Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Geheime Orden

Der Geheime Orden

Titel: Der Geheime Orden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Smith
Vom Netzwerk:
Fenster hingen und den Studenten Rabatte gewährten. Sogar unsere griesgrämigen Professoren wurden ein kleines bisschen von der Begeisterung angesteckt. Sie nutzten plötzlich jede Gelegenheit in ihren ernsthaften und spaßfreien Vorlesungen, sich auf Kosten von Yale zu amüsieren, was von denjenigen unter uns, die es ansonsten nicht gewohnt waren, die verspielte Seite dieser trockenen Intellektuellen zu erleben, mit großem Beifall belohnt wurde.
    Große Zeitungen im ganzen Land brachten Artikel über die langjährige Tradition dieses Spiels, und auf den Titelseiten des Boston Globe, der New York Times undder Washington Post erschienenFotos erfolgreicher Paare mittleren Alters, die in traditionelle Waschbärpelze gehüllt hinter schicken Range Rovers und langen Mercedeslimousinen picknickten.
    Am Tag des Spiels herrschte ideales Footballwetter, kühl, aber nicht zu kalt, bewölkt, doch ohne große Gefahr von Regen. Je höher die Sonne stieg, desto dichter wurden die Wogen der Fans, die durch die schmalen Straßen von Cambridge strömten. Dies war mehr als ein Footballspiel, es war ein Riesenspektakel. Mehr als siebzigtausend Menschen, von denen längst nicht alle vorhatten, sich das Spiel tatsächlich anzuschauen, übernahmen die Straßen zwischen dem Square und dem Fluss bis hinüber zu den Sportanlagen auf dem Soldiers Field. Ich hatte mich mit einigen meiner Mannschaftskameraden verabredet, und wir schlossen uns dem Menschenstrom zum Stadion an. Ein Spaziergang von normalerweise zehn Minuten wurde zu einem halbstündigen Marsch, und als wir das Gelände erreichten, schien dort bereits ein einziges, gewaltiges Herbstpicknick stattzufinden. Millionenschwere Alumni schlürften Champagner und edlen Bordeaux, während ihre Kommilitonen in karierten Pullis herumliefen und mit Bällen oder Frisbees spielten.
    Die Lichtgestalten hatten bereits ihre Claims abgesteckt. Senator Ted Kennedy, Abschlussjahrgang 1954, und sein Clan behaupteten eine prominente Position auf dem ersten Parkplatz, wo sie von leinengedeckten Tischen aßen und sich von zwei Frauen in dunklen Uniformen bedienen ließen. Ich musste sofort an Bickerstaff und die Spanischprüfung denken.
    Der achtundneunzigjährige ehemalige Politprinz Hamilton Fish, Abschlussjahrgang 1910, saß eingehüllt in mehrere Schichten von Decken, darunter eine handgenähte Harvarddecke aus einer anderen Ära, in einem Korbstuhl auf dem Südparkplatz. Geduldig ertrug er eine lange Reihe von Bewunderern, die darauf warteten, den Ring küssen zu dürfen. Auch Vizepräsident George Bush, Yale 1947, war mit seiner Armee von Leibwächtern gesichtet worden. Er hatte östlich des Stadions unter einem Zelt Stellung bezogen, das durch einen Ring von Streifenwagen und langen, schwarzen Mehrzwecklimousinen mit Antennen auf der Motorhaube gesichert wurde. Zwei Krankenwagen standen mit laufenden Motoren in der Nähe.
    Das aktuelle Ergebnis des Spiels hatte keine große Bedeutung, abgesehen von dem Prahlmaterial, das es dem Sieger lieferte. Die Zahlen der Ergebnisanzeige würden immer hinter den Statistiken zurückstehen, die wirklich zählten, etwa die Anzahl der Präsidenten, die eine Universität ins Weiße Haus schicken konnte. Harvard führte dabei deutlich mit 6 zu 3. Manche machten sich nicht einmal die Mühe, sich von ihren Wagen zu entfernen, und diejenigen, die es taten, gingen nur deshalb zur Halbzeit ins Stadion, weil der Champagner ausgegangen war oder die Kaviargläser sich geleert hatten. Sogar ihre Art zu jubeln war auffällig anders. Die meiste Zeit klatschten und riefen sie nicht wie die meisten Footballfans, sondern sprachen in grammatikalisch korrekten ganzen Sätzen und sagten Sachen wie: »Ihr habt großartig gespielt«, oder »Vermöbelt sie, Harvard.« Manchmal war es schwer zu sagen, ob sie ein Footballspiel sahen oder ein Crocketmatch.
    Das Bild, das sich mir von dem vollen Stadion am tiefsten einprägte, stammt aus dem zweiten Viertel, als Harvard mit einem Touchdown in Führung ging. Als der Harvardblock im Stadion wie ein Mann aufstand, klatschten sie nicht mit den Händen, sondern klimperten mit ihren Autoschlüsseln, um ihren Beifall kundzutun. Verdutzt saß ich da und sah zu, wie Tausende von BMW-, Mercedes- und Rolls-Royce-Schlüsseln erklangen und die Band mit einem überschwänglichen Arrangement der Ten Thousand Men of Harvard einstimmte.
    Für diejenigen, die es interessiert: In jenem Jahr gewannen wir das Spiel durch einen Torschuss im letzten Viertel.

Weitere Kostenlose Bücher