Der Gefangene
absolut sicher sei, dass die beiden im Sommer 1982 gemeinsam nach Texas gefahren seien.
Was brauchten die Geschworenen noch?
Die erdrückende Beweislast wuchs, als Donna Walker ihre Aussage machte. Die Angestellte eines kleinen Supermarkts identifizierte Dennis im Gerichtssaal und sagte aus, sie habe den Angeklagten früher recht gut gekannt. 1982 sei Dennis häufig im Supermarkt einkaufen gewesen, außerdem habe er sich morgens regelmäßig einen Kaffee bei ihr geholt und bei dieser Gelegenheit immer ein Schwätzchen mit ihr gehalten. Auch Ron sei Kunde in dem Supermarkt gewesen, und sie sei sich ganz sicher, dass er und Dennis Freunde seien. Nach dem Mord hätten die beiden plötzlich aufgehört, bei ihr Kaffee zu trinken. Sie seien einfach weggeblieben. Nach ein paar Wochen seien sie wiedergekommen, als wäre nichts passiert. Aber sie seien anders gewesen. Wie anders?
»Ihre Art, ihre Kleidung. Vorher waren sie immer gut angezogen und frisch rasiert gewesen, aber dann haben sie sich völlig gehen lassen. Ihre Kleidung war ganz verdreckt, sie waren unrasiert, die Haare eine Katastrophe. Die beiden hatten sich völlig verändert. Sie haben einen nervösen, paranoiden Eindruck gemacht.«
Als Greg Saunders sie im Kreuzverhör danach fragte, konnte Walker nicht erklären, warum sie fünf Jahre gewartet hatte, bevor sie der Polizei diese entscheidende Information mitteilte. Daraufhin gab Walker zu, dass die Cops sie im August vergangenen Jahres angesprochen hatten, nach der Verhaftung von Dennis und Ron. Die Karawane der Zeugen wurde von Letha Caldwell fortgesetzt, einer geschiedenen Frau, die mit Ron zusammen auf der Junior High School in Byng gewesen war. Sie erzählte der Jury, dass Dennis Fritz und Ron Williamson häufig zu unregelmäßigen Zeiten bei ihr zu Gast gewesen seien - auch spätabends - und immer viel getrunken hätten. Irgendwann habe sie dann Angst vor ihnen bekommen und sie gebeten, nicht mehr zu kommen. Als sie sich geweigert hätten, habe sie eine Waffe gekauft und sie ihnen gezeigt, woraufhin die beiden begriffen hätten, dass sie es ernst meinte.
Ihre Aussage hatte nichts mit dem Mord an Debbie Carter zu tun, und in vielen Gerichtssälen hätte man Einspruch erhoben und sie als völlig irrelevant für den Sachverhalt abgetan.
Als Rusty Featherstone vom OSBI aussagte, wurde endlich Einspruch erhoben. Peterson, der recht unbeholfen zu beweisen versuchte, dass Ron und Dennis vier Monate vor dem Mord in Norman auf Zechtour gewesen waren, rief Featherstone in den Zeugenstand. Featherstone hatte 1983 die beiden Lügendetektortests bei Dennis durchgeführt, deren Ergebnisse aus zahlreichen gewichtigen Gründen nicht vor Gericht verwertbar waren. Während der Tests hatte Dennis von einem Abend in Norman erzählt, bei dem Kneipen und Alkohol im Spiel gewesen waren. Als Peterson versuchte, Featherstone diese Geschichte im Zeugenstand zu entlocken, erhob Greg Saunders lautstark Einspruch. Richter Jones gab dem Einspruch statt mit der Begründung, der Sachverhalt sei irrelevant.
Während des Geplänkels bei einer Unterredung an der Richterbank sagte Peterson: »Er (Featherstone) beweist mit seiner Aussage, dass sowohl Ron Williamson als auch Dennis Fritz im August 1982 miteinander Umgang gehabt haben.«
»Können Sie mir sagen, inwiefern diese Aussage für den Fall relevant ist?«, verlangte Richter Jones zu wissen.
Das konnte Peterson nicht, und Featherstone verließ fluchtartig den Gerichtssaal. Wieder war ein Zeuge aufgerufen worden, der nichts über den Mord an Debbie Carter wusste.
Die Aussage des nächsten Zeugen war genauso unergiebig, aber wenigstens einigermaßen interessant. William Martin war Direktor der Junior High School in Noble, an der Dennis 1982 unterrichtet hatte. Martin sagte aus, dass Dennis sich am Morgen des 8. Dezember - eines Mittwochs -krankgemeldet habe und seine Stunden deshalb von einem Ersatzlehrer gehalten worden seien. Den Anwesenheitslisten zufolge, die Martin mit ins Gericht gebracht hatte, hatte Dennis während des neun Monate dauernden Schuljahres an insgesamt sieben Tagen gefehlt.
Nach zwölf Zeugen hatte die Anklage immer noch nichts gegen Dennis Fritz in der Hand. Die Staatsanwaltschaft hatte ohne jeden Zweifel bewiesen, dass er Alkohol konsumierte, mit zwielichtigen Charakteren (Ron Williamson) Umgang pflegte, mit seiner Mutter und Tochter zusammen in einer Wohnung im gleichen Stadtviertel wie Debbie Carter lebte und am Tag nach dem Mord nicht zum Unterricht
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