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Der geheime Basar

Der geheime Basar

Titel: Der geheime Basar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ron Leshem
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offenbart, dachte ich, aber ich blieb verkrampft. Er sagte: «Tut mir leid, ich bin in einer etwas merkwürdigen Phase, was diese Dinge anbelangt», und lächelte mich unglücklich an, mit einer Spur Bitterkeit.
    «Was ist los?», fragte ich, Unwissenheit vortäuschend.
    «Nichts weiter, bloß so eine verwirrende Phase», antwortete er, «das heißt, schon seit ein paar Jahren, vielleicht fünf oder eigentlich etwa zehn. Ich fühle mich wirklich nicht besonders wohl.»
    «Du musst es nicht erzählen.»
    «Besser nicht.»
    «Aber du kannst, falls es dir hilft.»
    «Es hilft nichts.»
    «Dann nicht.»
    «Ich habe ausgerechnet nach Liebe gesucht, die zu etwas führt. Mir kommt es vor, als hätte ich wie eine verschreckte Maus nach Liebe gesucht. Aber ich habe aufgegeben.»
    «Glaub mir, ich verstehe dich, Babak, wirklich, ich bin genauso.»
    «Aber bei mir ist es unmöglich.»
    «Hast du jetzt gar keine Liebe im Leben?»
    «Ich kenne keinen solchen Begriff. Oder ich kenne ihn nur zu gut, mag sein. Ich fühle mich verrostet und vertrocknet.»
    «Hast du andere Dinge probiert? Versuch es. Man muss alles wenigstens einmal im Leben ausprobieren, nur so findet man sein Glück.»
    «Ich habe schon alles gemacht, von dem ich mir geschworen hatte, es nie zu tun. Ich war gezwungen, alles zu probieren, was ich im Leben verachtet habe.»
    «Und du hast gar nichts gefunden, was gut für dich ist? Ich frage nur allgemein.»
    «Das ist in Ordnung, Kami, du verstehst es von allein.»
    «Vielleicht verstehe ich es, sicher bin ich nicht, aber auch wenn, warum sollte es nicht trotzdem gut werden für dich?»
    «Weil es unmöglich ist.»
    «Warum? Wenn du Liebe hättest, wärst du glücklich. Du liebst doch verbotene Dinge, wie diese Zeiten, in denen es verboten war, eine Jeans anzuziehen, Videos zu sehen oder Schach zu spielen, und das Gefühl herrschte, dass alles illegal war und deshalb romantischer. Du hast gesagt, das machte Spaß, oder nicht? Dann solltest du Liebe haben, die dir Spaß macht – eine verbotene.»
    «Aber bei mir ist es nicht nur etwas Verbotenes, es ist auch unmöglich.»
    «Aber warum denn? Wir werden dir zusammen eine suchen.»
    «Nein, ich liebe jeden, den ich unmöglich haben kann. Ich sehe einen Soldaten auf der Straße, einen Polizisten, sogar von der Sittenpolizei, einen Basidsch, einen Revolutionswächter, diese unschuldigen und religiösen, und ausgerechnet die will ich.»
    «Sex?»
    «Nein. Ihnen über die Wange zu streichen, würde mir genügen, vielleicht eine kleine Umarmung, ihr Freund sein, zu sehen, wie sie sich ohne Uniform und Waffe verhalten, wenn sie gewöhnliche Jungs sind. Nur diese Sorte mag ich.»
    «Und hast du jemals so was gemacht?»
    «Nein.»
    «Aber nur solche?»
    «Nur.»
    «Das kann nicht sein, Babak, so was gibt es nicht.»
    «Kann schon sein.»
    «Dann müsstest du vielleicht ins Ausland fliehen. Dich von diesen ganzen Sittenpolizisten entfernen.»
    «Ausländer oder Touristen ziehen mich nicht an. Nur bestimmte Menschen aus unserem Volk. Ich weiß, ich muss das irgendwie überwinden, aber ich habe es versucht, und es geht einfach nicht.»
    Auf dem stillen Bürgersteig klang bisweilen das Klopfen langsamer nächtlicher Schritte auf. Dampf überzog die Fensterscheiben des Peykans, samtig bleich schimmerndes Straßenlicht umhüllte den Wagen, setzte uns in dem toten Skelett gefangen. Die Abdrücke meiner Finger, schwarz von Schmieröl, befleckten die weißen Sitze, und jedes unserer Worte hatte einen dumpfen Hall. Ich blieb beharrlich und fragte: «Hast du denn jemandem mal eine Gelegenheit gegeben?»
    «Als ich es versucht habe, war ich angeekelt. Ich mag keine Homosexuellen.»
    «Du kannst junge Männer im Internet finden, reden, sie kennenlernen, einer wird dich am Ende überraschen, ganz bestimmt. Wir werden zusammen welche suchen.»
    «Schon gut, es gibt hier in der Gegend Treffpunkte, das Café Lam-Lam, der Teich im Park, daran fehlt es nicht. Ich fühle mich einfach mit keinem wohl. Sie sind zu empfindsam, aber nur was sie selbst angeht, vielleicht weil es so schwierig für sie ist, sie tun sich nur selbst leid. Und weil sie das Leben so misshandelt hat, sind sie schlecht und gemein. Vielleicht liebe ich das Schlechte. Aber von der schlichten Art, nicht gestört. Ich brauche jemanden, der nicht neurotisch ist.»
    «Das ist kompliziert, Babak.»
    «Ziemlich kompliziert, ich weiß.»
    «Und nehmen wir mal an, du wärst eine Frau? Das hieße doch, du könntest dir einen Jungen

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