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Der Geheime Orden

Der Geheime Orden

Titel: Der Geheime Orden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Smith
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die Tribüne. Da entdeckte ich sie. Ashley saß mitten in der Menge, beherrscht und schön und ausdruckslos. Am liebsten wäre ich zusammengeschrumpft und auf der Stelle gestorben. Ich betete, dass sie gerade erst hereingekommen war, aber mir war klar, dass sie jede Sekunde unserer Niederlage gesehen hatte. Unsere Blicke begegneten sich über dem Spielfeld, und ich ließ mich so tief in meinen Sitz sinken, dass ich fast auf dem Boden lag. Es war das Erste, was ich seit der Geburtstagskatastrophe von ihr gesehen oder gehört hatte.
    Das Schlusshorn ertönte, und wir schleppten unsere 50-Punkte-Packung mit in den Umkleideraum. Der Trainer war zu verstört und erregt, um mit uns zu reden, also schickte er Zimowski vor, der den tapferen Versuch unternahm, eine positive Grundhaltung zu bewahren. Aber nichts von dem, was er sagte, spielte eine Rolle. Genauso gut hätte er einem Maler, der beide Hände verloren hatte, erzählen können, dass ihm ja noch die Arme blieben.
    Ich ließ mir Zeit beim Duschen und Ankleiden und hoffte, dass Ashley nicht lange warten und ohne mich gehen würde. Aber als ich aus dem Umkleideraum kam, saß sie einsam auf der untersten Sitzreihe. Ich war überrascht, als sie aufstand und mich mit einem Kuss auf die Lippen begrüßte.
    »Vielleicht sollten wir öfter verlieren«, sagte ich und begleitete sie durch die Hintertür hinaus in die Kälte. Sie hakte sich unter, als wir zum Fluss hinuntergingen. Die Menge hatte sich zerstreut, und das Gelände war menschenleer.
    »Du hast dein Bestes gegeben«, sagte sie.
    Ich wusste, dass sie mich aufmuntern wollte, aber diese Worte waren die schlimmsten, die ein Sportler nach einer vernichtenden Niederlage hören konnte.
    »Wir wurden auseinandergenommen, Ashley«, sagte ich. »Du musst keinen Zuckerguss darübergießen, davon wird es nicht besser. Nenn die Dinge ruhig beim Namen.«
    »Aber du hast nie aufgegeben.«
    Die zweitschlimmsten Worte.
    »Bitte, Ashley, wir haben Scheiße gespielt«, sagte ich. »Ich weiß, du versuchst freundlich zu sein, aber deine Sympathie ändert nichts daran, dass uns soeben auf unserem eigenen Platz unsere Köpfe auf dem Silbertablett serviert worden sind.«
    »Was soll ich denn sonst sagen?«
    »Die Wahrheit.«
    »Dass ihr beschissen wart.«
    »Ja.«
    »Dass ihr ausgesehen habt wie Knaben, die gegen Männer spielen.«
    Die brutale Ehrlichkeit tat gut. »Ja.«
    »Und dass ich besser spielen könnte als eure halbe Mannschaft.«
    Ich blieb am Fuß der Anderson Bridge stehen. »Jetzt lass uns aber nicht übertreiben«, sagte ich. »Wir haben uns darauf geeinigt, ehrlich zu sein, und nicht kreativ.«
    Wir gingen die Brücke hinauf und blieben in der Mitte stehen, um über den Fluss zu schauen. Es war eine klare Nacht; wir konnten bis zur Citgo-Neonreklame sehen, die über den Hochhäusern der Bostoner Innenstadt thronte. Ein dünner Strom von Autos rann durch den Storrow Drive und den Memorial Drive, und Harvards Häuser am Ufer des Charles beleuchteten den dunklen Himmel. Hunderte kleiner Fenster strahlten wie Kerzenreihen auf einem Altar. Ein einsamer Ruderer glitt mit seinem Boot durch das schwarze Wasser. Seine Bewegungen waren rhythmisch und effizient und passten perfekt zu der ruhigen, stillen Nacht.
    »Du bist zu streng mit dir selbst«, sagte Ashley. »Boston University ist eine führende Erstligamannschaft. Wie konntest du erwarten, mit einer Universität konkurrieren zu können, die Sportstipendien vergibt?«
    »Das ist eine faule Ausrede, das weißt du so gut wie ich«, sagte ich. »Das Spiel war der Gipfel der Peinlichkeit. Es ist mir egal, wie viel besser eine andere Mannschaft ist. Das ist kein Grund, so zu spielen, wie wir es getan haben. Sie sind in unsere Halle gekommen, haben uns die Herzen aus der Brust gerissen und uns anschließend ausgelacht. Wir werden nicht jedes Spiel gewinnen können, aber wir dürfen verdammt noch mal nicht wie Muttersöhnchen auftreten. Deswegen bin ich so sauer.«
    Sie streichelte mir über den Kopf, und es fühlte sich gut an, wie sie mich berührte. »Ich habe dich noch nie so wütend gesehen«, sagte sie. »Ich dachte, du würdest dem Schiedsrichter eine runterhauen, als er dir das vierte Foul anrechnete.«
    »Glaub mir, ich hab ernsthaft darüber nachgedacht.«
    Wir blieben einen Moment lang schweigend stehen und lauschten dem Klatschen des Wassers gegen die Brückenpfeiler. Der scharfe Wind ließ meine Augen tränen. Ich sah die Lichter eines Hubschraubers über die Silhouette

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