Der geheime Basar
Homo.»
«In Ordnung, aber du liebst Homos.»
«Ich mag Homos überhaupt nicht.»
«Aber du willst meinen Freund.»
«Ja.»
«Was willst du denn nun eigentlich?» Ich verstand ihn nicht.
«Warum machst du alles so kompliziert? Ich werde es ihm gut besorgen. Schnell und mit Qualität. Ich binde mich nicht gefühlsmäßig.»
«Und du unterstützt die Revolution und die Mullahs?»
«Tu ich.»
«Und wenn dein Vorgesetzter dich losschickt, um unzüchtige Mädchen zu schlagen? Würdest du auch das für die Republik tun?»
«Ich bin Autoelektriker.»
«Aber in Uniform, ja?»
«Ja.»
«Tarnuniform?»
«Ja.»
«Ausgezeichnet. Komm in gefleckter Uniform.»
«Wohin?» Er versuchte, in praktische Bahnen zu lenken.
«Und es stört dich nicht, dass mein Freund nicht beim Militär gedient hat, stimmt’s?», forschte ich nach.
«Was kümmert mich das? Du hast mich wohl zum Regierungschef gemacht. Ich bin ein Fahrzeugelektriker bei den Pasdaran, der in Ruhe leben möchte.»
«Bei den Pasdaran? Wie bitte? Du bist bei der Revolutionsgarde? Ich dachte, in der normalen Armee. Beängstigend.»
«Du bist echt eine Nervensäge.»
«Gut, entschuldige, alle Achtung für den Mut. Hattest du viele Jungen im Bett?»
«Du stellst zu viele Fragen, woher weiß ich, dass du mir keine Falle stellst?»
«Was für eine Falle?», schrieb ich erschrocken.
«Vielleicht bist du vom Nachrichtendienst, von der Sittenpolizei, vom Verteidigungsministerium, versuchst Männer zu jagen, die in Ruhe leben möchten?»
«Und vielleicht stellst du mir gerade eine Falle?» Ich wurde wütend. «Vielleicht haben sie dich geschickt, um herauszufinden, was ich über den Präsidenten denke?»
«Wenn es mich stören würde, was du denkst, hätte ich die Basidschis schon losgeschickt, um deine Wohnung zu stürmen, als du das mit der Besatzungsarmee geschrieben hast.»
«Mach mich nicht nochmal wütend», verlangte ich, «so denke ich, und es ist mein Recht, so zu denken, dieser Staat ist eine einzige Kreuzung von Unglücksfällen, ab und zu wird hier eine Fremdherrschaft ausgewechselt, unser unglückliches Volk akzeptiert es ergeben, beugt den Kopf, und jetzt seid es eben ihr. Auch das wird vorbeigehen.»
«Unverschämter Kerl», schrieb er zornig, «füg deiner Geschichtsstunde vielleicht noch hinzu, dass wir nach Jahrhunderten fremder Ausbeutung und Unterdrückung ein unabhängiges, demokratisches Regierungsoberhaupt hatten, und dass deine CIA daherkam, ihn stürzte und an seiner Stelle einen Marionettenkönig einsetzte, ein Spielball ausländischer Agenten. Möge Allah sich erbarmen, das Volk war wirklich ergeben und hat sich auf beschämende Weise angepasst. Zwanzig Jahre lang haben die Amerikaner hier geherrscht, und was waren wir für sie außer ölpissende Sklaven?»
«Du hast keine Beweise dafür.»
«Schau nach!»
«Aber was hat das überhaupt damit zu tun?», fragte ich verständnislos.
«Jahrzehnte britischer und amerikanischer Intrigen und Winkelzüge, herrschsüchtiger Ausbeutung und Bedrückung und Raub von Naturschätzen sind zu Ende gegangen, dank Allah und dank dem Vater der Revolution, Chomeini, und den mutigen Massen, die auf die Straße gegangen sind und den Willen des Volkes durchgesetzt haben.»
«Für einen Autoelektriker bist du sehr revolutionär», schrieb ich, «und auch gut bewandert in Geschichte.»
«Danke.»
«Aber wovon träumst du zum Beispiel? Hast du überhaupt Ziele?»
«Freundchen, du verkuppelst mir doch keine Braut.»
«Ich vermittle dir auch keinen One-Night-Stand, falls du das denkst. Ich möchte wissen, was du mit deinem Leben anfangen willst.»
«Was kann man schon damit anfangen? Kaufen, kochen, essen, beten.»
«Und Sex?»
«Und viel Sex. Sag deinem festansässigen Freund, er soll sich schon mal vorbereiten. Ich fahre morgen zu Manövern im Süden, in einer Woche bin ich zurück, und dann werde ich bei ihm in der Wohnung stehen, in Leopardenuniform, wie er es liebt.»
«Augenblick mal, das kann unmöglich eine Woche warten, komm heute Nacht, bevor du dich davonmachst, das heißt, um sechs in der Früh, in den Sa’i-Park, du wirst es nicht bereuen.»
Um kurz nach fünf, noch bevor die Sonne aufging, war ich schon wach wie eine Boden-Luft-Rakete der Revolutionsgarde. Ich schoss die Treppen hinunter, weckte Babak mit einem Klopftrommelfeuer an seiner Wohnungstür, an der ein kleines, heiteres Holzschildchen eine «Familie Tiban» ankündigte, obgleich gar keine Familie dort wohnte. Die
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