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Der Geheime Orden

Der Geheime Orden

Titel: Der Geheime Orden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Smith
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etwas davon gehört, bis ein Germanistikstudent, der einen Stock unter mir wohnt, mir davon erzählt hat.«
    »Vielleicht gibt es eine Liste aller Absolventen, geordnet nach ihren Heimatorten«, sagte ich.
    »Hab ich schon versucht«, sagte Dalton. »Ich bin zum Alumnibüro gegangen, um ihre Aufzeichnungen durchzugehen, aber die Absolventen sind dort entweder nach Namen oder nach Jahrgängen sortiert.«
    Wir überquerten die Straße und gingen den gewundenen Pfad hinter den dunklen Höfen der Uferhäuser entlang, durchquerten die tiefen Schatten unter den neuen Leverett-Hochhäusern und kamen an den weitläufigen Altbauten des Leverett vorüber. Dalton verlangsamte seine Schritte, als wir uns dem langen, makellosen Haus näherten, das den Namen seiner Familie trug. Er blickte eine Weile auf Winthrop House, als müsse er seine gegenwärtige Existenz mit der Geschichte sämtlicher Generationen versöhnen, die schon lange verschwunden waren.
    »Warum bist du so besessen von den Altehrwürdigen Neun?«, fragte ich.
    Er ging näher an den Hof des Winthrop House heran und legte beide Hände um das schmiedeeiserne Gitter.
    »Das reicht weit zurück«, sagte er und starrte noch immer in den dunklen Hof. »Solange ich denken kann, war ich von den Gerüchten um die Altehrwürdigen Neun fasziniert. Nachdem ich als Kind dieses Hosenband gefunden hatte, hielt ich das Versprechen, das ich Tante Teddy gegeben hatte, und erwähnte es niemandem gegenüber. Aber das bedeutete noch lange nicht, dass ich es vergessen hatte. Ich hatte das Gefühl, dass dieses Hosenband etwas Magisches, gleichzeitig aber auch etwas Gefährliches und Geheimnisvolles hatte. Immer wieder bin ich zurückgekehrt, habe mir diese seltsame kleine Kiste mit all den Diamanten angeschaut und mich gefragt, warum Onkel Randolph etwas so Kostbares in seiner Garderobe versteckte. Später, mit dreizehn, habe ich dann noch etwas gesehen, das ich nicht sehen durfte.«
    Dalton drehte sich um, bückte sich nach einem Kieselstein und warf ihn über die Straße in den Fluss.
    »Ich habe gesehen, wie Onkel Randolph einen anderen Mann geküsst hat«, fügte er hinzu.
    »War er schwul?«
    »Damals wusste ich nicht einmal, was schwul bedeutete«, erwiderte Dalton. »Eines Sommers in Wild Winds stand ich im ersten Stock an dem Fenster, an dem du auch gesessen hast. Ich schaute den Booten zu, die den Fluss hinunterfuhren, als ich Onkel Randolph und einen anderen Mann im Felsengarten sitzen sah. Sie unterhielten sich eine Weile, und als der Mann aufbrechen wollte, küsste Onkel Randolph ihn erst auf beide Wangen und dann auf die Stirn.«
    »Hast du es jemandem erzählt?«
    »Ich habe es zwei Jahre lang für mich behalten, bis Tante Teddy einmal für irgendeine Kunstauktion nach Boston flog und bei uns übernachtet hat. An dem Abend besuchte ich sie in ihrem Schlafzimmer, und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es in Ordnung wäre, es ihr zu erzählen. Also setzte ich mich zu ihr und berichtete, was ich gesehen hatte. Daraufhin erklärte sie mir alles. Naja, zumindest so viel, wie sie selber zu der Zeit darüber wusste.«
    »War sie denn nicht sauer?«
    »Überhaupt nicht. Sie hat sogar darüber gelacht. Sie ließ mich noch einmal schwören, dass ich alles für mich behalten würde. Dann erzählte sie mir von dem Hosenband und den Altehrwürdigen Neun und dem Mann, den Onkel Randolph geküsst hatte. Es war kein Kuss zwischen Liebhabern, sondern zwischen Brüdern. Keinen leiblichen Brüdern, sondern Brüder in dieser Gemeinschaft, die nur aus Männern bestand. Sie hatten eine besondere Art und Weise, wie sie einander küssten, wenn niemand dabei war. Durch Zufall hatte sie es selbst einmal gesehen. Als sie Onkel Randolph deswegen zur Rede stellte, hatte er ihr immerhin so viel erklärt, der Kuss habe mit einem besonderen Männer bund zu tun. Aber mit Einzelheiten wollte er nicht herausrücken. Du kannst dir wohl vorstellen … ich war ein Teenager, der gerade herausgefunden hatte, dass sein Lieblingsonkel Mitglied in einer Geheimgesellschaft von Männern war, die dieses Hosenband trugen, sich heimlich trafen und sich sogar küssten, wenn niemand zusah. Von diesem Augenblick an wollte ich unbedingt herausfinden, was die Altehrwürdigen Neun genau taten und warum sie so viele Geheimnisse hatten.«
    »Eine Sache verstehe ich nicht«, sagte ich. »Wenn du so viel darüber wusstest und dein Onkel wollte, dass du Mitglied des Delphic wirst, warum bist du dem Club dann nicht einfach

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