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Der geheime Auftrag des Jona von Judaea

Titel: Der geheime Auftrag des Jona von Judaea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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Eindruck gewöhnen müssen, der ihn bei jedem Blick hinauf mit Staunen erfüllte. Doch an diesem Morgen hatte er beschlossen, sich unter die vielen anderen Pilger zu mischen, die über die riesige Treppe zum größten Heiligtum der Juden aufstiegen.
    Zuerst begab er sich in eines der zahllosen Bäder, um die vorgeschriebenen rituellen Waschungen vorzunehmen, bevor er es wagen konnte, den Tempel zu betreten. Es war jedoch noch immer recht früh am Morgen, als er schließlich inmitten einer schon beachtlichen Menge die breiten Stufen eines der beiden Aufgänge erklomm, die im Südosten von der Unterstadt zum Doppeltor der Tempelanlange hochführten. Tempeldiener bewachten die Zugänge und achteten darauf, dass die Pilger sich im Zustand der rituellen Reinheit befanden, bevor sie die Wallfahrer passieren ließen.
    Jona schritt durch eines der beiden Tore und gelangte wenig später im Strom der Menge in den großen Vorhof der Heiden, den auch Nichtjuden betreten durften. Staunend blieb er stehen, sah er sich doch auf allen Seiten von prächtigen zweischiffigen Säulenhallen umgeben, die aus Marmor von reinstem Weiß bestanden und deren Decken mit Zedernholz getäfelt waren. Die Säulenhallen umgrenzten den äußeren Bezirk, den Vorhof der Heiden, dessen Fußboden mit farbigen Mosaiken ausgelegt war. In den Hallen unterrichteten Schriftgelehrte ihre Zuhörerschaft in der Tora, dem mosaischen Gesetz. Von dem eigentlichen Heiligtum im Zentrum des Platzes kamen Fanfarenstöße, der schallende Klang von Zimbeln und Chorgesang. Auch wehte von dort der strenge Geruch verbrannter Opfertiere über den Tempelbezirk.
    Was herrschte auf diesem weiten Platz für ein geschäftiges Treiben! Wie auf einem großen Marktplatz ging es hier zu. Ein Händler nach dem anderen hatte auf diesem Hof sowie in einigen der Säulenhallen seinen Verkaufsstand aufgestellt. Es gab so gut wie alles zu kaufen, von Arzneien über Getränke und feste Speisen bis hin zu Zuckerwerk, insbesondere jedoch Öle, Myrrhe, Weihrauch, Gebetsmäntel und -riemen, Tauben und andere makellose Tiere, die man als Opfergabe für den Altar erstehen konnte. Und an jeder Ecke traf man auf die Tische der Geldwechsler, denen kein Geldstück fremd war, selbst wenn es aus einem noch so fernen Winkel der Welt kam. Sie tauschten das Geld der Pilger in tyrische Schekel um, da nur diese Währung im Tempelbezirk als Zahlungsmittel zugelassen war, und sie machten dabei einen guten Profit, rechneten sie doch stets zu ihren Gunsten um.
    Jona erstand wie viele andere Pilger, die sich keine größere Opfergabe erlauben konnten, bei einem der Händler ein Paar Tauben und schritt dann auf ein gut drei Ellen hohes Steingitter zu, das die Grenze zum Innenhof bildete. Kleine Säulen, die in gleichen Abständen auf der Umfassung angebracht waren, trugen Tafeln mit griechischer und lateinischer Aufschrift.
    Jona brauchte des Griechischen und Lateinischen nicht mächtig zu sein, um zu wissen, welche Warnung sie verkündeten. Jeder, der nach Jerusalem kam und zum Tempel wollte, war mehr als einmal gewarnt worden und kannte den Text, der da hieß: Kein Heide darf die um das Heiligtum gezogene Schranke und Umfriedung überschreiten! Wer es dennoch tut und darin ergriffen wird, den erwartet dafür der Tod!
    Mit seinen an den Füßen gefesselten Tauben passierte Jona einen der Durchgänge in der Umfassung, durchquerte eine Säulenhalle und stand Augenblicke später im Hof der Frauen, in dem sich jedoch auch viele männliche Juden aufhielten. Doch Frauen war es verboten, weiter als bis zu diesem Vorhof des Heiligtums vorzudringen, da sie nach Meinung der Priesterschaft eine geringere Heiligkeit als männliche Juden besaßen.
    Jona folgte nun den Männern, die sich über fünfzehn halbkreisförmige Stufen und durch das prachtvolle Nikanor-Tor in den Vorhof der Männer begaben. Die beiden Türflügel reichten gut fünfzig Ellen in die Höhe, hatten eine Breite von zwanzig Ellen und waren mit Gold und Silber belegt.
    Die Musik und der Gesang der weiß gekleideten Leviten schwoll immer mehr an und wurde fast ohrenbetäubend. Vor den Pilgern lag, durch eine weitere Säulenhalle vom Vorhof der Männer getrennt, der Priesterhof mit dem Brandopferaltar und dem Ehernen Meer, einem riesigen Feuerbecken, das von Leviten auf kleinen Klappleitern immer neu genährt wurde und von dem eine mächtige Weihrauchwolke aufstieg. Hinter dem Hof der Priester erhob sich das in unübertrefflicher Pracht geschmückte

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