Der geheime Basar
traf ich in der Küche an, mit Laptop und Kater vor sich auf dem Tisch. Sie war bereits eine autodidaktische Google-Piratin. «Wie es aussieht, habe ich ihn ein bisschen zu spät entführt, die kleine Ratte», sagte sie und hielt den Kater fest im Nacken, damit er sich nicht rühren konnte. «Der Computer sagt, wenn ich ihn etwas früher erwischt hätte, als er noch gesäugt wurde, hätten die Chancen gut gestanden, ihn davon zu überzeugen, dass ich seine Mutter sei, auch davon, dass er ein Mensch sei oder dass alle Menschen seine Artgenossen seien, und er hätte seine ganze Liebe und familiäre Wärme auf mich übertragen. Das empfiehlt sich zwar nicht, es ist eine Art psychischer Störung, aber es hätte für uns hier viel amüsanter sein können. So etwas bräuchte ich bei Gelegenheit. Wusstest du, Kami, dass sie mit dem Schwanz reden? Alle Gefühle im Schwanz. Der Computer hat mir hier ein Schwanzwörterbuch geliefert. Ich mache ein paar Experimente, damit wir lernen, die Sprache unseres Jungen zu interpretieren. Da, im Moment zum Beispiel zeigt er Zuneigung, siehst du? Der Schwanz ist steil aufgerichtet, und nur das Ende wippt sanft.»
«Zahra, mir scheint nicht, als ob er gerade Zuneigung zeigt.»
«Hier, da steht’s, Zuneigung.»
«Aber seine Füße versuchen zu entkommen.»
«Jetzt ist er interessiert und neugierig. Siehst du, der Schwanz nimmt an der Spitze die Form eines Bogens an, endlich wird der Junge freundlich. Und da, jetzt ist er zur Paarung bereit. Oder vielleicht ist der Schwanz eigentlich entspannt, und nur das Ende zittert? Na gut, dann ist er im Moment wirklich erbost, und gleich gerät er in einen aggressiven Zustand. Sechs Millionen Straßenkatzen gibt es auf der Welt, und mir ist ausgerechnet dieses miesepetrige Exemplar zugefallen. Wenn er nur den Schwanz einziehen würde, dann würde das von Gehorsam zeugen, so will ich ihn haben, gehorsam wie er war, als er hierherkam. Total verängstigt ist er herumgerannt und hat einen Buckel gemacht wie ein Minikamel, versuchte mich zu beeindrucken. Hast du gewusst, Kami, dass man bei ihnen, wenn man sie in den Nacken beißt, angenehme und schmerzstillende Stoffe ähnlich wie Morphium im Blutkreislauf freisetzt? Das ist Teil des Paarungsaktes. Ich hätte fast Lust, ihn zu beißen.»
In den darauffolgenden Stunden kauften wir Frau Safureh eine Parzelle auf dem Mond; vier Dunam zum Preis von drei, mit einer Eigentumsurkunde, speziellen Baugenehmigungen und allem, was man brauchte, um sich einen Platz in der Mondkolonie zu sichern. Die Internationale Botschaft des Mondes teilte uns per Mail mit, dass sich bereits drei Millionen Menschen eingekauft hatten. Das kommende Zuhause der alten Dame befand sich nicht weit vom Meer der Stille, nordöstlich vom Südpol-Aitken-Becken, zwei Straßen entfernt von Tina Turners Grundstück. Die Mondverfassung würde man uns nach Hause schicken, mit einem Registrierungsformular für die Mondrechtserklärung, gegen eine Gebühr von nur zwanzig Dollar. Wo waren die Tage hin, als ein Dollar sieben Tuman wert war? Jetzt waren es bereits eintausendfünf Tuman, es war nicht sicher, ob der Preis für diese Mondrechtserklärung gerechtfertigt war. In einer Zwerggalaxis, fünfzig Millionen Lichtjahre weit entfernt, erstand Zahra einen Stern auf den Namen Babak Tiban mit einer Windradlandschaft, die im Dunkeln schimmerte und exakt wie die Milchstraße aussah. Tatsache – drei Jemeniten, die ihrer Behauptung nach seit dreitausend Jahren den Mars besaßen, haben die NASA bereits wegen feindlichen Eindringens verklagt, wir würden auch bald Klage erheben. Danach unterzeichneten wir Petitionen zum Schutz der Wale, gegen kosmetische Versuche an Breitnasenaffen der Gattung Kapuziner und für die Verwendung rothaariger Katzen in der Werbung und bei Produktverpackungen, denn die Bevorzugung weißer und grauer grenzte schon an Rassismus. Frau Safureh kam herein und bat, ich solle ein Rezept für Arrak aus Dattel- oder Feigensaft finden, und sie klopfte doch tatsächlich bei Herrn Nadschafian, um sich eine Tasse Fenchelsamen zu leihen. Ich wurde fündig und las vor: «Der Alkohol, der aus der Zuckergärung gewonnen wird, kann Blindheit verursachen», worauf Frau Safureh erwiderte: «Bei Allah, das Risiko gehen wir doch ein.» Als sich herausstellte, dass man den Radiator des Peykans zerlegen müsste – denn wie sonst sollten wir eine Heimdestille zusammenmontieren –, wurde das Projekt vertagt, und ich fand die Website eines
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