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Der geheime Auftrag des Jona von Judaea

Titel: Der geheime Auftrag des Jona von Judaea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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brach Jona schließlich den Bann, und die Worte klangen entsetzlich hohl in seinen Ohren, als er an das Blutbad dachte, das sich im Wadi Ajin ereignet hatte. Immerhin musste sie ihn für einen der blutrünstigen Zeloten halten, die damals die Legionäre überfallen und niedergemetzelt hatten.
    Sie rang sichtlich um Fassung. »Ja«, sagte sie schließlich.
    »Es war schrecklich, was damals passiert ist, und ich schäme mich dafür«, platzte es aus ihm heraus, hatte er doch plötzlich das drängende Verlangen, ihr zu erklären, wie es sich wirklich abgespielt und wie es ihn mit Timon zu den Zeloten verschlagen hatte. Aber wie machte man das, wenn man spürte, dass sein Gegenüber gar kein weiteres Wort von ihm hören und am liebsten auf der Stelle davonlaufen wollte?
    »Du und deine... Kameraden, ihr habt eben getan, was ihr glaubtet, tun zu müssen«, antwortete sie kühl.
    »Sie waren nicht meine Kameraden«, erwiderte Jona hastig. »Ich war gezwungen, mit ihnen zu ziehen. Und ich verabscheue Blutvergießen. Aber nach dem, was geschehen ist, klingt das für dich vermutlich sehr unglaubwürdig.«
    »Du bist mir keine Rechenschaft schuldig«, sagte sie, und ihre Stimme klang um eine Spur freundlicher. »Und wer bin ich, dass ich über dich und dein Handeln urteilen dürfte. Du hast mir und Flavius das Leben gerettet...«
    Zum ersten Mal hörte Jona den Namen des Soldaten, der dem Gemetzel entkommen war und dem er zusammen mit ihr zur Flucht verholfen hatte.
    »... und dafür bin ich dir Dank schuldig.«
    »Du hast mir schon gedankt, im Wadi«, wehrte Jona verlegen ab.
    Sie schüttelte nun so energisch den Kopf, dass sich einige ihrer sanft gelockten Haarsträhnen unter ihrem Kopfband lösten. »Nein, damals hätte ich in meiner Todesangst alles gesagt und alles getan, nur um mein Leben zu retten. Das war kein richtiger Dank... Fremder.«
    »Jona«, sagte er schnell. »Ich heiße Jona ben Joram. So viel sollst du doch von mir wissen, auch wenn du mich für einen Schlächter hältst, der ich nicht bin. An meinen Händen klebt kein Blut.«
    Der Anflug eines Lächeln zeigte sich in ihren Zügen. »Du heißt also Jona. Ich habe mich oft gefragt, wie der Mann wohl heißt, dem wir unser Leben zu verdanken haben. Es ist gut, dass ich es jetzt weiß.« Sie nickte bekräftigend. »Also, Jona ben Joram, ich danke dir für das, was du für uns getan hast... nicht nur im Wadi, sondern auch am nächsten Tag. Denn wenn deine Kameraden...« Sie hielt kurz inne, um sich zu verbessern. »... denn wenn die Männer die Verwundung bemerkt und Flavius Silvanus als verkleideten Soldaten entlarvt hätten, hätten sie auch mich gewiss nicht am Leben gelassen. Du hast uns zweimal das Leben gerettet. Ich werde immer in deiner Schuld stehen.«
    »Aber da du gleich weglaufen wirst, werde ich wohl nie die Gelegenheit haben, diese Schuld einzufordern, nicht wahr?«, fragte Jona leicht spöttisch.
    Sie errötete, als hätte er ihre Gedanken erraten. »Ich habe nicht vor, wegzulaufen.«
    Jona wollte nicht, dass sie von ihm ging, ohne davon überzeugt zu sein, dass er die Wahrheit sagte. Es war ihm wichtig, obwohl er nicht hätte sagen können, weshalb. Und er nahm nun all seinen Mut zusammen. »Wenn du deine Schuld bei mir abtragen möchtest, kannst du es sogleich tun.«
    Beunruhigt sah sie ihn an. »Womit?«
    »Indem du mir die Bitte erfüllst, nicht gleich wegzulaufen, was du ganz sicher vorhast, sondern mit mir noch eine Weile redest«, bat er. »Es muss ja nicht hier mitten auf dem Platz mit all den vielen Menschen um uns herum sein.«
    Unschlüssig ruhte ihr Blick auf ihm.
    »Nur für ein paar Minuten! Wir können uns ja irgendwo draußen auf die Treppen setzen, wo wir ungestört sind. Ist das zu viel erbeten?«
    Sie seufzte, wusste sie doch, dass sie ihm seine Bitte nicht abschlagen konnte. Sie mochte von ihm halten, was sie wollte, aber das war sie ihm mindestens schuldig. »Also gut, wenn es dein Wunsch ist. Gehen wir hinaus auf die Treppe.«
    Schweigend gingen sie nebeneinanderher, begaben sich auf die Treppenanlage und setzten sich an einer Ecke der Außenkante auf die Stufen, wo sie weit genug vom herauf- und hinuntersteigenden Strom der Pilger entfernt waren.
    »Und worüber sollen wir reden?«, fragte sie nun skeptisch.
    »Ich möchte, dass du weißt, wie es dazu gekommen ist, dass wir uns im Wadi Ajin begegnet sind.«
    »Und warum ist dir das so wichtig?«
    Er zuckte die Achseln. »So genau weiß ich es auch nicht. Vielleicht weil ich

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