Der Gefangene
die beste - und die einzige - Zeugin, die Peterson für die Bestimmung des Strafmaßes auftreiben konnte.
Während seines leidenschaftlichen Appells für die Todesstrafe sah Peterson Dennis an, zeigte mit dem Finger auf ihn und sagte: »Dennis Fritz, für das, was Sie und Ron Williamson Debra Sue Carter angetan haben, verdienen Sie den Tod.«
Daraufhin wurde er von Dennis unterbrochen, der zu den Geschworenen gewandt sagte: »Ich habe Debbie Carter nicht getötet.«
Zwei Stunden später kamen die Geschworenen mit ihrer Entscheidung zurück - lebenslange Haft. Nachdem der Urteilsspruch verlesen war, stand Dennis auf, wandte sich an die Jury und sagte: »Meine Damen und Herren Geschworenen, ich möchte nur sagen ...«
»Was soll das?«, sagte Richter Jones.
»Dennis, das dürfen Sie nicht«, sagte Greg Saunders.
Doch Dennis ließ sich nicht beirren. Er fuhr fort: »Der Herr im Himmel weiß, dass ich es nicht getan habe. Ich möchte Ihnen nur sagen, dass ich Ihnen vergebe. Ich werde für Sie beten.«
Als er wieder im trüben Halbdunkel seiner stickigen, kleinen Zelle saß, fand er nicht den geringsten Trost darin, dass er der Todesstrafe entgangen war. Er war achtunddreißig Jahre alt, unschuldig und ohne jeden Hang zu Gewalttätigkeit, und die Aussicht, den Rest seines Lebens im Gefängnis verbringen zu müssen, schnürte ihm die Kehle zu.
9. Kapitel
Annette Hudson hatte den Prozess von Fritz aufmerksam verfolgt, indem sie die Artikel darüber gelesen hatte, die jeden Tag in der Ada Eveninjj News erschienen waren. Am Dienstag, dem 12. April, trug die Titelseite die Schlagzeile: »Fritz des Mordes an Carter schuldig gesprochen.«
Wie immer wurde auch ihr Bruder erwähnt. »Der Prozess gegen Ron Williamson, der im Mordfall Carter ebenfalls des Mordes angeklagt ist, wird am 21. April in Ada stattfinden.« Genau genommen nannten alle sechs Artikel, in denen es um den Prozess gegen Fritz ging, auch Rons Namen und das Datum seines Prozesses.
Wie sollte man unter diesen Umständen eine unparteiische Jury finden?, fragte sich Annette immer wieder. Wenn ein Mitangeklagter schuldig gesprochen wurde, wie konnte dann der andere in derselben Stadt einen fairen Prozess erwarten? Sie kaufte Ron einen neuen grauen Anzug, eine marineblaue Hose, zwei weiße Hemden, zwei Krawatten und ein Paar neue Schuhe.
Am 20. April, einen Tag vor Beginn seines Prozesses, wurde Ron zu einem Gespräch mit Richter Jones ins Gerichtsgebäude hinübergebracht. Der Richter war besorgt darüber, dass der Angeklagte die Verhandlung stören könnte, eine Befürchtung, die angesichts der Vorfälle der letzten Zeit durchaus berechtigt war. Als Ron vor der Richterbank stand, sagte der Richter: »Ich möchte wissen, woran ich bin, wenn Sie morgen an der Verhandlung teilnehmen, und mich vergewissern, dass es keine Störungen gibt. Verstehen Sie, dass ich etwas beunruhigt bin?«
Ron: »Solange niemand zu mir sagt, dass ich jemand getötet habe.«
Richter Jones: »Aber Ihnen ist doch klar, dass man genau das tun wird?« Ron: »Ja, das ist mir klar, aber es ist nicht recht.«
Richter Jones war bekannt, dass Ron früher einmal Profisportler gewesen war, daher verwendete er einen Vergleich aus dem Sport: »Bei einer Verhandlung geht es ungefähr so zu wie bei einem Spiel. Jede Seite bekommt die Gelegenheit für einen Angriff, sie hat aber auch Gelegenheit, sich zu verteidigen, und Sie können keinen Anstoß daran nehmen, dass man das beiden Seiten zugesteht. Das gehört einfach dazu.« Ron: »Ja, schon, aber ich bin der Ball, der getreten wird.«
Für die Anklage war der Prozess gegen Fritz nur das Aufwärmen für das Hauptereignis gewesen. Man wollte fast dieselben Zeugen verwenden, und das auch noch in fast derselben Reihenfolge. Doch im nächsten Prozess hatte die Staatsanwaltschaft zwei weitere Vorteile. Erstens war der Angeklagte seelisch labil und neigte dazu, Tische umzustoßen und vulgäre Ausdrücke von sich zu geben, ein Verhalten, das die meisten Leute - einschließlich Geschworene - missbilligten. Er konnte anderen eine Heidenangst einjagen. Zweitens war sein Anwalt blind und ohne jede Unterstützung. Baber, der vom Gericht benannte Anwalt, war im März von dem Fall entbunden worden und nicht durch einen anderen Rechtsbeistand ersetzt worden. Barney war zwar schnell von Begriff und ein Ass im Kreuzverhör, aber Fingerabdrücke, Fotos und Haaranalysen konnte er nicht beurteilen.
Der Anklage konnte der Prozess gar nicht schnell genug beginnen.
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