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Der geheime Auftrag des Jona von Judaea

Titel: Der geheime Auftrag des Jona von Judaea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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Genezareth voller Stolz! Die Araber nennen den See übrigens ›Das Auge Allahs‹, was auch kein schlechter Name für so ein großes Wasser im bergigen Wüstenland ist.«
    Auf ihrem Weg zum Hafen, der wegen der weiträumigen Wohninseln recht verschlungen war, kamen sie an der Synagoge von Kapernaum vorbei. Zwar konnte man sie kaum als Prachtbau bezeichnen, aber es handelte sich doch um ein ganz ansehnliches Gebäude. Es stand frei und etwas abgesetzt von den anderen Häusern und rief beim Anblick bei jedem Gläubigen zweifellos Wohlgefallen und Ehrerbietung hervor.
    Schließlich aber öffnete sich das Gassengewirr vor ihnen und gab den Blick frei auf das geschwungene Ufer und die weite, glitzernde Weite des Meeres von Galiläa, das glatt und ruhig wie ein gewaltiger Silberteller vor ihnen lag. Am östlichen Horizont erhoben sich die Golanhöhen in den klaren Himmel. Dutzende Fischerboote lagen zwischen den Steinmolen im seichten Uferwasser vertäut oder waren auf den Strand gezogen. Und überall waren Fischer damit beschäftigt, ihre Netze zu flicken und alles vorzubereiten, wenn es in der Nacht oder im Morgengrauen wieder zum Fischfang hinaus auf den See ging.
    Timon sprach die erste Gruppe von Fischern an, auf die sie am Ufer stießen, und fragte nach Jakob ben Lamech, der aus dem Dorf Hazar-Iram zu ihnen nach Kapernaum gezogen war.
    Jakob ben Lamech war offensichtlich ein Name, der den Männern alles andere als fremd war. Denn sie lachten sofort, und einer von ihnen sagte: »Ach, ihr sucht unseren Herkules vom Land! Den findet ihr acht Boote weiter unten bei David und seiner Gruppe!« Und er wies nach rechts.
    »Herkules?«, fragte Jona verblüfft, als sie sich bedankt hatten und an den Booten vorbeigingen, von denen einige groß genug waren, um einem Dutzend Fischern bequem Platz zu bieten.
    Timon lachte. »Jakob war schon als Junge ein ungewöhnlich großer und kräftiger Bursche. Vermutlich hat er in den vergangenen Jahren noch ordentlich an Statur und Körperkräften zugelegt, sodass sie ihm diesen Spitznamen gegeben haben. Er ist etwas älter als ich und...« Er unterbrach sich mitten im Satz und deutete auf einen auffallend hoch gewachsenen und breitschultrigen Mann mit dichtem langem Haar, der auf einer Holzkiste saß und an einem großen Schleppnetz flickte. »Das muss mein Vetter Jakob sein!«
    »Gebe Gott, dass wir ihm und seiner Familie nicht ungelegen kommen!«, murmelte Jona inbrünstig. Denn nach den langen, strapaziösen Monaten unsteten Lebens und vielfältiger Gefahren wünschte er sich nichts mehr, als einer geregelten Arbeit nachzugehen, ein richtiges Dach über dem Kopf zu haben und einmal vor niemandem auf der Flucht zu sein.
    »Jakob!«, rief Timon schon aus einigen Schritten Entfernung. »Dass du einmal Pflug und Sichel mit Fischernetz und Bootsriemen vertauschen würdest, hätte ich mir nie träumen lassen!«
    Jakob drehte sich um, sah überrascht zu ihm hin und hatte im ersten Moment dieselben Schwierigkeiten wie seine Mutter, zu erkennen, wer ihn da so vertraulich ansprach. Als er jedoch hörte, wer da vor ihm stand, sprang er auf und hieß ihn freudig willkommen. Er packte Timon an den Schultern und schüttelte ihn förmlich durch, als wollte er, dass ihm die Gewänder vom Leib rutschten. Und seine Freude nahm noch zu, als er erfuhr, dass sie bei seiner Mutter in Hazar-Iram gewesen waren und nicht nur eine Menge familiärer Nachrichten mitbrachten, sondern auch einen gut verschlossenen Krug mit Dattelsirup, den seinen Worten nach niemand so köstlich zuzubereiten verstand wie seine Mutter.
    »Mein kleiner, verloren geglaubter Vetter Thaddäus!« Er schüttelte den Kopf, als könnte er es noch immer nicht glauben, ihn nach so vielen Jahren vor sich stehen zu sehen, und sagte scherzhaft: »Und wir dachten schon, du wärst mit deinem Vater unter die Räuber gefallen!«
    »Das Leben übertrifft oft die kühnsten Vermutungen«, erwiderte Timon leichthin, und nur Jona verstand den Hintersinn seiner Worte.
    Jakob stellte sie kurz den anderen Fischern vor, zu deren Bootsgemeinschaft er gehörte. Dann brach er mit ihnen auf, um sie in sein Haus zu führen und seiner Frau Mirjam vorzustellen, mit der er mittlerweile schon drei Kinder hatte. Einen sechsjährigen Sohn namens Aaron sowie zwei Töchter, von denen die jüngste noch in den Windeln lag.
    »Wir wohnen hier gleich am Ufer«, teilte er ihnen nicht ohne Stolz mit und strebte einer dieser umschlossenen Wohninseln zu, deren Mauer mit dem

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