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Der Geheime Orden

Der Geheime Orden

Titel: Der Geheime Orden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Smith
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wegwerfen musste. Seine Tür war angelehnt, als ich mich ihr näherte. Nachdem ich angeklopft hatte, bat er mich einzutreten.
    Es gab zwei Dinge an Professor Davenport, die man niemals vergaß, wenn man ihm einmal begegnet war. Er hatte die wahrscheinlich größten Ohren, die je ein Mann auf Erden gehabt hat: lange, teigige Lappen, die über seine Unterkiefer hingen und aus denen die Haare in Büscheln wuchsen. Und dann gab es noch seine Brille, groß und schwarz und viereckig, die durch seinen kahlen Schädel nur noch mehr hervorgehoben wurde. Das Büro war bitterkalt, dunkler als ein Mausoleum und dermaßen mit Büchern vollgestopft, dass ich weder die Oberfläche seines Schreibtisches noch irgendein anderes Möbelstück darunter ausmachen konnte. Er saß in einem der hölzernen Harvardstühle und hielt ein Manuskript in der Hand, das aussah, als hätte jemand es auf einer alten Underwood-Schreibmaschine zusammengehämmert.
    »Schieben Sie die Sachen da zur Seite und setzen Sie sich«, sagte er und deutete auf einen Hocker, auf dem ein Bücherstapel von ungefähr meiner Größe stand. »Entschuldigen Sie die Unordnung, aber so sieht es nun mal aus, wenn man so lange dabei gewesen ist wie ich.«
    Ich räumte mir den Hocker frei, achtete darauf, nicht auf irgendwelche Papiere auf dem Fußboden zu treten, und setzte mich auf den Hocker neben seinem imaginären Schreibtisch.
    »Lenny hat mich letzte Woche angerufen und mir von Ihrem Dilemma erzählt«, sagte er und lehnte sich in seinem wackeligen Drehstuhl zurück.
    Ich starrte über seinen Kopf hinweg auf eine Wand voller Urkunden und Ehrendoktorwürden von den berühmtesten Universitäten der Welt. Auf einem Stuhl in einer Ecke des Büros war ohne Rücksicht auf sein Prestige ein Oxford-Diplom in einem bescheidenen Rahmen schief abgestellt worden. Es hätte genauso gut eine Urkunde des örtlichen Kleingartenvereins sein können, denn wichtiger als eine solche schien es ihm nicht zu sein.
    »Tut mir Leid, dass ich mich nicht eher bei Ihnen gemeldet habe, aber ich habe verdammt kämpfen müssen, um diese Erkältung endlich loszuwerden«, sagte er. »Sie hatte mir drei Wochen lang förmlich den Atem geraubt. Wie auch immer, ich hatte schließlich die Gelegenheit gefunden, mich hinzusetzen und mir ihr Zitat einmal genauer anzusehen. Ich muss gestehen, dass ich sofort fasziniert davon war. Wo in aller Welt haben Sie es gefunden?«
    »In einem Tagebuch«, sagte ich.
    »Tatsächlich?« Er nickte bedächtig und runzelte die Stirn. »Nur damit ich es richtig verstehe: War es ein persönliches Tagebuch oder handelte es sich um eine Art religiöses Dokument, das jemand in seinem Tagebuch aufbewahrt hatte?«
    »Nein, es war direkt ins Tagebuch geschrieben«, sagte ich.
    Ich konnte regelrecht hören, wie das Getriebe in seinem Kopf knirschte, während er meine Worte überdachte. Sein Körper mochte knorrig und von Arthritis gebeutelt sein, doch sein Hirn hatte noch kein bisschen an Leistung eingebüßt.
    »Und die Person, die Ihnen ihr Tagebuch gegeben hat, ist tot?«, fragte er.
    »Ja«, sagte ich, »aber ich habe es eher durch Zufall gefunden.«
    Er beugte sich über den Tisch und machte sich mit knorrigen Fingern eine Notiz. Er hielt einen Augenblick inne und dachte über das nach, was er gerade geschrieben hatte, bevor er sich erneut hinunterbeugte und noch etwas dazuschrieb. Als er zufrieden war, legte er den Stift auf den Schreibtisch und ließ sich in seinen Stuhl zurücksinken.
    »Was wissen Sie über die Puritaner?«, fragte er.
    Die Frage überraschte mich. »Die Puritaner, Sir?«
    »Ja, die frühen Siedler in Neuengland, über die jeder so gern beim Erntedankfest spricht. Was wissen Sie über ihre Geschichte?«
    Mir fehlten die Worte. Was sollte ich schon über die Puritaner wissen? Alles, was ich darüber gelernt hatte, wusste ich aus Mrs. Tahans Geschichtsstunden in der vierten Klasse, und an das Meiste konnte ich mich nicht einmal erinnern. Schließlich platzte ich heraus: »Es waren einfache Leute, die auf der Mayflower in die Neue Welt gekommen und an Plymouth Rock gelandet waren, wo sie nach strengen Regeln lebten.«
    »Das ist ja schon mal ein Anfang«, sagte er lächelnd. »Aber wissen Sie etwas über ihre Ursprünge, warum es sie überhaupt gab und worin sie ihre Aufgabe sahen?«
    »Um den politischen Unbilden Englands zu entkommen und sich woanders ein neues Leben aufzubauen«, sagte ich mit einem Schulterzucken.
    »Die Puritaner waren tiefreligiöse

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