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Der geheime Basar

Der geheime Basar

Titel: Der geheime Basar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ron Leshem
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uns an, duldsam – wie ist er nur bei diesen Verrückten gelandet? Ich betrachte ihn, er starrt mich an, seine gewundenen Bewegungen, seine menschliche Haltung, seine Müdigkeit. Ich hebe ihn hoch, die berauschende Macht, eine Katze hochzuheben, verzaubert mich, die Atemzüge zu spüren, ein lebendiges Wesen. Er besitzt eine Persönlichkeit, er mustert mich, leicht neugierig, leicht erschreckt, leicht liebevoll. Ich bin fasziniert von seinen Entscheidungen. Er schwankt, wo er sich niederlässt, wann eine gute Zeit für die tägliche Katzenwäsche ist. Er knickt die Vorderpfote ein, leckt sie ab, spült sie mit seinem Speichel. Wenn er ein Bein ausstreckt oder die Augen bewegt, hat er nicht die geringste Ahnung, weshalb. «Also wie geht es dir, Tante?», frage ich. «Wie hältst du durch?» Sie lächelt leicht. Sie schaut zur Schale mit den Bonbons hinüber, zu dem kleinen Bild von Abadan, sie und Arian, scheue Kinder am Meeresstrand, neugierige Augen, groß vor lauter Glück, die wissen wollen, welch schöne Überraschungen die Zukunft noch für sie bereithält. «Als er aus dem Krieg zurückkehrte», sagt sie, «war er nicht mehr ganz beieinander. Ich war erschöpft vom Zuhören, ich konnte es nicht mehr ertragen. Er verkam. Die Narben waren seine ganze Welt. Er verschwand, kam zurück und verschwand wieder, barmherzige Polizisten brachten ihn im Morgengrauen zu mir zurück, häufig betrunken, unter Drogen oder weinend, sie lasen ihn an dreckigen Ecken in kriminellen Gegenden auf. Ich tat mir selbst leid, dachte, ich sei an der Grenze des Wahnsinns, log mir etwas vor, es gelang mir nicht einmal, Mitleid mit ihm zu empfinden, bis er starb», klagt sie.
    «Aber warum passt das Datum auf dem Grabstein für mich nicht zusammen?», frage ich unumwunden.
    «Ich habe es gefälscht, Kami.»
    «Warum?»
    «Auch als er starb, wobei man vielleicht sogar sagen muss, Selbstmord beging, sogar da dachte ich nicht an ihn, sondern ich dachte, wenn er im militärischen Teil begraben würde und ich die Witwe eines Kriegshelden wäre, vielleicht gäbe es dann eine letzte Chance für mich, mich selbst wiederzubeleben, Arbeit zu bekommen, aus Erbarmen und Respekt. Eine Chance, die lächerliche Geschichte unseres Lebens umzuschreiben, wenn das Opfer, Arian, ein heldenmütiges Ende hätte. Wie könnte man mich beschuldigen? Oder doch, eigentlich kann man mich beschuldigen. Ich sammelte die Reste der abbröckelnden Kontakte, die ich hatte, investierte alles in die Organisation des Begräbnisses und die Fälschung der Dokumente. Ich brachte Arian in das falsche Grab eines glorreich Gefallenen der Umma, der islamischen Nation. Und ich bat um Kriegswitwenrente, damit die Lüge ihre Wirkung entfaltete, sein Andenken mir eine neue Karriere eröffnen könnte, die sich niemals realisieren, jedoch immer erhoffen ließ. So war ich, klammerte mich an jeden Strohhalm einer bemitleidenswerten Illusion – Hauptsache Comeback. Wie erbärmlich. Und es war alles umsonst.»
    «Man darf sich festklammern, denke ich, auch eine Ameise hält sich am Siphon fest, bettelt um jede noch so winzige Chance, um nicht vom Strom davongespült zu werden. Es ist mir wichtig, keine Angst davor zu haben, eine Ameise zu sein, keine Angst zu haben aufzustehen, zu essen, zu arbeiten, sich zu vermehren, zu schuften, zu verlöschen, zu sterben, sogar manchmal zu lieben. Denke ich.»
    «Aber die Trauer ist das tiefste und demütigendste Gefühl im Repertoire des Herzens, der Verlust kann dich reifen lassen, und er kann dich auch zu Tode verrotten lassen, der Mensch muss eines davon wählen. Ich habe es nie geschafft, mir eine Wahl zu erlauben.»
    Unten schlüpft ein schmaler Korridor ins Getöse der Bukareststraße, die orangefarbenen Bäume werfen Schatten über den belebten Bürgersteig, auch die spitze Bronzehaube des Sternenturms, sechzehn Etagen blauschwarzes Glas, ragt dunkel über uns. Viele Farben hat die Dunkelheit. Ich sage zu ihr: «Zahra, ich hoffe, du verstehst, es fällt mir nicht leicht zu sagen, warum ich das verlassen habe, was ich verlassen habe.»
    «Ich will auch nicht, dass du irgendetwas sagst, mein Lieber, das ist völlig in Ordnung», antwortet sie.
    «Ich wollte, die Dinge wären anders gewesen, aber ich habe keine Wahl.»
    «Schon gut, mein Junge, sag nichts.»
    Ich wollte gerne, aber ich bin nicht stark genug.
    Neue Familien leben jetzt in dem Gebäude, das unser Puppenhaus war. Im zweiten Stock wohnt ein junges Paar am Anfang seines Weges, das nie

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