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Der geheime Auftrag des Jona von Judaea

Titel: Der geheime Auftrag des Jona von Judaea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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Bußprediger aus der Wüste, der auf der anderen Seite des Jordan lehrte und die Menschen zur Umkehr und Buße aufrief.
    »Er ist der Sohn des Zacharias, der zur Priesterklasse der Abija gehört, und kommt aus einem Dorf namens En-Kerem westlich von Jerusalem. Man nennt diesen Prediger Johannes den Täufer. Er ist ein Asket aus der Wüste, der kein Brot isst und keinen Wein trinkt, nur von Heuschrecken und wildem Honig lebt und die prophetische Gabe besitzen soll«, berichtete ihnen ein kleiner, gedrungener Mann, der unter einem nervösen Zucken seiner Augenlider litt und der auf der Kante seines einachsigen Karrens saß. Im Geschirr des flachen Gefährts, dessen Ladefläche ohne jede Umrandung war, stand ein zotteliges, aber kräftiges Maultier.
    »Warum nennt man ihn den Täufer?«, wollte Jona wissen.
    »Weil er die Leute, die ihre Sünden bekannt und Buße zu tun versprochen haben, einer rituellen Reinigung unterzieht, indem er sie in das Wasser des Jordan eintaucht«, erklärte der Mann bereitwillig. Er schien nur zu gern über diesen Bußprediger reden zu wollen. »Die Leute kommen in Scharen zu ihm, von Jerusalem, aus ganz Judäa, aus der Jordangegend - ja von überallher. Sogar einige Pharisäer und Sadduzäer wollen sich von ihm taufen lassen, wie man sich erzählt. Er spricht in großartigen prophetischen Worten, wie es heißt, und soll das Kommen des Messias voraussagen! Zurzeit predigt er drüben auf der Ostseite des Jordan, ein Stück südlich vom Wadi Kharrar in der Nähe einer Siedlung namens Bethanien.«
    Nun war auch Timons Neugierde geweckt. Er fragte fast aufgeregt: »Und dieser Johannes der Täufer ist ein richtiger Prophet?«
    »Ja, das haben mir alle versichert, die ihn erlebt und von ihm im Jordan die Taufe erhalten haben. Seine Zunge soll wie Feuer über die Menschen niedergehen! Kein Blatt nimmt er vor den Mund, heißt es. Er scheut sich nicht einmal, offen gegen den mächtigen Herodes Antipas zu wettern, ihn wegen seiner Prunk- und Verschwendungssucht anzuprangern und ihn sogar der Unzucht und Gesetzlosigkeit zu bezichtigen, weil er doch seine erste Ehefrau, die Tochter des Nabatäerkönigs Aretas, verstoßen, sich gegen seinen Halbbruder vergangen und sich dessen Frau, seine Schwägerin Herodias, in sein Bett und auf seinen Thron geholt hat. Aber warum überzeugt ihr euch nicht selbst? Ich bin auf dem Weg zu ihm und nehme euch gern auf meinem Wagen mit!«, bot er ihnen an. »Baruch ist mein Name. Also, was haltet ihr davon, Johannes den Täufer mit eigenen Augen und Ohren zu erleben?«
    Jona und Timon brauchten nicht lange zu überlegen, ein rascher Blick des Einverständnisses genügte. Denn einem Propheten zu begegnen und ihn reden zu hören war zu allen Zeiten etwas Außerordentliches, das man sich nicht entgehen lassen durfte.
    »Also gut, auf zum Jordan, Baruch! Wie könnten wir ein so freundliches Angebot ablehnen«, sagte Timon. »In letzter Zeit sind wir wahrlich genug gelaufen, um die Fahrt auf einem Wagen richtig schätzen zu können.«
    »Ja, das wird eine herrliche Abwechslung sein. Und nach Galiläa und in die Gegend von Tiberias kommen wir noch schnell genug, Timon!«, stimmte Jona ihm begeistert zu. Im selben Moment fing er Timons warnenden Blick auf, aber da hatte er sich schon dazu hinreißen lassen, das Ziel ihrer Reise preiszugeben.
    Doch zu seiner großen Erleichterung schien Baruch gar nicht gehört zu haben, was Jona da soeben herausgerutscht war. Der Mann hatte bei Timons Zustimmung erfreut in die Hände geklatscht und war von der Kante des Karrens gerutscht, um sein Maultier loszubinden.
    Augenblicke später saßen sie zu dritt auf dem Karren und folgten im beständigen Trott des Maultiers dem sandigen Weg, der zum Fluss hinunterführte. Sie zogen durch raues, karges Gelände und gelangten nach einer Weile auf die breite obere Terrasse der Talsohle. Die Nähe des Wassers sorgte für eine allmählich zunehmende Vegetation. Dem Auge bot sich nicht länger nur sandige, steinige Einöde, sondern hier und da wuchsen lange Hecken dornigen Gestrüpps sowie vereinzelte Gruppen von Akazien und Tamarisken. Von hier fiel der ausgewaschene Mergelboden in geisterhaften Formen zum Flussbett hinunter. Die Einheimischen nannten dieses Gelände sehr treffend »Buckellandschaft«, wie ihnen ihr redefreudiger Fuhrmann mitteilte.
    Auf ihrem Weg zum Jordan begegneten ihnen zahlreiche andere Neugierige, die wie sie zu jener Furt südlich vom Wadi Kharrar unterwegs waren, wo Johannes der

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