Der Geheime Orden
Sportschuhe mit. Wir treffen uns pünktlich u m 7 Uhr im Hof des Clubhauses.
Benutzen Sie bitte den Seiteneingang.
Tel. 876-0400 bitte nur bei Verhinderung.
Ich griff nach dem Telefon und rief Dalton an. Sein erstes Seminar begann erst um elf, aber ich wusste, dass er schon wach war. Dalton litt an klassischer Schlaflosigkeit. Er zechte bis tief in die Nacht, und ganz früh morgens stand er auf und wartete, bis alle anderen wach wurden.
»Sie ist da«, sagte ich, nachdem er sich gemeldet hatte. »Muss heute Nacht gekommen sein.« Ich stand mitten in unserem gemeinsamen Zimmer und hielt die Einladung vor die nackte Glühbirne.
»Und, ist sie echt?«
»J. P. M. in der Mitte des Kreises.«
»Großartig. Und was steht drin?«
»Der Ausflug findet am nächsten Sonnabend statt. Wir treffen uns früh am Morgen im Hof.«
»Sie werden euch vermutlich zum Haus eines ihrer Alumni führen«, sagte Dalton. »Das ist perfekt. Bis dahin werden wir mit Dunhill gesprochen haben.«
»Wann brechen wir morgen nach Miami auf?«
»Der erste Flug geht um 7.30 Uhr. Ich habe zwei Zimmer im Raleigh für uns reserviert. Ich habe keine Lust, den ganzen Weg bis zum Haus meiner Eltern in West Palm zu fahren. In South Beach werden wir uns im Übrigen auch viel besser amüsieren.«
»Glaubst du, Dunhill kann uns irgendetwas erzählen?«
»Eine Schatzgrube«, sagte Dalton. »Ich habe gestern im Alumnibüro noch etwas anderes herausgefunden. Dunhill kannte Abbott schon lange, bevor er nach Harvard ging. Sie waren Klassenkameraden in Choate, dieser exklusiven kleinen Privatschule in Connecticut.«
Auf dem Weg nach Miami schlief ich die meiste Zeit, dank der stimulierenden Gedanken des Immanuel Kant und seiner Reflexionen über Vernunft und Freiheit. Ich war gespannt auf meinen ersten Besuch in Miami, besonders nachdem ich bereits so viel über die nackten Sonnenanbeter und die weißen Sandstrände gehört hatte. Die Hitze Floridas drohte mich schon in derselben Minute zu erdrücken, in der wir aus dem Flugzeug gestiegen waren, und ich durfte einen ersten Blick in das Paradies werfen: Wohl geformte Frauen in engen Shorts oder winzigen Miniröcken liefen auf dem Flughafen herum, und ihre tief gebräunte Haut glühte wie die untergehende Sonne. Kinder trugen Badeanzüge und Flipflops, und ich musste an die abgehärteten Bostoner oben im Norden denken, die sich zurzeit in Wollpullover und Thermojacken hüllten und sich auf einen weiteren frostigen Winter einstellten.
Wir sprangen in ein Taxi, und Dalton gab dem Fahrer die Adresse des Raleigh. Als wir dann in Richtung Strand unterwegs waren, begann unsere taktische Besprechung.
»Dunhill kommt aus Omaha, Nebraska«, sagte Dalton. »Sein Vater war Bankangestellter und seine Mutter Musiklehrerin. Er hatte eine jüngere Schwester, die ebenfalls Harvard besuchte, und einen älteren Bruder, der bereits als Schulkind an Kinderlähmung starb.«
»Wie zum Teufel hast du das alles herausgefunden?«
»Es gibt nur wenige Orte, wo der Name Winthrop Türen öffnet. Das Alumnibüro von Harvard ist einer dieser Orte, besonders, wenn sie sich mitten in einer Kampagne befinden, um Spenden für die Universität aufzutun. Sie haben sich förmlich zerrissen, um mir behilflich zu sein.«
»Ich glaube nicht, dass Dunhill so leicht zu knacken ist, wie du denkst«, sagte ich. »Zweifellos wird er genau wissen wollen, warum wir Nachforschungen über Ab botts Tod anstellen. Und selbst wenn wir es ihm erzählen, ist das noch keine Garantie, dass er sich öffnet.«
»Wir werden ihn zum Reden bringen«, sagte Dalton. »Wir müssen nur bei unserer Legende bleiben. Wir schreiben eine Hausarbeit über die Geschichte Harvards. Bei unseren Recherchen sind wir über den Tod von Abbott gestolpert, und unsere Neugierde wurde geweckt. Wie könnte er zwei charmanten Jungstudenten widerstehen?«
»Apropos charmant, gestern bin ich Ashley Garrett begegnet«, sagte ich.
»Das Mädchen aus dem Speisesaal?«
»Die Frau meiner Träume. Sie hat Bücher im Coop gekauft.«
»Lehrbücher?«
»Sie studiert an einem College namens RCC. Schon mal davon gehört?«
Dalton schüttelte den Kopf. »Wie hast du ihr das denn aus der Nase gezogen?«
»Es war verdammt schwierig. Sie ist ein cleveres Mädchen.«
»Wie kommst du darauf?«
»Es war nicht gerade ein Silvia-Roman, den sie sich aus dem Regal gezogen hatte. Sie blätterte in Locke und Rousseau.«
»Heilige Scheiße. Schön und intelligent. Eine doppelte Gefahr. Hast du
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