Der Geheime Orden
Schnösel.«
»Wie ich schon sagte, ich gehe auch nicht mit Sportidioten aus.«
»Mit wem gehst du dann aus, Ashley Garrett?«
»Ich gehe gar nicht aus«, sagte sie mit einem Lächeln, bevor sie ins Taxi stieg. »Ich treffe mich mit Leuten, erinnerst du dich?«
Und mir nichts, dir nichts stand ich allein an einer kalten Bostoner Straßenecke und fragte mich, wie ein Mädchen, das ich kaum kannte, mich so herrlich hilflos machen konnte.
16
Die Sonntage in Cambridge waren meine Lieblingstage. Es war der einzige Tag ohne Training; der Speisesaal öffnete später und länger für einen Brunch, und die Aktivitäten auf dem Campus schienen sich zu verlangsamen, als würden sich alle von den Strapazen der Freitag- und Samstagnacht erholen. Heute hatte ich ein paar Stunden länger geschlafen, war dann aufgestanden und hatte mich Percy und einem seiner Kumpel zum Brunch angeschlossen. Es wurde eine ziemlich ereignislose Angelegenheit, die ich mehr tolerierte, als dass ich mich daran beteiligte, und dann verabschiedeten die beiden sich zu der Regatta, während ich auf mein Zimmer zurückkehrte. Als ich die Tür öffnen wollte, bemerkte ich eine Nachricht an unserem Anschlagbrett:
Spencer, ruf mich bei Gelegenheit an. 8-2357.
G. Stromberger
Ich war aus zwei Gründen überrascht. Zum Ersten musste es Stromberger eine gewisse Mühe gekostet haben, mich zu finden. Ich hatte ihr nur meinen Vornamen gesagt, als wir uns im Crimson unterhalten hatten, und ich hatte nicht erwähnt, in welchem Haus ich wohnte oder irgendetwas anderes, anhand dessen sie mich identifizieren konnte. Zum Zweiten fragte ich mich, warum sie sich die Mühe gemacht hatte, den ganzen Weg bis zu meinem Zimmer zu gehen, wenn sie einfach anrufen und eine Nachricht auf meinem Anrufbeantworter hätte hinterlassen können. Alle unsere Nummern waren im Studententelefonbuch aufgeführt. Wenn sie herausfinden konnte, wo ich wohnte, musste sie auch meine Nummer wissen.
Ich ging hinein und wählte ihre Nummer. Eine ihrer Mitbewohnerinnen hob ab und erklärte mir in einem schweren, russischen Akzent, dass sie drüben im Crimson war . Also versuchte ich es dort und wurde in die Redaktion durchgestellt.
Als Stromberger schließlich an den Apparat ging, sagte ich: »Hier ist Spencer Collins. Ich habe gerade deine Nachricht gelesen.«
»Hallo, Spencer«, sagte sie. »Ich hatte kurz bei dir vorbeigeschaut.« Sie sprach, als wären wir alte Freunde. »Ich habe etwas, das ich dir zeigen wollte.«
»Was?«
»Ich hab mich erinnert, dass du nach Informationen über diesen Studenten gesucht hast, der 1927 verschwunden war. Erasmus Abbott. Nun, ich musste für eine Story recherchieren, und plötzlich stieß ich auf den Namen Abbott. Ich habe die Schreibweise überprüft, und so führte eins zum anderen, und plötzlich las ich einen Artikel im Indy von 1972 über einen Collander Abbott.«
Indy war der Spitzname des Harvard Independent, ein wöchentliches Nachrichtenmagazin mit längeren, gewagteren Artikeln als im täglich erscheinenden Crimson.
»Wo ist der Artikel jetzt?«, fragte ich.
»Hier bei mir im Crimson.«
»Ich bin in zehn Minuten bei dir.«
»Nimm dieselbe Tür wie letztes Mal.«
Stromberger öffnete mir und führte mich eilig in ein dunkles Büro im hinteren Teil des Gebäudes. Dieses Büro sah anders aus als das, was ich letztes Mal benutzen durfte. Stromberger trug ausgebeulte Jeans, ein fadenscheiniges Stanford-Sweatshirt und eine Baseballmütze. Sie sah aus, als hätte sie seit Tagen nicht geschlafen.
»Du siehst grässlich aus«, sagte ich, als sie das Licht eingeschaltet hatte.
»So fühle ich mich auch«, sagte sie. »Und ich muss bis Mitternacht noch drei weitere Artikel durchgehen.«
»Sieht nicht so aus, als würdest du es schaffen.«
»Gott sei Dank ist es meine letzte Woche in dieser Schicht«, sagte sie. »Noch so einen Tag würde ich nicht überleben.«
»Warum tust du dir das an?«
»Time, Newsweek, New York Times und der Boston Globe«, sagte sie. »Irgendwann in den letzten fünf Jahren ist bei jeder dieser Zeitungen der Chefredakteursposten mit jemandem besetzt worden, der früher mal Redakteur beim Crimson war. Wenn du jetzt deine Zeit opferst, kannst du später die Früchte ernten.«
»Ich hoffe, das ist es wert.«
»Glaub mir, wenn dein Name ganz oben im Impressum einer Zeitung steht, die von Millionen Leuten gelesen wird, ist es jede gottverdammte Sekunde wert. Aber der Weg dorthin führt nun mal durch die
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