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Der Geheime Orden

Der Geheime Orden

Titel: Der Geheime Orden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Smith
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in Kunstgeschichte waren dank einer Vorlesungsreihe über die alten italienischen Meister nur unwesentlich aufgepäppelt worden, doch ich wusste genug, um zu erkennen, dass diese Gemälde eine Menge wert waren. Ich zählte zehn Porträts, auf denen der Name »Jacobs« auf den Messingschildchen auftauchte, zumeist nüchtern dreinschauende, kahlköpfige Männer mit eingefallenen Wangen und energischen Unterkiefern. Es gab auch zwei grauhaarige Frauen, die wie Schwestern aussahen. Die Perlen auf ihren langen Ketten besaßen die Größe von Golfbällen. Bis auf das letzte Gemälde, dessen Signatur ich nicht entziffern konnte, stammten alle Porträts von John Singer Sargent.
    Langsam schlenderte ich den Gang hinunter. Als der Butler im Foyer endlich aus meinem Sichtfeld verschwunden war, gönnte ich mir den einen oder anderen Blick durch die geöffneten Türen. Die Räume wurden von Mal zu Mal größer; ich sah Flügel mit glänzenden Ebenholztasten, antike Möbel, goldgerahmte Gemälde und genug Bücherregale, um eine zweite Harvard-Bibliothek anlegen zu können. Weiter unten im Flur standen Marmorbüsten verstorbener Familienangehöriger hinter Glas in beleuchteten Nischen. Die meisten stammten aus dem späten 18. bis zum frühen 20. Jahrhundert. Die Topfpflanzen, mit denen der Korridor geschmückt war, sahen wie Miniaturbäume aus. Ich fragte mich die ganze Zeit, wie eine einzelne Familie dieses riesige Haus bewohnen konnte.
    Schließlich erreichte ich das Ende des Gangs. Dichte Rauchschwaden durchzogen den Raum und verwischten die Gesichter und Bewegungen. Ein vierköpfiges Empfangskomitee hatte sich direkt hinter der Tür aufgereiht. Ihre identischen marineblauen Jacketts, Khakihosen und Slipper ließen sie wie uniformiert aussehen. Sie schüttelten Hände und machten Leute miteinander bekannt, als ich den Raum betrat. Alle vier wandten sich in meine Richtung, als ich näher kam.
    »Du musst Spencer Collins sein«, sagte der Erste in der Reihe und lächelte, während er mir die Hand entgegenstreckte. Er war der kleinste der vier, hatte seine sandgelben Haare geckenhaft frisiert und trug eine Brille mit ovalen Gläsern hoch auf dem Nasenrücken. Seine perfekt geknotete Fliege unterschied ihn von den anderen, die sich lange Krawatten umgebunden hatten. Die drei Fackeln, die den Briefkopf des Clubs zierten, fanden sich auch darauf wieder.
    »Schön, dich kennen zu lernen«, sagte ich.
    Sein Handschlag war außerordentlich kräftig.
    »Ich bin Graydon Brimmer, Präsident des Delphic Clubs«, sagte er. Dann wies er nacheinander auf die anderen drei. »Dies ist unser Vizepräsident, David Fossi. Schatzmeister Carlyle Emmerson und Schriftführer Oscar LaValle. Meine Herren, dies ist Spencer Collins, Abschlussjahrgang 91, Shooting Guard der De LaSalle Highschool in Chicago, Gewinner des nationalen Begabtenstipendiums und Student der Medizin.«
    Ich hatte Graydon nie zuvor gesehen oder gar mit ihm gesprochen, aber er wusste mehr über mich als der alte Percy. Ich fragte mich, ob er sich auch mein Geburtsdatum und meine Sozialversicherungsnummer eingeprägt hatte.
    Ich gab einem nach dem anderen die Hand, jedes Mal mit einem kräftigeren Druck. »Schön, euch alle kennen zu lernen«, sagte ich. »Vielen Dank für die Einladung.«
    »Wir freuen uns, dass du gekommen bist«, sagte Fossi. Er war der längste der vier, hatte dunkles, welliges Haar, breite Schultern und eine schmale Taille. Sein Körperbau und die Hornhaut seiner Handfläche verrieten, dass er einer Rudermannschaft angehörte. »Wie wird das Team in dieser Saison abschneiden?«, fragte er.
    »Hoffentlich besser als in der letzten«, antwortete ich. »Wir haben einen Neuen aus Long Island, New York, ein echtes Ass. Er ist gut zwei Meter groß und wiegt 109 Kilo. Er wird uns auf dem Spielfeld eine große Hilfe sein.«
    »Alles, was ihr braucht, ist ein neuer Trainer«, sagte Fossi. »Meine Oma hätte den Job besser erledigt als Beasley in den letzten fünf Jahren. Sieh dir die vielen Talente an, die er geholt hat, und immer noch haben wir keinen Titelgewinn. Jede andere Schule hätte ihn längst hochkant gefeuert.«
    »Genau das sagen einige der Sponsoren auch schon lange, aber die Sportabteilung verlängert immer wieder seinen Vertrag«, sagte ich. »Er ist hartnäckig wie eine Kakerlake. Wahrscheinlich wird er uns alle überleben.«
    »Heizt ihnen trotzdem ordentlich ein«, sagte Brimmer.
    »Vergiss nicht, dich ins Gästebuch einzutragen, wenn du hineingehst«,

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