezember, fand in der Kapelle des Bestattungsinstituts Criswell ein Trauergottesdienst statt. Glenna badete ihre Schwester, zog sie an und fuhr sie zu der Kapelle, wo sie während der schweren Prüfung die ganze Zeit über ihre Hand hielt. Im ländlichen Oklahoma finden Trauergottesdienste bei geöffnetem Sarg statt, der direkt unterhalb der Kanzel positioniert ist, damit alle den Verstorbenen sehen können. Woher dieser Brauch kommt, ist unklar, aber er macht den Abschied für die Trauernden umso schmerzlicher.
Niemand der Anwesenden konnte übersehen, dass Debbie misshandelt worden war. Ihr Gesicht war übel zugerichtet und geschwollen, doch die hochgeschlossene Spitzenbluse verbarg die Würgemale an ihrem Hals. Sie trug ihre Lieblingsstiefel, die Jeans mit dem Cowboygürtel mit der großen Schnalle und einen Ring mit einem diamantbesetzten
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