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Der geheime Brief

Der geheime Brief

Titel: Der geheime Brief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Ernestam
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habe?«

    »Danke.«
    »Du bist ganz schön halsstarrig. Soll ich dich vielleicht hier verlassen und allein nach Hause gehen lassen? Damit du noch einmal belästigt wirst?«
    »Mach, was du willst.«
    Noch einmal versuchte Anton, mich zum Stehenbleiben zu bewegen. Ich wand mich, aber er hielt mich mit beiden Händen fest.
    »Lass mich los! Du tust mir weh!«
    »Ich habe diese silbernen Leuchter nicht gestohlen. Deine Mutter hat sie mir gegeben.«
    Wenn er behauptet hätte, der Sohn des Königs zu sein, hätte ich nicht mehr gestaunt.
    »Du lügst!«
    Antons Hemd war verrutscht. Sein Rock stand offen.
    »Es stimmt, ich habe damals bei euch einige Male gelogen«, sagte er. » Dass ich bei euch gelandet bin, war ein Zufall. Ich konnte mit einem Bauern fahren, der mir von eurem Gebetssaal erzählte, und ich sah eine Möglichkeit, mich auszuruhen und etwas zu essen zu bekommen. Die Betonung des Christlichen kam dazu, ich dachte, deine Eltern würden mir dann ein wenig mehr vertrauen. Jetzt weiß ich, dass sie mich auf jeden Fall aufgenommen hätten, da sie keinen Unterschied machten. Glaub mir, Rakel, ich habe diese Tage in Fiskinge nicht vergessen. Die Leuchter hatte ich … ja, ich dachte, ich könnte sie versetzen und später auslösen und zurückbringen. Aber je mehr Tage vergingen, umso schwerer wurde das. Am Ende schlich ich mich eines Abends hoch und dachte, wenn ich es jetzt nicht tue, tue ich es nie, und dann weiß ich mir keinen Rat mehr. Und dann saßest du am Klavier. Wie ein Engel sahst du aus, mit deinen blonden Haaren und dem weißen Kleid. Ich setzte mich hin und sah dir zu. Ich dachte, wenn Gott sich mir bisher nie
gezeigt hat, dann vielleicht jetzt. Du hörtest mich spielen und es kam, wie es kommen musste. Ich hatte einfach solche Lust, mit dir zu tanzen, weil du mich vor mir selbst gerettet hattest. Kannst du mich verstehen?«
    Ich sah, dass Antons Augen ein wenig schräg standen, ich sah die Bartstoppeln auf seinen Wangen. Ich dachte: Ich hasse Engel!
    »Du liefst weg und ich war wieder allein. Da ging ich zu den Leuchtern und wollte mich von ihnen und meinen unredlichen Gedanken verabschieden. Aber da kam deine Mutter die Treppe herauf. Sie hatte dich sicher weglaufen gehört und wollte nachsehen, was passiert war. Jetzt sah sie mich mit den Leuchtern in der Hand im Saal stehen. Ich öffnete den Mund, das weiß ich noch sehr gut, und wollte mich erklären, aber sie kam mir zuvor. Du sollst dein Pfund gut verwalten, sagte sie. Also nahm ich die Leuchter, versetzte sie und bekam genug, um mich fein einzukleiden. Mit diesen Kleidern hier. Ich habe keine anderen. Aber sie haben mir das Aussehen gegeben, das ich brauchte, um ein Zimmer und einen Studienplatz für Theologie zu bekommen. Irgendwann hatte ich dann genug zusammengekratzt, um die Leuchter zurückzukaufen. Auf dem Weg hierher bin ich an eurem Hof vorbeigefahren, um sie zurückzubringen. Ja, Rakel. Ich weiß, dass dein Vater tot ist. Aber bei Ottos konnte ich das ja nicht mehr erzählen.«
    »Du warst bei Mutter?«
    »Ja, und bekam Kost und Logis, wie damals. Aber die Leuchter wollte sie nicht haben. Die gehörten der Vergangenheit an, sagte sie. Ich glaube, dass sie sie zu sehr an deinen Vater erinnerten. Sie bat mich, sie mitzunehmen. Und sie dir zu geben, Rakel.«
    »Mir?«
    »Ja. Frag mich nicht, wie das möglich ist, aber ich glaube,
deine Mutter weiß fast alles über mich. Als wir zusammensaßen, fiel sie auf die Knie und fing herzzerreißend an zu beten. Gleich darauf kam Markus nach Haus. Das Pferd war gestolpert und der Wagen vom Weg abgekommen. Aber dein Bruder war nicht verletzt. Wie durch ein Wunder.«
    Mutters Zeichen. Die Gebete um Regen, die erhört wurden, Mutter, die immer wusste, wo alles war. Die Frauen mit verängstigten Augen getröstet hatte. Wer war Anton, dass er mir das erklären wollte? Und doch hatte er es getan. Es so erklärt, dass sie wie eine Fremde auf mich wirkte.
    »Dann musst du gewusst haben, dass ich bei Familie Otto in Dienst bin. Und dass Ruben …«
    »Ich war überrascht, das hast du mir doch sicher angesehen. Deine Mutter hatte mir nicht die Adresse in Vasastaden gegeben, sondern die deiner Unterkunft. Sie hat die Familie Otto nie erwähnt. Denn dann hätte ich doch Rubens Nachnamen erkannt. Es ist sicher eine Grille des Schicksals, dass ich ausgerechnet den Sohn des Hauses kennengelernt habe, in dem du arbeitest?«
    »Ich weiß nicht, ob ich dir oder dem Schicksal glauben soll, Anton.«
    Er hatte mich

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