Der Geheime Orden
Ring Around the Rosies singt. Nach der letzten Strophe macht ihr es genauso, wie es im Text heißt: Ihr lasst euch fallen. Wenn nicht alle zur gleichen Zeit hinfallen, müsst ihr noch mal von vorne anfangen.«
Wir tanzten um den Baum herum und sangen das Kindergartenlied, mit Augenbinden, Smokings und dem ganzen Programm. Es stellte sich schnell heraus, warum man uns geraten hatte, alte Smokings zu tragen. Bevor wir auch nur die Hälfte der ersten Strophe gesungen hatten, rannte Parkhurst gegen den Baum, und wir purzelten um wie Dominosteine.
»Gar nicht gut!«, rief Erik zwischen zwei Lachanfällen. »Nehmt euch wieder bei den Händen und fangt von vorne an.«
Erneut stolperten wir durch das ganze Programm, suchten erst unsere Hände, dann den Baum und bildeten schließlich einen Kreis. Nachdem wir ein zweites Mal um den Baum getanzt waren und es bis zum Ende des Lieds geschafft hatten, setzten wir uns alle gleichzeitig auf den kalten Boden. Zusammen mit einer Menge Schaulustiger, die sich versammelt hatten, brachen die Mitglieder in wilden Applaus aus.
Nachdem diese Aufgabe bewältigt war, stellten sie uns schnell wieder in einer Reihe auf und führten uns einen holperigen Bürgersteig entlang. Nachdem ich mich so oft um den Baum gedreht hatte, war mir der letzte Rest von Orientierungssinn verlorengegangen, und ich hatte nicht die geringste Vorstellung, wo wir uns gerade befanden. Sie stellten uns nebeneinander auf und sagten uns, wir sollten uns unterhaken.
»Okay«, sagte Hutch. »Ich will, dass ihr auf mein Zeichen singt: I’m proud to be an American, how ‘bout you? Three cheers for the red, white and blue. Aber das Wichtigste dabei ist, dass ihr abwechselnd das rechte und linke Bein in die Luft werft. Wie die Radio City Rockettes.«
Ich hatte das mulmige Gefühl, dass uns jemand mit einer Videokamera filmte. Ich musste an den Spott denken, den ich von meinen Mannschaftskameraden ernten würde, wenn sie jemals sehen könnten, was ich hier tat. Wir warteten auf Hutchs Countdown, bevor wir den Schlachtgesang unter dem Gejohle des Publikums fünf Mal herausbrüllten und einander traten und auf die Füße sprangen, während wir uns fest ineinander hakten.
Nachdem unsere Vorstellung für gut befunden worden war, stellten sie uns erneut in Marschformation auf und führten uns in einem weiten Bogen herum, bevor Pollack uns fünf Minuten später anhielt.
»Okay, wir gehen jetzt ein paar Stufen hinauf«, sagte er. »Es ist wichtig, dass ihr langsam geht. Vertraut dem Novizen vor euch.«
Wir machten uns an den langen Aufstieg, eine Stufe nach der anderen. Als wir endlich oben waren, rangen wir nach Atem. Mir war klar, dass wir gerade die Stufen zur Widener-Bibliothek hinaufgestiegen waren. Im ganzen Yard gab es keinen steileren Aufstieg.
»Jetzt ist es an der Zeit, Harvard eure besten Hüftschwünge zu zeigen«, sagte Pollack.
Sie nahmen uns die Mäntel und Smokingjacken ab und setzten uns Melonenhüte auf den Kopf.
»Wir werden ein bisschen Musik spielen, und ihr tanzt auf der Stelle. Ihr steht am Rand einer hohen Terrasse, also habt ihr sehr wenig Platz, um euch zu bewegen. Wenn jemand zu tanzen aufhört, bevor die Musik zu Ende ist, fangen wir wieder von vorne an. Am Schluss, wenn die Musik verstummt ist, müsst ihr euch umdrehen, die Hosen runterlassen und uns eure nackten Hintern zeigen. Habe ich mich verständlich ausgedrückt?«
Wir vier gaben murrend unser Einverständnis. Ich betete zu Gott, dass niemand mit einer Kamera dort stand und mein nackter Allerwertester morgen auf der Titelseite des Crimson landen würde. Meine Mutter würde mich erst verhauen und dann enterben.
Die Musik setzte ein, und wir tanzten. Ich dachte schon, wir würden es schaffen, ohne eine Meute Schaulustiger anzuziehen, doch bald hörte ich ein lautes Konzert aus Klatschen und Pfeifen. Nach endlosen Minuten endete die Musik, und ich musste all meine Willenskraft aufbringen, mich umzudrehen, den Gürtel zu lösen und meine Unterhosen herunterzulassen. Die Menge drehte durch, und nachdem die kalte Luft meinen nackten Hintern gestochen hatte, kämpfte ich wild, um meine Hose wieder hochzuzerren.
Minuten später hatten wir unsere Marschordnung wieder eingenommen und stiefelten die Treppen hinunter. Aus den Geräuschen hupender und bremsender Autos konnte ich schließen, dass wir in der Nähe einer Straße waren. Wir stiegen ein paar Stufen hinauf, gingen durch eine Tür und befanden uns in einer Eingangshalle. Ich vermutete,
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