Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der geheime Auftrag des Jona von Judaea

Titel: Der geheime Auftrag des Jona von Judaea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
Vom Netzwerk:
Fischhändler machte ein Gesicht, als ob er nicht wüsste, ob er sich freuen oder eine unverschämte Forderung befürchten sollte. »Und wie lautet deine Bedingung?«, erkundigte er sich mit schmalen Lippen.
    »Dass wir nicht über Peräa reisen, wie es die meisten tun, weil sie Samaria meiden wollen, und daher auch nicht die Landstraße über Jericho nehmen, sondern über Sebaste und Sichem nach Jerusalem ziehen!«, stellte Jona zur Bedingung. Denn das Riskio, Barabbas und seinen Zeloten noch einmal über den Weg zu laufen, wollte er auf keinen Fall eingehen. Da nahm er zehnmal lieber die Gefahren in Kauf, die eine Reise durch Samaria mit sich brachte.
    Nun strahlte Esra ben Haschum. »Dies sei dir leichten Herzens erfüllt, mein Freund!«, rief er, sprang auf die Füße und streckte ihm eine Hand hin. »Schlag ein, denn wir sind handelseinig!«

SECHSTER TEIL
    Jerusalem

1
    Z wei Stunden vor Einbruch der Dunkelheit kamen sie auf der staubigen Landstraße über die kahlen Höhen, die Jerusalem vorgelagert waren.
    »Da ist sie!«, rief Esra freudig erregt und sprang so heftig vom Kutschbock des schweren Ochsenfuhrwerks auf, dass er um ein Haar das Gleichgewicht verloren hätte und vornüber in das Geschirr gestürzt wäre. »Da ist sie!… Gottes heilige Stadt! Der Herr sei gepriesen!«
    »Gelobt sei der Herr!«, rief auch Efer, doch ihre Stimme hatte den müden Klang unsäglicher Erleichterung, das Ziel ihrer siebentägigen Reise nun endlich erreicht zu haben.
    Edom starrte mit dem für ihn typischen, dümmlichen Gesichtsausdruck auf die Stadt, die sich vor ihnen erhob, errichtet auf hoch aufragenden Hügeln. Er ließ die Zügel hängen und sein Mund klaffte in andächtigem Staunen auf.
    Jona, der die meiste Zeit der Reise neben dem Fuhrwerk gegangen war, weil ihm das unablässige Gerüttel auf dem Wagen nicht zugesagt hatte und der Trott der Ochsen es einem leicht machte, mit ihnen Schritt zu halten, blieb stehen und nahm den gewaltigen Eindruck des sich ihm bietenden Bildes in sich auf.
    Im Umkreis von vielen Meilen drängten sich vor der neuen herodianischen Stadtmauer im Norden und Nordwesten vornehme Wohngebiete mit prächtigen, von Gärten umschlossenen Häusern, die vor allem der Priesterschaft, den Mitgliedern des Sanhedrins und dem übrigen Adel als Wohn- und Landsitze dienten. Jenseits der hohen Befestigungsmauern, auf denen im Abstand von zwei Speerwurflängen Wehrtürme aufstiegen, zeichnete sich vage das dichte Häusermeer Jerusalems mit seiner vornehmen Oberstadt und der Unterstadt der Kaufleute und einfachen Leute ab, in denen Esras Worten zufolge mehr als hunderttausend Bewohner lebten und ihrer Arbeit nachgingen und wo es über vierhundert Synagogen geben sollte, mehrere in jedem Viertel. Und jetzt zum Passah-Fest wurden mindestens noch einmal so viele Pilger erwartet, wie Jerusalem an Einwohnern zählte. Da die Herbergen auch einer so großen Stadt diesen gewaltigen Ansturm nicht bewältigen konnten, ganz zu schweigen von den unverschämt hohen Preisen, die dort während der Hochfeste verlangt wurden, hatte man schon jetzt damit begonnen, vor der Stadt und in den Tälern um Jerusalem herum wahre Zeltstädte zu errichten, in denen ein Großteil der Angereisten nächtigen und auch ihre Mahlzeiten einnehmen würden. Überall würde man auf Garküchen treffen, wie Esra versichert hatte, die koscheres Essen und auch Spezialitäten aus anderen Ländern anboten. Denn es kamen zu den hohen Festen nicht nur Juden aus Galiläa und Judäa, sondern zu den Wallfahrern zählten auch Parther und Meder, Elamiten und Mesopotamier, Kappodikier und Pontier, Leute aus der Provinz Asia, aus Prygien, Ägypten, dem Libanon, aus Cyrene, Rom und Kreta. Sie alle zog es nach Jerusalem und dort vor allem hinauf zum Tempel. Viele von ihnen verbrachten die Nächte auch in den umliegenden Dörfern wie Betphage oder Betanien sowie in Privatquartieren.
    Und was für einen staunenswerten Anblick der Tempel dem Reisenden schon aus der Ferne bot, für dessen Errichtung nur die besten Materialen verwandt worden waren! Dass noch an vielen Stellen Baugerüste zu sehen waren, obwohl doch schon seit gut vier Jahrzehnten über achtzehntausend Handwerker und Arbeiter an dem gewaltigen Komplex bauten, minderte den Eindruck nicht im Geringsten. Wie eine Krone ragte der Prachtbau auf dem Tempelberg über der Stadt empor, als wollte er sich gleich von seinem felsigen Grund lösen und sich in den Himmel erheben. Die Anlage war wie eine Festung

Weitere Kostenlose Bücher