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Der gefrorene Rabbi

Der gefrorene Rabbi

Titel: Der gefrorene Rabbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Stern
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deutlich anzumerken), die, wie er von Miss Ribalow erfahren hatte, noch nicht zurückgegeben worden waren.
    »Er hat mir zu verstehen geben, dass ich immer mit ihm reden kann - Julius hat er mich genannt, dieser Rabbi Sowieso, der keine Ahnung von mir hat. Dann fragt er mich, ob ich es für richtig halte, dass ich einen Jungen schicke, um solche Bücher abzuholen. Mein Sohn, möchtest du mir was sagen?«
    Natürlich gab es auch andere Hinweise darauf, dass im Hause Karp nicht mehr alles so wie früher war. Zum einen räumte Bernie nach wie vor am Abend seinen Teller leer und wollte mehr, doch er hatte eindeutig abgenommen, und sein amorpher Körper zeigte allmählich eine erkennbar menschliche Form. Außerdem hatten seine Pickel den Rückzug von Stirn und Wangen angetreten wie eine geschlagene Armee und hinterließen ein narbiges Gesicht, das rudimentäre Spuren von Charakter verriet. Aber Julius Karp und seine Frau waren anderweitig beschäftigt und hatten nie besonders auf Veränderungen in der Physiognomie ihres Sohnes geachtet. Allerdings war Mr. Karp aufgefallen, dass bestimmte Bestandteile seiner Garderobe - ein Bademantel, ein Hemd, ein Hahnentrittjackett, eine Dacronhose - verschwunden waren. Dies führte er auf die mutmaßliche Kleptomanie der neu eingestellten Schwarzen zurück, und daher hatte er seine Frau (die ihn ignorierte) auch aufgefordert, das Dienstmädchen Cleopatra zur Rede zu stellen.
    »Also, junger Mann.« Mr. Karp fühlte sich nicht recht wohl in der Rolle des Vernehmungsbeamten. »Ich bin ganz Ohr.« Er wackelte mit selbigem, um die Stimmung aufzulockern. »Was ist das für eine Geschichte?«
    Bernie versicherte ihm, dass es keine Geschichte gab, und schützte murmelnd etwas über Recherchen zu einer Sozialkundefacharbeit über Juden vor.
    »Juden?« Mr. Karp verzog das Gesicht, als hätte er gerade ein exotisches Gericht gekostet. Bernies Schule, wo der Unterricht wieder angefangen hatte, wurde weitgehend von Baptisten aus dem Süden beherrscht, die schon den Begriff »Juden« vermieden, ganz zu schweigen von Facharbeiten über ihre Gebräuche und Sitten. »Ist das nicht ein furchtbar weites Feld?«
    »Jawohl.« Eigentlich war Bernies Antwort ziemlich verräterisch, denn soweit er sich erinnern konnte, hatte er seinen Vater noch nie mit dieser Gehorsamsfloskel angesprochen. »Ich muss ja nur die Hauptattraktionen nennen.« Das Loch, das er sich selbst buddelte, wurde immer tiefer. Um irgendwie wieder herauszuklettern, fing er an, Höhepunkte der judäischen Tradition sowohl nach normativen als auch nach antinomischen Gesichtspunkten zu zitieren, und ging dabei besonders auf die Wirkung verschiedener Heiliger und religiöser Genies ein. Mitten in einem Diskurs, der auszuufern drohte, wurde ihm klar, dass seine Eltern ob seiner unnatürlichen Gelehrsamkeit mit offenem Mund dasaßen, und er verstummte. Immer noch hing Mr. und Mrs. Karp einvernehmlich der Kiefer herunter, nur ihr Starren verlagerte sich nun von Bernie auf die mittlere Distanz hinter seiner Schulter. Bernie drehte sich auf seinem Stuhl, um ihrem Blick zu folgen. Dieser ruhte auf Rabbi Elieser ben Zephir höchstpersönlich, der in voller Größe unter dem Rundbogen des Speisezimmers stand. Er trug einen Filzhut, ein mehrere Nummern zu großes Hahnentrittjackett und ein burgunderfarbenes Hemd mit einer Papageienkrawatte, die mit einem gordischen Windsorknoten um seine (unter dem ungleichmäßig gestutzten Bart sichtbare) lapprige Kehle geschlungen war.
    »Glaube ich«, verkündete der Alte mit wässrigem Blick über beutelartigen Tränensäcken, »will ich jetzt alejn sehen doß Goldene Land.«
    Schwankend zwischen Entsetzen und Fassungslosigkeit wandte sich Mr. Karp wieder seinem Sohn zu. »Du hast die ganze Zeit gewusst, dass er noch da ist?«
    »Mm-hmm.« Bernie war erstaunt, dass er nicht die geringste Zerknirschung empfand. »Darf ich ihn behalten?«
    Sein Vater explodierte. »Er ist doch kein Haustier!«
    Mrs. Karp, die sich nur selten in Erziehungsfragen einmischte, sah sich ausnahmsweise veranlasst, ihrem Mann einen Rat zu geben. »Die Verantwortung wird dem Jungen vielleicht guttun.«
    »Wer hat denn dich gefragt!«
    »Aber, aber!«
    In der Hoffnung auf Unterstützung drehte sich Bernie zum Rabbi um, aber der Alte war verschwunden. Erst nach drei Tagen tauchte er wieder auf. In seinem Nachtrag zu den Annalen des Boibiczer Wunders, die Grandpa Ruby in seinem Kontenbuch aufgezeichnet hatte, bezeichnete Bernie Eliesers

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