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Der geheime Name: Roman (German Edition)

Der geheime Name: Roman (German Edition)

Titel: Der geheime Name: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Winterfeld
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sagen, presste die Worte zwischen ihrem Lachen hervor: »Das ist wirklich cool! Dass du den Menschenhandel bekämpfst!« Sie zeigte mit dem Finger auf ihn. »Weißt du: Das passt nämlich echt gut zum Thema!« Plötzlich verging ihr das Lachen, verwandelte sich in eine bittere Grimasse. »Deine Arme sind nämlich wirklich stark! Du hast mich einfach so hochgehoben und ins Auto gesetzt. Hast du das von deinen … Kunden gelernt?«
    »Fina!«, fuhr ihre Mutter dazwischen. »Du kennst deinen Vater doch gar nicht!«
    Tränen drängten sich in Finas Augen. Sie presste die Lippen aufeinander, damit sie nicht anfingen zu zittern. »Stimmt. Ich kenne ihn nicht. Dann sollte ich wohl lieber die Klappe halten, bevor ich ungerecht werde.« Sie blickte wieder aus dem Fenster. Die Entfernung nach München hatte sich auf vierzig Kilometer verkürzt. Doch mehr konnte sie nicht sehen, ehe der Tränenschleier das Bild der Autobahn verschwimmen ließ.
    Ihre Mutter seufzte. »Es tut mir wirklich leid, dass wir dich so belogen haben. Aber glaub mir, Fina, wir hatten keine andere Wahl.«
    Fina schnaubte. Sie lauschte dem Tickern des Blinkers und sah nach draußen, als ihr Vater auf eine Ausfahrt fuhr. Sie blinzelte, damit sie etwas erkennen konnte. Ihr Blick streifte ein McDonalds-Schild, nur wenige hundert Meter von der Autobahn entfernt. Sie wischte die Tränen beiseite, studierte hastig die Ortsnamen auf den gelben Schildern. Sie musste sich den Weg einprägen.
    »Hast du früher auch schon von ihm geträumt?« Ihre Mutter durchbrach die Stille.
    Fina zuckte zusammen. »Von wem?« Sie dachte an Mora, an ihren geheimen Traum. Fast jede Nacht hatte sie von ihm geträumt. Auch wenn sie sich nie daran hatte erinnern können, jetzt wusste sie, dass es immer schon Mora gewesen war. Aber ihre Mutter wäre die Letzte, der sie davon erzählen würde.
    Susannes Gesicht war blass geworden. »Das ist es ja gerade. Ich weiß seinen Namen nicht. Das war mein größter Fehler. Dass ich geglaubt habe, er würde Rumpelstilzchen heißen.«
    Finas Gedanken wirbelten durcheinander. Ihre Mutter sprach nicht von Mora. Sie sprach von seinem Herrn, von der unsichtbaren Kreatur, die mit goldenen Schneebällen um sich warf. Fina schüttelte sich, versuchte, sich der absurden Situation zu entziehen. Sicher würde sie gleich aufwachen.
    Doch das Gesicht ihrer Mutter blieb leichenblass, der Motor des Autos brummte weiter, und der Gegenverkehr rauschte an ihnen vorbei. Sie fuhren auf einer süddeutschen Landstraße und befanden sich im 21. Jahrhundert. »Hast du gerade Rumpelstilzchen gesagt?«
    Ihre Mutter lachte verzweifelt. »Mein Gott, Fina. Das ist so eine furchtbare Geschichte. Ich hab einen solchen Fehler gemacht.«
    Fina starrte ihre Mutter an. Sie meinte es ernst. Sie sprach von einem Märchen, in dem sie die Hauptrollen spielten. Plötzlich fiel es Fina wie Schuppen von den Augen, die Worte Gold und Kind und Männlein drehten sich in ihrem Kopf. Ein viertes Wort kam dazu: Müllerstochter.
    Ihre Mutter war die arme Müllerstochter. Rumpelstilzchen hatte ihr geholfen, das Stroh in Gold zu verwandeln. Und im Gegenzug hatte sie ihm ihr erstes Kind versprochen!
    »Ach du Scheiße!« Finas Mund blieb offen stehen. »Du hast mich tatsächlich an diese Kreatur verkauft?«
    Der Kopf ihrer Mutter fuhr herum. Doch ihr Blick erreichte sie nicht, blieb auf halbem Weg an der Automatikschaltung der Limousine haften. »Ich war noch so jung, Fina. Jung und verliebt und bereit, alles für meine Liebe zu tun. Der Gedanke an ein Kind war noch so weit weg. Ich habe meinen Schwur damals gar nicht richtig begriffen.« Endlich drehte sie sich zu Fina um. Tränen glitzerten auf ihrem Gesicht.
    Fina wich ihrem Blick aus. Ihre Mutter hatte sie verkauft! Hatte sie an ein Monster verhökert, noch bevor sie überhaupt gezeugt worden war.
    Wieder tickerte der Blinker, ihr Blick fiel aus dem Fenster. Sie musste sich den Weg merken. So schnell wie möglich musste sie fort von ihren verlogenen Eltern.
    Ihr Vater lenkte den Wagen in eine Allee aus Kastanienbäumen. Nach einer Weile passierten sie ein Tor, das sich automatisch vor ihnen öffnete, und fuhren weiter durch einen Park, dessen Begrenzungen nicht zu erkennen waren. Fina starrte auf die Villa, die sich im Fluchtpunkt der Allee vor ihnen abzeichnete. Ein kleines Schlösschen, mit zahlreichen Türmchen und Erkern, das in makellosem Weiß in der Sonne leuchtete.
    Zu Hause!
    Fina entwich ein erneutes Lachen. Was für einer war noch

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