Der geheime Name: Roman (German Edition)
ihren Blick zurück.
Es war Moras Hand. Er hielt sie fest.
Sie durfte nicht wieder gehen. Ganz egal, wie gefährlich sein Herr sein mochte.
12. Kapitel
M ora erholte sich immer schneller von seiner Krankheit und drängte darauf, die Arbeiten in der Höhle zu übernehmen. Fina musste ihn zurückhalten, damit er sich nicht verausgabte. Aber bei vielen Dingen war sie auf ihn angewiesen. Nur er wusste, wo sie Nahrung und Wasser fanden, und nur er konnte die Kessel über das Feuer hängen.
Dennoch bestand sie darauf, ihn bei allem zu begleiten. So lernte sie den Pfad kennen, der zu einem sauberen Quellbecken führte, Mora zeigte ihr den Holzschuppen, der sich in einem dichten Gebüsch verbarg und in dem das Brennholz für den Winter trocknete, und schließlich erfuhr sie von dem Erdkeller, in dem er Kartoffeln, Buchweizen und Nüsse, getrocknete Früchte und Fleisch aufbewahrte. Es war ein hohler Erdhügel, den Mora von innen mit Holz abgestützt hatte und in dem es trocken und kühl war. Fina staunte über die Vorräte, die dort lagerten, vermutlich genug für den ganzen Winter.
Nach und nach erklärte Mora ihr, wie man Buchweizenmehl zu Fladenbrot und Pfannkuchen verarbeitete und wie die Wald- und Moorpflanzen aussahen, die er zum Essen pflückte.
Tag um Tag verging, und Fina blieb einfach bei ihm. Sie musste dafür sorgen, dass er sein Antibiotikum weiterhin nahm. Mit diesem Gedanken beschwichtigte sie ihr schlechtes Gewissen – und mit der Tatsache, dass sie ihrer Großmutter wenigstens geschrieben hatte, wie lange sie wegbleiben würde. Ich muss jemandem helfen, hatte sie in der Küche auf einen Zettel gekritzelt, womöglich dauert es ein paar Wochen, bis ich wiederkomme, also mach dir keine Sorgen.
Fina hoffte, dass die Worte ausreichten, um ihre Oma zu beruhigen, und verdrängte den Gedanken, so gut sie konnte.
Es war wichtig, dass sie bei Mora blieb. Endlich fing sie an, sein Vertrauen zu gewinnen. Er duckte sich nicht mehr vor ihr und versuchte manchmal sogar, ihre Worte zu benutzen.
Fina begann damit, ihn vorsichtig auszufragen, woher er die Nahrungsmittel hatte, die er in seinem Lager aufbewahrte, und Mora berichtete ihr von einer Lichtung, auf der Kartoffeln wuchsen. Er erklärte ihr, dass man Buchweizen im Moor anbauen konnte, und erzählte ihr von dem Bienenvolk, das neben dem Buchweizenfeld lebte und von dem der dunkle Honig stammte, den Fina so liebte. Schließlich zeigte Mora ihr die verschiedenen Beeren, die er im Moor und im Wald sammelte. Sie erfuhr, dass man Moosbeeren besser erst nach dem Frost erntete, weil sie dann süßer waren, und Mora warnte sie vor den Rauschbeeren, die zwar fast genauso aussahen und so ähnlich schmeckten wie Heidelbeeren, die aber zu Schwindel und Übelkeit führen konnten, wenn man zu viele von ihnen aß.
Während sie nebeneinander auf seinem Schlaflager saßen, lauschte Fina seiner leisen Stimme. Durch das Loch über dem Feuer drang bereits die Dunkelheit in die Höhle. Reste von getrocknetem Fleisch und dem Buchweizenfladenbrot lagen noch vor ihnen, und dazwischen standen die Schälchen mit den verschiedenen Beeren.
Während sie Mora zuhörte, wünschte Fina sich wohl zum tausendsten Mal, endlich sein Gesicht unter dem Bart zu sehen. Sie hatte ihm schon vieles von dem gezeigt, was sie mitgebracht hatte – aber für das, was ihr am wichtigsten war, hatte sie noch nicht genug Mut gefunden.
Als Mora schließlich aufhörte zu erzählen, ging sie zu ihrem Rucksack und holte es heraus: Sie verbarg die Schere und das Rasierzeug halb in ihren Fäusten, während sie sich wieder vor Mora niederließ. »Kennst du so etwas?« Sie öffnete ihre Hände.
Er schüttelte verständnislos den Kopf.
Der Reihe nach hielt sie die Gegenstände in seine Richtung: »Das ist eine Schere und das ein Rasierer, ein Rasierpinsel und Seife. Willst du wissen, wozu man das benutzt?« Fina nahm die Schere, fasste eine Strähne ihrer Haare und schnitt ein kleines Stück davon ab.
»Nein!« Mora stöhnte auf.
Fina musste lachen. Sie hielt ihm die Haare entgegen. »Das tut nicht weh. Und das hier auch nicht:« Sie krempelte ihre Hose ein Stückchen hoch und rasierte über die Härchen an ihrem Schienbein. »Damit macht man nur die Haare ab. Eigentlich ist es dazu da, um das Gesicht zu rasieren.« Sie deutete vorsichtig auf Moras Bart.
Mora wich vor ihr zurück, fasste sich an sein Kinn und starrte sie entsetzt an.
»Also wenn du es nicht willst, dann müssen wir das nicht tun – aber
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