Der geheime Name: Roman (German Edition)
mal der, der die Müllerstochter heiratete?
Ein König! Richtig!
* * *
Sie waren nicht allein in dem Schlösschen. Ein ganzes Team von Haushälterinnen und Dienstmädchen entstaubte Möbel und dekorierte Blumen auf den wertvollen Antiquitäten. Von irgendwoher drang der Duft von frisch gebackenem Kuchen, und ihre Eltern wurden so überschwenglich begrüßt wie das verloren geglaubte Königspaar.
»Schön, dass Sie das Haus Ihrer Eltern wieder einmal beehren.« Eine mollige ältere Frau trat ihrem Vater entgegen, vollführte tatsächlich einen Knicks und nickte dem restlichen Personal unauffällig zu. Nur wenige Augenblicke später waren alle verschwunden und ließen sie allein in der großen Eingangshalle.
Das Haus seiner Eltern? Fina starrte ihren Vater an. Das Letzte, was sie jetzt noch gebrauchen konnte, waren ein Paar unbekannter Großeltern – die womöglich von dem ganzen Betrug wussten.
Ihr Vater drehte sich zu ihr um. »Eigentlich wäre das hier unser Zuhause, Fina. Es ist das Haus, in dem ich aufgewachsen bin, der Hauptsitz meiner Familie. Jetzt steht es leer: Mein Vater hat seinen letzten diplomatischen Einsatz in Kenia. Ich bin bei der OSZE in Wien, und ihr …« Er räusperte sich. »Nur das Personal ist noch hier und hält alles in Ordnung.«
Finas Blick huschte die breite Freitreppe hinauf, die ins Obergeschoss führte, glitt oben an der Galerie entlang und kehrte zurück in die untere Ebene der Eingangshalle. Auf dem Boden lagen große rote Perserteppiche, die untere Hälfte der Wände war dunkel vertäfelt, und darüber hingen alte Gemälde. Alles war so weitläufig, als hätte es nur auf eine tobende Prinzessin gewartet.
Fina wusste nicht, was ihr unheimlicher war. Der Gedanke, dass sie eigentlich in diesem Schloss aufgewachsen wäre – oder die Gewissheit, dass ihre Eltern sie um all das betrogen hatten.
Sie wollte ihren Vater fragen, was genau er eigentlich war. Er musste mehr sein als ein Diplomat, musste zumindest irgendeine bedeutende Abstammung haben, wenn ein solches Anwesen zum Familienbesitz gehörte. Doch im gleichen Moment fiel ihr Mora wieder ein. Er wurde ausgepeitscht, weil sie geflohen war. Und das war womöglich nur der Anfang. Sie durfte keine weitere Zeit mit sinnlosen Fragen verlieren. Sie musste wieder zu ihm! Musste von hier verschwinden und zur Autobahn zurückkehren!
Der Autoschlüssel befand sich in der Hosentasche ihres Vaters. Selbst wenn es ihr gelingen sollte, daran zu kommen – wie sollte sie das automatische Tor am Rande des Anwesens öffnen? Vielleicht wurde es kameraüberwacht, und jemand überprüfte die Autos und Gesichter, die dort vorfuhren. Oder ihr Vater hatte unbemerkt den Knopf einer Fernbedienung gedrückt.
Ihr Fluchtplan war noch viel zu unausgereift. So einfach konnte sie nicht weg – sonst würde sie sofort wieder aufgegriffen, und ihre Eltern würden nur umso besser auf sie aufpassen.
Eine Bewegung ließ ihren Kopf zur Haustür schnellen. Zwei dunkel gekleidete Männer kamen herein. Einer von ihnen war ein großer, bulliger Typ mit finsterem Blick. Der andere war etwas kleiner, ebenfalls kräftig, aber aus seinen Augen blitzte eine wachsame Intelligenz.
»Entschuldigt mich kurz.« Finas Vater ging zu den Fremden, sprach kurz mit ihnen und kehrte zurück. Die dunklen Männer verschwanden wieder nach draußen.
»Was für welche waren das denn?«, zischte Fina. Sie ahnte die Antwort, noch bevor ihr Vater es zugab: »Das waren zwei meiner Bodyguards. Die anderen warten draußen. Sie werden dich beschützen, solange ihr hier seid.«
Fina lachte auf. Ihre letzte Hoffnung zerfiel. So würde sie es nicht einmal bis zum Auto schaffen.
Hieß das, ihre Eltern ahnten, dass sie fliehen wollte? Oder glaubten sie tatsächlich, dass die Bodyguards sie vor Moras Herrn beschützen konnten? Finas Lachen spitzte sich zu, drohte hysterisch zu werden. »Das ist klasse. Hast du ihnen auch gesagt, dass wir uns vor Rumpelstilzchen fürchten?«
»Pscht!« Ihre Mutter legte den Zeigefinger an die Lippen. »Nicht hier, Fina. Wir werden das gleich besprechen.«
Eine junge Frau kam herein, nickte ihnen höflich zu und deutete auf eine seitliche Flügeltür. »Im Speisezimmer ist der Kaffeetisch gedeckt. Der Apfelkuchen ist frisch gebacken.«
Finas Vater lächelte ihr zu. »Danke sehr. Wir freuen uns schon darauf. Und sagen Sie doch bitte allen, sie mögen uns beim Kaffeetrinken ungestört lassen. Wenn wir etwas brauchen, klingeln wir.«
Das Mädchen nickte
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