Der geheime Basar
von den Revolutionswächtern suchen und ihn heiraten, oder nicht?»
«Eine Operation?»
«Ich schlage es nicht vor, ich frage nur.»
«Schau mich an. Ich mag ein ansehnlicher Mann sein, aber aus mir würde eine hässliche Frau.»
«Was willst du dann machen?»
«Nichts.»
So war Babak. Sah Menschen, die er nicht haben konnte, und wollte nur eins – sie heftig lieben, ihren Panzer sprengen. Sein Herz war wie ein Straßenhotel, verliebt für ein paar Augenblicke, er unternahm nichts und vergaß. Was musste er auf diese Militärtypen stehen, diese unterprivilegierten, manipulierbaren, bäuerlichen Ignoranten, die jeden hassten, der erfolgreich war, die Leuten in geordneten Verhältnissen wie Bakak und mir die Schuld an ihrer Dürftigkeit gaben? Ich wollte, dass er verstand, dass ich mich nicht vor ihm ekelte, wie er vielleicht meinte. Ich wollte sein Freund sein, ein teilnahmsvoller Freund, der vor nichts zurückschreckte.
Auf der Straße eine Zelle mit gesprungenen Glasvierecken, in der ein schwarzer Telefonapparat hing. In der Dunkelheit ein Junge, der eine Passantin bat, für ihn zu wählen und seine Liebste zu verlangen, seine verbotene Liebe. Im Wagen gab es kaum noch Sauerstoff. Doch wir hatten Angst, ein Fenster zu öffnen.
12
Spätnachts beschloss ich, für Babak einen Geliebten zu finden. Er muss all das Gute einmal spüren, das er versäumt, dachte ich. Schließlich hatte mir Nilu das Leben in der Stadt viel mehr verschönert als sämtliche Phantasien, die ich auf der Brücke in Anzali angesammelt hatte. Sogar die Straße überquerte ich mit übertriebener Vorsicht, seit ich sie kannte, und während ich sie überquerte, schoss mir der beängstigende Gedanke durch den Kopf, dass nur die Liebe Angst vor dem Tod weckt. So vieles hatte ich zu verlieren, dass es mich neugierig auf das Leben machte und hungrig auf die Welt. Ich war verliebt! Ja. Babak musste das ebenso fühlen.
Ich ließ mich bei einer Bekanntschaftsbörse im Netz registrieren und streckte die Fühler aus. «Suche Soldaten», schrieb ich. So viele Suchende wirbelten in diesen turbulenten Kreisen, dass man gar nicht wusste, wie man wählen sollte. Ein Filmemacher. Ein Koranforscher. Ein Sänger. Ein Buchhalter. Ein Seepferdchen. Alle schrieben sie mir. Bettelten um ein Treffen. «Ihr habt mich noch überhaupt nicht gesehen», erboste ich mich. «Aber nein, das spielt keine Rolle», schrieben sie, «wir wollen nicht allein bleiben.» «Ihr seid nicht mein Typ», erklärte ich, «tut mir leid, ich suche etwas ganz Bestimmtes, einen Kämpfer der Revolutionsgarde oder einen Offizier der Sittenpolizei.» Babak hat ein Recht darauf, seine Phantasie zu verwirklichen. Ich ging alle persönlichen Angaben durch, suchte nach Hinweisen auf verkappte Freiheitstäubchen in Uniform, auf Mitglieder der Armee des Islams, die sich der Lust unterwarfen, die in den Schatten lockt. Jeder hatte einen detaillierten Fragebogen ausgefüllt, Perversionen, Abhängigkeiten, ein Buch, ein Film, ein Sänger, Fußballverein, Dinge, die man gerne tat, Dinge, die man hasste, Dinge, ohne die man nicht einschlafen konnte. Körperbau, Gesichtsform, Penisgröße, Ganzkörperfotos.
Ich loggte mich in einen englischen Chatroom ein. Homos. Im Nahostraum. Ein zwanzigjähriger Soldat sprang mir sofort ins Auge. Ich schrieb: «Guten Abend, ‹zuckersüßer Scharfschütze, der Online-Schach spielen möchte›. Suchst du auch Liebe?»
«Was eben kommt», antwortete er.
«Ich bin hier für einen Freund», erklärte ich, «der Soldaten liebt.»
«Nett von dir, was genau mag er denn?»
«Ich weiß nicht so recht. Ich glaube, dass sie die Uniform ausziehen und ganz ihm gehören. Und dass sie zärtlich sind und viel lachen. Rücksichtsvoll und ordentlich. Und fleißig. Aber zuckersüß, das ist vielleicht zu süß für ihn, ich denke, er braucht etwas Starkes und Hartes, bist du stark und hart?»
«Er braucht nur darum bitten, und ich fange einen Krieg für ihn an. Ich bin ein jemenitischer Scharfschütze.»
«Du bist Jemenit?» Ich war überrascht.
«Ein waschechter Jemenit.»
«Zu kompliziert», schrieb ich, «das heißt, in der Romantik gibt es vielleicht keine Gesetze und keine Grenzen, aber ich glaube nicht, dass mein Freund eine Genehmigung erhalten wird, in den Jemen zu fliegen, auch nicht für die Liebe.»
«Nach Tel Aviv», korrigierte er mich.
«Tel Aviv?»
«Ich bin ein Jemenit aus Tel Aviv, nicht aus dem Jemen.»
«In echt?»
«Was hast du gegen Tel Aviv? Bist
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