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Der geheime Basar

Der geheime Basar

Titel: Der geheime Basar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ron Leshem
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Untergrundlieferservices, der uns geschmuggelte Bierbüchsen bis nach Hause brachte und unterwegs gleich noch eine Pizza von Dar-be-dar abholte. Das schöne Leben.
    «Wir sind alle verrückt geworden», rief Frau Safureh und ging Fenster und Balkontüren schließen, denn Herr Nadschafian wartete doch nur auf solche Gelegenheiten. Als alles verrammelt war, verkündete sie zufrieden: «Das war’s, wir sind eine geheime Höhle, wir sind ein geschlossener Club.»
    «Aber der Rock! Was ist mit dem Rock und der Versteigerung? Auf der Website steht, noch vier Tage bis Ende des Angebots. Wie viel? Das kann nicht sein. Ist das die Möglichkeit? Giorgio aus Kalifornien bietet zweihundertzehn Dollar? Zweihundertzehn Dollar, komplette Familien leben einen ganzen Monat von zweihundertzehn Dollar. Massenhaft Mondparzellen kann man für zweihundertzehn Dollar kaufen.»
    Babak wollte gern Madonnas Version von «Don’t cry for me, Argentina» hören. Doch ich fand nur ein Programm für Karaoke, also sangen wir selber. Der angegebene Text war auf Polnisch, «Nie oplakuj mnie Argentyno», und es war so wunderbar, Worte zu singen, die kein Mensch verstand, dass wir die Karaoke-Seiten aus aller Welt abklapperten, gar nicht mehr aufhören konnten. Wir sangen auf Deutsch, «Weine nicht um mich, Argentinien», Tschechisch, «Utis se má Argentino», und Kurdisch, «Ne gri ji bo min Arjantin». Frau Safureh schwebte auf Wolken. «Meine Herrschaften, verehrter Star», sagte sie, «eine Information, die durch die Telefonleitungen unter der Erde rast und hierhergelangt, zu Kamis mobilem Projektor, das ist die merkwürdigste Revolution seit der Erfindung des Telefons. Dieses Geschenk, das diese jungen Leute für uns ersonnen haben, ist ein Fernrohr zur Welt, es wird uns weit bringen und alles verändern, was wir je kannten!»
    Wir sangen, wir tranken Bier, wir rollten uns auf dem Boden bei jedem dummen Witz. Die Stimmung war ausgelassen, also fragte ich: «Was ist Ihr Geheimnis, Frau Safureh? Was verbergen Sie?» Doch keine Chance. «Wusstet ihr, dass es in Japan viereckige Melonen gibt?», lenkte sie wie üblich ab. Sie liebte Japan. Dachte, wir sollten uns auf die Welle japanischer Touristen vorbereiten, die die atemberaubenden Landschaften unseres Landes überfluten würde. Erwog, ein eigenes Fremdenführerbüro aufzumachen, die Führungen würde sie selbst machen. Ich fand eine Internetseite für sie, um gesprochenes Japanisch zu lernen: «Guten Morgen, ohayo gozaimas, Verzeihung, sumimasen. Vielen Dank, aber das ist mir zu teuer, domo, demo tschotto takai des neh.»
    «Ihr werdet sehen», versicherte sie, «ich fliege uns vier noch dort hin.»
    Babak packte beinahe schon den Koffer: «Hier, da will ich hin, das Liebeshotel im Shibuya-Viertel in Tokio, schaut mal, die Zimmer im Design einer gotischen Burg mit einem vibrierenden Bett und Spiegeln an der Decke.»
    «Wir fliegen», bestimmte sie. Und wir surften weiter. Eine Roboterforscherin und Japanexpertin berichtete: «Die Stadtregierung Tokios will keine Gastarbeiter und schon gar nicht Philippinen zur Altenpflege. Der Ersatz – Roboter. Tausende Roboter werden bald in die Altenheime geschleust werden, um die Betreuten zu erheitern und zu beschäftigen und um zum Beispiel die Wäsche zu machen.»
    «Aber wie sollen wir hier rauskommen?», zerstörte ich die Freude. «Man bekommt nicht einfach nur so einen Pass. Man muss zuerst den Militärdienst ableisten, und Babak und ich haben ihn doch verschoben. Das heißt, wir haben uns gedrückt. Eine Möglichkeit wäre, ein Stipendium für eine Universität im Ausland zu beschaffen. Aber auch wenn wir Pässe hätten, wer würde uns vieren erlauben, zusammen auszureisen? Höchstens in einer organisierten Gruppe unter staatlicher Aufsicht. Aber auch das nur unter der Voraussetzung, dass Herr Nadschafian noch nicht dafür gesorgt hat, dass eine Akte über uns angelegt worden ist. Wer würde uns überhaupt in sein Land hineinlassen?», fragte ich. «Wir sind nirgends beliebt. Uns wird es wohl kaum vergönnt sein, jemals mit irgendeinem japanischen Roboter herumzusitzen oder in einem Pariser Straßencafé und einfach so die Passanten zu begutachten. Nie.»
    Zum Singen der Nationalhymne der Islamischen Republik werden die Anwesenden in der Wohnung gebeten, sich zu erheben.
    «Aufgestanden an dem Horizont, die Güte des Ostens,
    im Glanz der Blicke der Rechtgläubigen.
    Anmutigkeit des Bahman, unser Glaube,
    deine Botschaft, o Imam, Unabhängigkeit

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