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Der geheime Name: Roman (German Edition)

Der geheime Name: Roman (German Edition)

Titel: Der geheime Name: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Winterfeld
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Er wünschte sich, dass das Gefühl nachließe, dass er aufhörte, sich an ihre Berührung zu erinnern. Aber selbst jetzt, nachdem er so weit geflohen war, wollte er wieder zu ihr zurück, wollte lieber die Wärme ihrer Hände fühlen, als die Erinnerung daran im eisigen Wasser fortzuspülen.
    Mora sackte am Ufer auf die Knie, spürte die Kälte des Bodens und starrte auf den See. Das Eiswasser würde alles töten, was seine Haut fühlte, würde diese Qual durch eine andere ersetzen.
    Was würde sie tun, wenn er jetzt zurückkehrte? Würde sie ihn noch einmal berühren? So ahnungslos, als wäre er ein zahmes Tier, das man nach Belieben streicheln konnte?
    Mora stöhnte auf. Er wollte, dass sie es tat! Die Gier in seinem Körper erwachte, sprang auf eine Stufe, von der es kaum noch ein Zurück gab. Mora kämpfte dagegen an. Ganz langsam stand er auf, der See verschwamm vor seinen Augen. Im nächsten Moment rannte er nach vorne, durchstieß das Eis mit seinen Füßen, stolperte und stürzte. Das Eiswasser schlug über ihm zusammen. Schmerzen rasten durch seine Haut, umfingen seinen Körper und trieben einen Strudel durch seine Gedanken. Es war ein kurzer Moment, so intensiv, als würde er sterben. Mora schrie dagegen an, besiegte den Schmerz, bis nur noch sein Stöhnen über die glatte Fläche des Sees hallte.
    In der nächsten Sekunde strömte glühende Hitze durch seinen Körper. Sein Herz pumpte das Blut in reißendem Tempo, spülte alles fort, wovor er geflohen war, jedes Gefühl, jeden Gedanken.
    Mora schwamm nach vorne, einen Zug, einen zweiten, einen dritten, immer weiter, bis er nicht mehr zählen konnte, bis die Hitze in seinen Gliedmaßen nachließ und die Kälte in seinen Körper vordrang. Dies war der Moment, in dem er umkehren sollte, niemals war er länger im Eiswasser geschwommen als bis zu diesem Zeitpunkt.
    Doch heute kehrte er nicht um. Stattdessen atmete er tief ein und tauchte unter, schwamm ein Stück unter Wasser, bis sein Kopf durch die dünne Eisdecke zurück an die Oberfläche stieß. Der Wind fing sich in seinen nassen Haaren, griff in seine Ohren und pfiff ein spöttisches Lied über den Tod, den er hier finden konnte. Er musste nur weiterschwimmen, nur noch wenig, um nicht mehr zurückkehren zu können, um das Weibchen für immer zu verlassen. Seine Hände und Füße verschmolzen bereits mit der Kälte des Wassers und verschwanden aus seiner Wahrnehmung. Auch seine Arme fingen an, sich in der eisigen Dunkelheit aufzulösen.
    Nur noch kurze Zeit, und die Schwärze des Moorsees würde ihn verschlingen.
    Bilder blitzten vor seinen Augen auf, von ertrinkenden Hasen und Eichhörnchen. Seine eigenen Hände drückten sie unter Wasser, nahmen ihnen das Leben, wie der Herr es befahl.
    Der Geheime mochte ihr Fleisch, wenn es nach Angst schmeckte, wenn es hart war von dem letzten Kampf ihrer Muskeln. Er genoss es, wenn er den Widerstand ihres Lebens mit seinen Zähnen brechen musste.
    Mora schloss die Augen. Er ahnte nur noch, wie sein Körper kämpfte, wie seine Muskeln zitterten, um die Kälte zu besiegen – und wie das Wasser seine Wärme nur umso schneller aus ihm herauszog. Jetzt würde er sterben wie diese Tiere. Er fühlte ihre Angst, seine Schuld, wusste, dass es nur gerecht wäre.
    Das Eis knisterte neben seinen Ohren. Seine Stimme war bereits erloschen, sein letztes Stöhnen verstummt. Nur ein leises Plätschern mischte sich in die Stille des Moores.
    Er wollte nicht sterben! Mora riss die Augen auf, erkannte erst jetzt, dass er bereits umgekehrt war. Das Ufer kam wieder näher. Plötzlich wollte er schneller schwimmen, wollte zurück zu dem Weibchen, zurück zu dem Gefühl, das er hier in der Kälte ertränkt hatte. Er wollte lieber bösartig sein als tot. Lieber wollte er sich ihrer Strafe unterwerfen, als in der einsamen Tiefe eines Moorsees zu versinken.
    Doch er fühlte nichts mehr, nicht seine Arme, nicht seine Beine, nur noch die letzte Wärme seines Herzschlags.
    Sein Blut würde immer langsamer durch seinen Körper gepumpt, würde sich kräuseln und knisternde Kristalle formen wie das Wasser, das er mit den Händen zerteilte. Er konnte sehen, dass sie die Bewegung noch ausführten, dass sie seinen Gedanken noch immer gehorchten.
    Ein letzter Impuls jagte durch seinen Körper, trieb eine heiße Welle durch seine Adern. Sein Herzschlag wurde wieder kräftiger, pumpte das Blut wieder schneller, um die Kälte zu besiegen, um seine Arme und Beine voranzutreiben.
    Er musste leben, musste

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