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Der geheime Auftrag des Jona von Judaea

Titel: Der geheime Auftrag des Jona von Judaea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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Gelände am Ufer der Furt. Und dann sahen sie den Mann, dem der Ruf vorauseilte, ein Prophet aus der Wüste zu sein!

2
    Johannes der Täufer stand, gut hundert Ellen vom Ufer entfernt, auf einer kleinen Anhöhe, umringt von einer bunten Menschenmenge, die gut und gern an die zweihundert Personen zählte und sich aus Angehörigen aller Schichten zusammensetzte. Im Rücken der Zuhörer und mit respektvollem Abstand zu ihnen und dem Prediger hatten die Händler ihre Wagen an schattigen Stellen abgestellt und improvisierte Verkäufsstände aufgebaut. Etwas weiter oberhalb sah man sogar mehrere einfache Zelte, die darauf hinwiesen, dass so mancher hier die Nacht zu verbringen gedachte.
    Der Bußprediger, eine sehnig hagere Gestalt mit verfilztem Bart und den unverkennbar scharfen und knochigen Gesichtszügen eines Asketen, bot einen fremdartigen Anblick, war er doch mit einem schäbigen Beduinengewand aus Kamelhaar bekleidet, das ein breiter, aus Gazellenleder gefertigter Gürtel um seine Hüften zusammenschnürte.
    Jona und Timon bedankten sich hastig bei Baruch, dass er sie mitgenommen hatte, warfen sich Wasserschlauch und Proviantbeutel über die Schulter und mischten sich unter die Zuhörer.
    Die Stimme des Bußpredigers, die für einen Mann von derart schmalbrüstiger Gestalt von beeindruckender Kraft und Schärfe war, drang so klar und deutlich von der kleinen Anhöhe zu ihnen herüber, als würde er nur wenige Schritte von ihnen entfernt stehen.
    »... und ich sage euch, kehrt um! Lasst ab von eurem sündigen, gottlosen Leben und tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe! Seid gerüstet für das Kommen des Messias! Hört die Stimme, die in der Wüste ruft: Bereitet dem Herrn einen Weg! Ebnet ihm die Straße!… Jede Schlucht soll aufgefüllt werden, jeder Berg und Hügel sich senken. Was krumm ist, soll gerade werden, was uneben ist, soll zum ebenen Weg werden. Und alle Menschen werden das Heil sehen, das von Gott kommt!«
    »Er zitiert die Mahnung des Propheten Jesaja!«, raunte Timon Jona leise zu. »Ich kenne diese Stelle nur zu gut! Was er da gerade gesagt hat, steht wortwörtlich so in der Schrift!«
    Jona war so fasziniert von der Gestalt und der Wortgewalt des Mannes, dass er kaum auf das hörte, was Timon ihm zuflüsterte.
    »Keiner entgeht dem Zorn Gottes! Wir alle haben uns in unserem selbst geschaffenen Labyrinth der Sünde verstrickt wie eine Distelklette in einem wirren Knäuel Wolle. Doch es gibt eine letzte Gelegenheit der Rettung, denn Gott ist ein erbarmender Gott«, fuhr der Bußprediger fort, seine Worte durch sparsame, aber effektvolle Gesten unterstreichend. »Doch sein Erbarmen gilt nur denen, die vorbehaltlos ihre Sünden bekennen, Buße tun, ihr Leben konsequent ändern und sich ganz der Barmherzigkeit Gottes ausliefern!«
    Und dann geißelte Johannes der Täufer 2 in scharfen, unmissverständlichen Worten das selbstsüchtige, glaubensferne Leben, das in Gottes auserwähltem Volk wie eine ansteckende Krankheit um sich greife und die Seelen der Menschen wie Knochenfäule zerfresse, ohne dass sie sich dessen richtig bewusst wurden. Seine Predigt kam wie eine Naturgewalt über die Zuhörer, die ergriffen und oft genug auch mit schuldbewussten Gesichtern lauschten, als hätten seine Worte die inneren Mauern selbstgerechter Abwehr niedergerissen und ihr Herz und ihre Seele erschüttert.
    Es gab jedoch auch eine Gruppe von Leviten, Pharisäern und Sadduzäern, die an ihren edlen Gewändern leicht zu erkennen waren und etwas abseits von den anderen für sich standen. Sie waren es, die den Bußprediger sofort mit Fragen nach seiner göttlichen Vollmacht bedrängten, als dieser seine aufrüttelnde Predigt beendet hatte und die Menschen aufforderte, hier an Ort und Stelle ihre Sünden zu bekennen und zum Zeichen ihrer Umkehr mit ihm in den Fluss zu steigen, um sich der Taufe zu unterziehen. Einige aus der Priesterschaft schienen gar geneigt, sich von ihm im Jordan taufen zu lassen.
    Johannes der Täufer reagierte auf beide Gruppen mit bestürzender Schärfe, indem er ihnen allen zurief: »Ihr Schlangenbrut! Wer hat euch denn gelehrt, dass ihr dem kommenden Gericht entrinnen könnt? Bringt Frucht hervor, die eure Umkehr zeigt! Glaubt ja nicht, ihr könnt euch in Sicherheit wiegen und sagen: Wir haben ja Abraham zum Vater und gehören zum auserwählten Volk. Was kann uns schon geschehen?« Er bückte sich und hob Steine vom Boden auf, während er auch schon fortfuhr: »Denn ich sage euch: Gott kann aus

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