Der Gefundene Junge
aneinander.
»Nein, Sir«, antwortete Hap. »Wie heiÃt es denn?«
»Es ist ein Satz aus einer Sinfonie mit dem Namen âºAus der Neuen Weltâ¹. Sie stammt von einem hervorragenden Komponisten namens Dvo Šák. Spiel noch was von den anderen Sachen, die ich dir gegeben habe, Oates. Und, Hap? Sag mir Bescheid, wenn du irgendetwas hörst, was du kennst.«
Hap nickte. Oates zuckte die Achseln und begann mit einem neuen Stück.
Während Hap zuhörte, schaute er unwillkürlich auf das Wasser hinunter und hielt nach dem Schiff des Widerlings Ausschau.
»Es ist nicht da, Hap«, sagte Umber. Er hatte ein Talent dafür, Haps Gedanken zu erraten. »Die Gardisten haben gesagt, er sei zu seinem Schiff geschwommen, das dann eilig abgelegt habe. Er musste sich nicht mal die Mühe machen, die Segel zu setzen, das Seepferd hat das Schiff offenbar ins Schlepptau genommen. Sie sagen, nicht einmal die Swift hätte ihn einholen können. Er war schwer verwundet, wie du weiÃt. Vielleicht haben wir ihn füralle Zeiten vergrault oder er verkriecht sich irgendwo, um zu sterben.«
Das bezweifelte Hap. Aber er entspannte sich ein wenig und versuchte, die Schönheit der Stadt zu genieÃen, die sich unter ihm erstreckte. Sein Blick wanderte zu der alten Burg, die Sophie Petraportus genannt hatte.
Am Fuà des einst majestätischen Gebäudes erblickte Hap eine Art Damm aus aufeinandergeworfenen Steinen, der sich über die Lücke zwischen der Ruine und Aerie erstreckte. Als er genauer hinsah, erkannte er, um was es sich dabei tatsächlich handelte: Einer der Türme war ins Wasser gestürzt und bildete dort eine zufällig entstandene Brücke. Es sah so aus, als könnte man sie über eine schmale Treppe erreichen, die seitlich in Aerie hineingehauen war.
Die groÃe Kuppel der alten Burg war halb eingestürzt. Hap sah einen alten Mann und eine Frau am Fuà der eingebrochenen Mauern stehen. Der Wind wehte dem alten Mann den Bart über die Schulter, während er in der Bucht ein schweres Netz auswarf. Der Fischer und seine Frau , erinnerte sich Hap. Die Einzigen, die so verrückt sind, in einer Burgruine zu wohnen .
»Lord Umber, was ist mit dieser Burg passiert?«, fragte er und zeigte darauf.
»Petraportus! Wo soll ich da anfangen?«, sagte Umber. »Vor mehreren Hundert Jahren stand eine andere Stadt an dieser Bucht, die genauso groà war wie Kurahaven heute. Die Macht dieses Königreichs wuchs immer mehr an, und mit ihr der Ehrgeiz der Könige. Sie waren ursprünglich Händler, aber mit einem Mal beschlossen sie, ihre Ziele mit Gewalt besser erreichen zu können. Ihre Erkundungsschiffe wurden zu Kriegsschiffen, und sie segelten hinaus, um groÃe, weit entfernte Länder zu erobern und Reichtümer zu erbeuten. SchlieÃlich bauten sie Petraportus, ein Wunder seiner Zeit, das unmittelbar der See zu entwachsen schien. Das Meerwasser floss sogar durch einen Torbogen bis in die Burg hinein und die Ãffnung war so breit, dass die Schiffe direkt hineinfahren konnten. Stell dir diese Pracht vor! Und rund um die Burg erhoben sich vier riesige Türme, einer in jeder Himmelsrichtung. Nur der Westturm ist noch davon übrig.«
Eine warme Brise kam auf, die nach dem Salz des Rulischen Meers roch. Umber hielt inne, neigte seinen Kopf zur Seite und sog den Duft ein.
»Was ist denn mit Petraportus passiert?«, fragte Hap.
»Die Burg wurde zerschlagen«, erwiderte Umber. »Es gab eine Invasion von Seeriesen â gigantischen Wesen, die der Legende nach aus ihrem Schlaf in einer versteckten Höhle erwachten und aus den Tiefen des Meeres aufstiegen. Sie fielen über die Stadt her und taten das, was Seeriesen nun mal tun: Sie fraÃen die Menschen und stahlen die Schätze. Dort, wo heute Kurahaven steht, wurden fast alle Gebäude dem Erdboden gleichgemacht, und die Menschen, die nicht flohen, wurden in ein Abendessen verwandelt. AuÃer Brinn, dem Bockigen. Er saà in jenen Tagen auf dem Thron von Petraportus. Die Geschichtsschreiber bezeichnen ihn als starrköpfigen Mann. Wahrscheinlich hätte er auf sein schnellstes Schiff springen und davonsegeln oder auf Aerie Zuflucht suchen sollen. Doch er dachte, Petraportus sei wehrhaft genug, um ihm und seinem Hof Sicherheit zubieten. Traurigerweise war das jedoch nicht der Fall. Brinns Armee konnte die Monster nicht abwehren. Die Seeriesen zerrten so lange
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