Der Geheime Orden
Religionsgeschichte zu veranstalten. Ich habe ihm eine Kopie des Zitats gefaxt, und er meint, dass er Ihnen vielleicht helfen könnte.«
»Wann soll ich ihn anrufen?«
»Sofort. Er erwartet Ihren Anruf.«
Ich steckte das Stück Papier in meine Jacke und stand auf. »Vielen Dank für Ihre Hilfe, Reverend Campbell«, sagte ich. »Ich bin Ihnen sehr verbunden, dass Sie sich die Zeit dafür genommen haben.«
»Ich bin immer gern bereit zu helfen«, sagte er mit einem Lächeln. »Viel Glück für die neue Basketballsaison. Und sehen Sie um Himmels willen zu, dass Sie in diesem Jahr die verdammten Princeton Tigers schlagen. Mein Cousin unterrichtet dort unten Philosophie, und noch ein Jahr mit seinen hämischen Kommentaren über einen weiteren Sieg von Princeton halte ich nicht aus.«
»Machen Sie sich keine Sorgen, in dieser Saison haben wir ein Rezept gegen sie«, sagte ich. »Wir haben einen Neuen aus New York, einen der besten Neuzugänge der Liga. Wenn er mit uns aufläuft, werden wir eine ganz andere Mannschaft sein.«
Campbell erhob sich und lächelte. »Ja, ich habe schon von dem jungen Mann gehört. Wenn man den Gerüchten glauben darf, ist er ein ebenso guter Boxer, wie er Basketballspieler ist.«
Ich kann nicht einmal sagen, dass ich überrascht war, dass Campbell von dem Zwischenfall gehört hatte. Es schien kaum etwa zu geben, das der rundliche kleine Pastor nicht wusste.
24
Der berühmte Charles Davenport ging selbst an den Apparat, eine gar nicht so seltene Sitte unter den meisten Harvardprofessoren. An der Universität herrschte der Grundsatz, dass die Professoren für die Ausbildung der Studenten da waren, und ganz egal, wie anerkannt sie international auch sein mochten, sie mussten vor allem für diejenigen erreichbar bleiben, die letztendlich den Zweck der Universität darstellten. Anders als die Titanen der Wirtschaft also, die sich in luxuriösen Büros verschanzten und hinter Horden von Türwächtern versteckten, waren einige der berühmtesten Intellektuellen der Welt für alle erreichbar, die ihrer Hilfe bedurften. Davenport schien ehrlich erfreut, als ich ihm meinen Namen und den Zweck meines Anrufs nannte. Er schlug mir vor, direkt in sein Büro zu kommen.
Die meisten Gebäude der theologischen Fakultät lagen auf der Nordseite des Yards an der Francis Avenue, hinter dem naturwissenschaftlichen Komplex und gegenüber vom Gewächshaus der organischen und Evolutionsbiologie. Das zentrale Gebäude der Fakultät war die Andover Hall, in der sich die großen Hörsäle, die Büros der Verwaltung und eine Kapelle befanden. Ich war noch nie in diesem Teil des Campus gewesen, in erster Linie, weil ich keinen vernünftigen Grund hatte, dort zu sein, aber auch, weil die Studenten und die Postgraduierten in der Regel unter sich blieben. Es gab allerdings Gelegenheiten, bei denen man sich begegnete, etwa bei der Mentorenzusammenarbeit oder bei Treffen der Sportmannschaften.
Abgesehen davon lebten wir wie auf unterschiedlichen Planeten.
Harvard bot einige der besten weiterführenden Studiengänge der Welt, doch es gab ein ungeschriebenes Gesetz, dass die Collegestudenten und die Postgraduierten sich nicht gut miteinander vertrugen. Das hatte viel mit der Einstellung der Postgraduierten zu tun, besonders in der Law School und der Business School. Wir normalen Studenten waren zwar eine ziemlich selbstbewusste und stolze Bande, manche würden sogar von Arroganz reden, aber die Graduierten hatten die Arroganz auf ein ungeahntes neues Niveau gehoben. Was uns besonders auf die Nerven ging, war die Tatsache, dass die meisten dieser Postgraduierten von Colleges kamen, von denen wir nie zuvor gehört hatten, und wenn sie dann plötzlich auf dem Campus waren und »Harvard« hinter ihre Namen setzen konnten, wurden sie über Nacht zu anderen Menschen. Sie wurden so überheblich und über die Maßen stolz, dass es beinahe abscheulich war. Darüber hinaus entwickelten sie eine ziemlich schnelle und ernsthafte Form der Amnesie, denn wenn irgendjemand außerhalb von Harvard sie danach fragte, wo sie studiert hätten, sagten sie stets: »Harvard«. Man musste ihnen den Namen ihrer Colleges förmlich aus dem Leib prügeln.
Es war nicht gerade einfach, Davenports Büro zu finden. Er steckte in einem kleinen Loch im Untergeschoss wie ein Stück Obst, das einst frisch und knackig gewesen war, jetzt aber fast vergessen ganz hinten im Kühlschrank lag und verrottete, bis der Gestank so schlimm wurde, dass man es
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