Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der geheime Brief

Der geheime Brief

Titel: Der geheime Brief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Ernestam
Vom Netzwerk:
schwingen? So würde ich mich nicht an anderen Kerlen reiben müssen, und er dürfe doch für Anton auf mich aufpassen? Wir lachten in unserem Elend, und ich öffnete die Tür. Ich schlich in das Mädchenzimmer, zog mich aus und legte mich ins Bett. Lea war nicht da. Sie war im Grand Hotel bei Ruben und würde erst am nächsten Tag zurückkommen, in der Überzeugung, das Richtige getan zu haben. Hier lag ich, weit weg von allem unterdrückten Stöhnen der Lust und des Glücks.
    Ich fühlte mich einsam.
     
    Kurz vor Mittsommer richteten wir uns in unserem neuen Leben ein, und die Tage fanden ihren Rhythmus. Amanda Otto war nach Marstrand übergesiedelt, während Carl Otto mit dem Dampfer hin- und herpendelte. Wenn er ankam, brachte er Hemden mit, und Amanda Otto reichte sie mit einem Schnauben an uns weiter.

    »Er glaubt, dass wir diese Hemden waschen werden. Das werden wir nicht. So oft, wie er sie wechselt. Bügelt sie kurz und faltet sie dann einfach zusammen.«
    Ottos verbrachten ihre Tage damit, von der Heilquelle zu trinken, warme und kalte Bäder zu nehmen, Gesundheitsspaziergänge und Bootsausflüge zu machen und zusammen mit anderen Sommerfrischlern gut zu essen. An den Wochenenden und manchmal auch während der Woche kamen Tor und Fridolf mit ihren Familien, so dass Lea und ich Gesellschaft im Haus hatten. Marianne kam abends oft zu uns herüber, kicherte im Unterrock, umarmte uns und nannte uns ihre ganz privaten kleinen Backfische.
    Abends gab es Veranstaltungen im TuristHotel und im Societetshus, falls man nicht im Restaurant essen, einem Konzert lauschen oder eine Dichterlesung besuchen wollte. Lea und ich blieben auf unserem Zimmer, wenn wir nicht kochten, putzten oder Gepäck in das eine oder andere Bad brachten.
    Amanda Otto behandelte Lea sehr kühl, wenn sie das Haus aufsuchte, und Lea antwortete mit der gleichen Kälte. Keine sagte auch nur ein Wort zu viel zu der anderen, abgesehen davon, dass Lea meistens befohlen wurde, im Hintergrund zu bleiben. Ich sollte das offizielle Dienstmädchen sein. Dank des schönen Wetters hielten wir alles durch, auch weil Amanda das Haus nur aufsuchte, um Kleidung oder Proviant zu holen und in seltenen Fällen zu frühstücken. Wir konnten größere Konfrontationen vermeiden, und Ruben machte einen Bogen um uns, um die Lage nicht zu verschlimmern.
    Wir lernten, uns in Läden und auf dem Markt zurechtzufinden. Konnten in die Stelle kneifen, wo der Fisch am fettesten war, schleppten Milch und Gemüse und hatten ab und zu eine Stunde frei. Dann saßen wir im Café und sahen uns das immerwährende Gedränge an den Kajen an. Im Hafen lag
die Norrköping, jene Korvette, auf der Anton als Schiffsjunge gehaust hatte. Die Offiziere, mit denen wir ins Gespräch kamen, erzählten bereitwillig von der Ausbildung und den Seereisen.
    Es gab sehr viele Männer auf Marstrand, Seeleute mit einigen Tagen Landurlaub, die gern ihr Geld für das eine oder andere junge Mädchen ausgaben. Ruben musste sich seinen Eltern widmen und konnte nicht immer mit uns zusammen sein, und Jakob versuchte, sich in der Nähe aufzuhalten, wusste aber nicht immer, wann wir frei hatten. Ich gewöhnte mich daran, dass er als Freund um mich war, obwohl ich ihm keinerlei Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft machte. Aber das sagte ich nicht so offen, wie das nötig gewesen wäre. Vielleicht, weil ich Anton vermisste und mich so sehr nach Nähe sehnte.
    Er hatte mehrmals geschrieben, mit dem Absender A. Rosell. Bei jedem Brief wurde meine Angst vor Amerika kleiner und meine Lust stärker, das Leben mit ihm zu teilen. Er schrieb, dass er mit seinem Buch fast fertig sei und dass er einen Verlag gefunden habe, der sein Werk drucken wolle. Damit, schrieb er, könne er Schweden verlassen. Er sei so lange wie ein herrenloser Hund umhergestromert, und jetzt sehne er sich danach, an einem Ort bleiben zu dürfen, mit mir.
     
    Manchmal reicht es, deinen Namen zu sagen. Ich lasse die Feder sinken und schaue vor mich hin. Ich spüre, wie die Dunkelheit sich ausbreiten will. Und dann sage ich es laut. Rakel. Wenn du wüsstest, wie gern ich dich wieder umarmen und deine Nähe spüren möchte. Dieser Gedanke erhält mich aufrecht und lässt mich an das Gute im Leben glauben. Vielleicht gibt es doch eine Möglichkeit für mich, zu vergessen und mich mit den düsteren Ereignissen in meiner Vergangenheit zu versöhnen.

     
    Außerdem schrieb er, dass er sich nach Überfahrtsmöglichkeiten nach Amerika umhöre. Ich war

Weitere Kostenlose Bücher