Der Gefangene
sie sich setzte, hatte die Anklage mit keinem Wort erklärt, warum und wie Dennis Fritz zum Verdächtigen geworden war. Er hatte nie eine Beziehung zu dem Opfer gehabt. Niemand hatte ihn zum Zeitpunkt des Mordes in Debbies näherer oder weiterer Umgebung gesehen, obwohl Smith aussagte, dass Fritz »in der Nähe« von Debbies Wohnung lebe. Ein Motiv wurde nicht erwähnt. Mit dem Mord in Verbindung gebracht wurde Dennis schließlich durch die Aussage des nächsten Zeugen, Gary Rogers, der sagte: »Im Rahmen der Ermittlungen zu Ron Williamson kam der Name des Anklagten Dennis Fritz ins Spiel, da dieser mit Ron Williamson befreundet war.«
Rogers erklärte den Geschworenen, wie er und Dennis Smith messerscharf gefolgert hätten, dass ein solches Verbrechen nur von zwei Mördern begangen worden sein konnte. Für einen allein schien es zu brutal zu sein, außerdem hätte(n) der oder die Mörder einen Hinweis hinterlassen, als sie mit Ketchup an die Wand geschrieben hatten: »Sucht nich nach uns, sonst pasiert was.« Das Wort »uns« ließ auf mehr als einen Täter schließen, und Smith und Rogers hatten sich auch sofort auf diese Vermutung gestürzt.
Durch gute Polizeiarbeit hatten die beiden Detectives schließlich herausgefunden, dass Williamson und Fritz Freunde waren. Und ihrer Theorie nach war das die Verbindung zwischen den beiden Mördern.
Greg Saunders hatte Dennis geraten, die Geschworenen einfach zu ignorieren, aber seine Blicke gingen immer wieder zur Jury. Diese zwölf Menschen hatten sein Schicksal, vielleicht auch sein Leben in der Hand, und Dennis konnte es einfach nicht lassen, gelegentlich in ihre Richtung zu sehen. Cecil Smith saß in der ersten Reihe, und immer, wenn Dennis zu den Geschworenen sah, starrte Smith ihn böse an. Was hat er für ein Problem?, dachte Dennis. Er sollte es sehr bald herausfinden. In einer Prozesspause betrat Greg Saunders das Gerichtsgebäude, als er von einem altgedienten Anwalt, der schon seit ewigen Zeiten in Ada lebte, gefragt wurde: »Wer war eigentlich der Idiot, der Cecil Smith in der Jury gelassen hat?«
»Schätze, das war ich. Wer ist Cecil Smith eigentlich?«
»Er war früher Polizeichef von Ada, das ist alles.«
Saunders war wie vom Donner gerührt. Er marschierte schnurstracks in das Büro von Richter Jones und verlangte von ihm den Freispruch aus Verfahrensgründen, mit der Begründung, der Geschworene habe bei der Auswahl der Jury nicht ausführlich genug geantwortet und sei voreingenommen, da er ganz offensichtlich mit der Polizei und der Anklage sympathisiere.
Der Antrag wurde abgelehnt.
Dr. Fred Jordan sagte über seine Autopsie aus, und die Geschworenen bekamen grausige Details zu hören. Fotos der Leiche wurden als Beweismittel vorgelegt und an die Geschworenen weitergegeben, bei denen sie Schock und Entrüstung auslösten, was bei Mordprozessen die Regel ist. Mehrere Geschworene starrten Dennis Fritz angewidert an.
Während die seriöse, unanfechtbare Aussage von Dr. Jordan in der Luft hing, beschloss die Anklage, schnell noch ein paar ihrer improvisierten Zeugen dazwischenzuschieben. Ein Mann namens Gary Allen wurde vereidigt und betrat den Zeugenstand. Alens Bedeutung für den Fall war sehr weit hergeholt. Er sagte den Geschworenen, dass er in der Nachbarschaft von Dennis Fritz lebe und eines Nachts Anfang Dezember 1982, um etwa halb vier Uhr morgens, zwei Männer gehört habe, die vor seiner Wohnung einen Heidenlärm gemacht hätten. Das genaue Datum konnte er nicht sagen, aber aus irgendeinem Grund wusste er, dass es vor dem 10. Dezember gewesen war. Die beiden Männer, von denen er keinen so gut habe sehen können, dass es für eine Identifizierung gereicht hätte, hätten im Hof gestanden, gelacht, geflucht und sich gegenseitig mit einem Gartenschlauch abgespritzt. Es sei kalt gewesen, und die Männer hätten ihre Hemden ausgezogen. Alen kannte Dennis Fritz schon eine ganze Weile und glaubte, seine Stimme erkannt zu haben. Aber er war sich nicht sicher. Er habe sich den Lärm etwa zehn Minuten lang angehört und sei dann wieder ins Bett gegangen. Als Allen mit seiner Aussage fertig war, gab es einige irritierte Blicke im Gerichtssaal. Was hatte man mit seiner Aussage bezwecken wollen? Der nächste Zeuge, Tony Vick, steigerte die Verwirrung noch.
Vick lebte in einer kleinen Wohnung unter der von Gary Allen, und er kannte Dennis Fritz. Ron Williamson kannte er auch. Er sagte aus, dass er Ron auf der Veranda von Dennis' Haus gesehen habe und
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