Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Geheime Orden

Der Geheime Orden

Titel: Der Geheime Orden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Smith
Vom Netzwerk:
auf dem Campus hätten einen Schlaganfall erlitten, hätten sie in diesem Augenblick neben mir gestanden.
    Um sieben Uhr dreißig war die Party auf über hundert steife, marineblaue Jacketts angewachsen. Ich leerte mein Glas Cola-Alkohol versuchte ich in der laufenden Saison zu vermeiden – und fand es an der Zeit, mich ins Getümmel zu stürzen. Ich steuerte auf die Bar zu, weil es mir der geeignetste Ort erschien, eine Konversation anzubahnen. Während ich mich durch den Saal vorarbeitete, tippte mir jemand auf die Schulter. Ich drehte mich um und erblickte einen untersetzten Typen mit einer gelehrt wirkenden Brille mit runden Gläsern. Sein fetter Hals dehnte und marterte seine Krawatte.
    »Hallo, mein Name ist Clint McDowell«, sagte er mit einem leichten Lispeln. Er schwitzte dermaßen, dass die Haare an seiner Stirn klebten wie Spaghetti an einem kalten Teller. Schon bei seinem Anblick wurde mir unbehaglich. »Und wie heißt du?«
    »Spencer Collins«, sagte ich und versuchte, fest seine Hand zu drücken, doch seine schwitzige Handfläche entglitt mir wie ein Stück Seife. »Und wie läuft’s so?«
    »Großartig«, sagte er. »Bist du ein Kandidat?«
    »Genau, Abschlussjahrgang 91«, sagte ich. »Und du?«
    »Ich auch. Jahrgang 90. Das ist schon meine zweite Party in dieser Woche. Ich war vor ein paar Tagen schon auf der Cocktailparty des Phoenix Clubs.«
    »Wie war es?«
    »Verglichen mit der hier ein Trauerspiel. Die meisten Jungs waren gesellschaftlich geächtet. Sie wollten alle nur über die Uni und die Prüfungen und so was reden. Das sind die Typen, die von den Hausmeistern aus der Bibliothek geworfen werden müssen, wenn sie schließt.« McDowell beugte sich näher zu mir herüber. Ich konnte den breiten Schweißrand erkennen, der durch seinen Hemdkragen gesickert war. »Der Delphic ist tausendmal besser«, sagte er. »Die Mitglieder sind viel cooler und entspannter. Sie tun nicht so, als wäre das hier ein verdammtes Bewerbungsgespräch. Ist es deine erste Party?«
    Ich nickte. »Hab die Einladung vor ein paar Tagen bekommen«, sagte ich. »Ich muss zugeben, dass ich nicht allzu viel über diese Clubs weiß, aber ich sagte mir, probier’s einfach mal aus, was kann schon Schlimmes passieren? Ich kriege tolles Essen in einem schicken Haus, und dann gehe ich zurück in mein Zimmer und schlafe mit vollem Bauch ein.«
    »Nun ja, vielleicht kann ich dir ein paar Tipps geben«, sagte McDowell. »Ich war letztes Jahr schon Kandidat bei einigen Clubs gewesen, hab’s aber bei keinem geschafft. Die wichtigste Lektion, die ich dabei gelernt habe, lautet, dass du auf diesen Partys besonders gesellig sein und mit so vielen Mitgliedern wie möglich sprechen musst. Du musst ihnen klarmachen, dass es für dich das Wichtigste auf der Welt ist, in ihren Club zu kommen. Je mehr Mitglieder du beeindruckst, desto mehr Stimmen bekommst du bei den Wahlversammlungen.« Er legte seine stummelige Hand auf meine Schulter, und ich verspürte das dringende Bedürfnis, sofort zu duschen. »Nichts für ungut, aber mein größter Fehler im letzten Jahr war, dass ich zu lange mit den anderen Kandidaten geredet und nicht lange genug mit den Mitgliedern geplaudert habe. Niemand mag Arschkriecher, aber du kannst mir ruhig glauben: Wenn du bis in die letzte Runde kommen willst, solltest du wissen, wie der Hase läuft.«
    Ich nickte nur. Was hätte ich sonst auch tun sollen? Ich wollte so wie jeder andere in die nächste Runde kommen, aber ich würde ums Verrecken nicht in irgendeinen blaublütigen Arsch kriechen, nur um ihren gönnerhaften Beifall zu finden. Ich hatte vielleicht nicht ihre schicken Autos und Sommerhäuser, aber ich besaß eine Menge Stolz, und das würde sich auch niemals ändern. Es machte mir nichts aus, mich in kleinen Dingen anzupassen, aber ich würde niemals einer sein, der ich nicht wirklich bin. Was immer es mir bringen mochte, ich war und blieb das Kind aus dem Chicagoer Süden.
    McDowell zog seine Manschette zurück, die von goldenen Knöpfen mit Smaragden zusammengehalten wurde, und starrte auf das Quarzglas seiner Cartier-Armbanduhr. »Nun denn, Zeit für mich, ein Mitglied zu finden«, verkündete er. »Ich habe seit fünfzehn Minuten mit niemandem mehr gesprochen. Vielleicht sehen wir uns ja in der nächsten Runde wieder. Viel Glück.« Ich glitt erneut aus seiner Hand und beobachtete dieses soziale Chamäleon, wie es sich an seine nächste Beute heranschlich.
    Ich bewegte mich weiter auf die Bar zu und

Weitere Kostenlose Bücher