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Der Geheime Orden

Der Geheime Orden

Titel: Der Geheime Orden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Smith
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Yard, und sie hatten dieselben unbeantworteten Fragen wie ich. Einer von ihnen hatte einen Bruder, der im Fox Club gewesen war; dieser Bruder hatte erzählt, dass vor den abschließenden Abendessen ein Initiationsritus durchgeführt wird, der sich von Club zu Club unterscheide. Sein bester Rat war, eine Stunde vorher ein bisschen Pasta zu essen und nur Sachen anzuziehen, die man ruhig wegwerfen konnte, wenn die Nacht vorbei war. Das Einzige, was an der Initiation vorhersagbar war, war ihre völlige Unvorhersagbarkeit.
     
    Dalton und ich hatten hart an dem Gedicht gearbeitet, aber selbst unsere größten Anstrengungen hatten nur zu enttäuschenden Ergebnissen geführt. Die erste Zeile, so hatten wir uns geeinigt, beschäftigte sich mit dem Herkunftsort einer Person, Ein Sprössling von Waldorf vom Rhein nicht sehr weit. Waldorf, so stellte sich heraus, war ein kleines Dorf in Deutschland, zwischen Heidelberg und dem Rhein gelegen. Wir waren überzeugt, dass Moss Sampson aus Beulah, Mississippi, gebürtig und wahrscheinlich niemals in Deutschland gewesen war. Die dritte Zeile hatte uns die größten Schwierigkeiten bereitet: Fiel hinter Neufundland ins eisige Nass. Wir hatten in diesem Punkt nur wenige Fortschritte machen können, selbst nachdem wir ungezählte Stunden lang die Geschichte Neufundlands und seiner sturmerprobten Bewohner studiert hatten. Ohne eine Jahreszahl, auf die wir unsere Recherchen konzentrieren konnten, hatten wir es mit einer langen und komplizierten Geschichte zu tun, die bis ins Jahr 1497 zurückreichte, als der Seefahrer und Fischer John Cabot in eine Meeresgegend segelte, in der es dermaßen von Fischen wimmelte, dass man »nicht nur mit dem Netz, sondern auch mit einem Korb fangen konnte, den man mit einem Stein beschwerte«.
    Wir hatten darin übereingestimmt, dass Sampson durchaus noch auf die letzte Zeile passen könnte, als Beschützer ihrer Kammer und ihrer Geheimnisse. Aber uns fehlte immer noch eine Erklärung für das R vor seinem Namen. Erschöpfung und Frust hatten uns übermannt, und wir kamen zu dem Schluss, dass dieses Gedicht – wenn es denn eine Ode an ihren früheren Vertrauten sein sollte – eine ziemlich seltsame Art war, an ihn zu erinnern. Vielleicht waren die Zeilen nach zu viel traditionellem Delphic-Schnaps verfasst worden. Ich ertappte mich selber immer wieder dabei, dass ich zu allen möglichen Tageszeiten das Gedicht still vor mich hin rezitierte, aber ganz gleich, wie oft ich es wiederholte, die vier wirren Zeilen wollten sich mir nicht entschlüsseln.
     
    Dann kam der Freitag. Ich war noch nervöser als damals, als ich bei einer Theateraufführung der Sonntagsschule vor der ganzen Gemeinde den Moses spielte. Endlich würde ich meine Chance bekommen, nach oben in die legendären Räume des Delphic-Hauses zu gehen, aber ich wusste nicht, was mich dort erwartete. Würden Mädchen aus Torten hüpfen oder berühmte Alumni zurückkehren, um unserer Initiation beizuwohnen? Wie bislang alles andere waren auch die Pläne für den Abend in Dunkel gehüllt. Vor zwei Tagen waren Percy und ich ins Keezers am Central Square gegangen, einen Laden, der neue und gebrauchte Smokings verkaufte und verlieh. Wir hatten einen alten Smoking gefunden, an Taille und Schulter zwar ein bisschen weit, aber für fünfzig Dollar fast wie geschenkt. Ich kaufte meine erste richtige Fliege, nachdem Percy darauf bestanden hatte, dass es schlechter Stil sei, mit einer der billigen Klemmfliegen zu erscheinen. »Eine echte Fliege gibt dem Smoking erst seinen Charakter«, beharrte er. »Ein gut gekleideter Mann würde nie etwas anderes tragen.«
    Ich war auch deshalb nervös, weil ich mir immer noch nicht vorstellen konnte, warum Brathwaite und Jacobs zugelassen hatten, dass ich ausgewählt wurde, obwohl sie wussten, dass ich den Altehrwürdigen Neun auf der Spur war. »Umarme deine Feinde besonders innig«, meinte Dalton dazu, doch ich konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass alles nur eine große Falle war, in die ich geradewegs hineinmarschierte. Es gab keine andere vernünftige Erklärung dafür, warum dieser Club für reiche und privilegierte Jungs und mächtige alte Männer seine Pforten einem armen schwarzen Jungen aus Chicago öffnen sollte. Ich fragte mich, ob sie heute Abend ihre wahren Motive offenbaren würden. Um Punkt sechs Uhr und nach zwanzig nervtötenden Minuten, in denen mir Percy helfen musste, die verdammte Fliege zu binden, klopfte es an der Tür. Als Percy öffnete,

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