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Der Geheime Orden

Der Geheime Orden

Titel: Der Geheime Orden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Smith
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nicht so feindselig, Dalton«, sagte Mrs. Winthrop. »Dies ist eine Konversation und keine Debatte.«
    »Vater ist eingeschriebenes Mitglied in einem dieser Schweinevereine, wie du es ausgedrückt hast«, sagte Dalton und ignorierte seine Mutter. Er schaute quer über den Tisch zum Imperator, dem förmlich der Dampf aus den Augen zischte. »Ihr habt ja sogar ein Schwein als Maskottchen, nicht wahr?«
    Der Imperator wurde durch das Eintreffen des ersten Gangs gerettet, doch es stand immer noch 2:0 für Dalton. Erma hatte Hühnchen zubereitet und eine Art vegetarisches Allerlei. Alles wurde formgerecht serviert, mit glänzenden Silberhauben und schicken Tranchiermessern. Sophia schien sich des Protokolls nicht ganz sicher zu sein, also flüsterte Wendell ihr Anweisungen ins Ohr. Als sie neben Dalton stand, sah ich, dass er ihr die Hand von hinten unter die Schürze steckte. Sie zuckte zusammen und verlor einen Löffel voller Gemüse direkt über Muffies Schoß. Daltons Johlen mischte sich mit Muffies Schreien, und Sophias wiederholte Entschuldigungen gaben der Mischung eine zusätzliche Würze. Es war eine Szene, an die ich mich später stets mit Freuden erinnerte, wenn ich an die Abendessen im Hause Winthrop zurückdachte. Daltons Vorstellung war geradezu sublim.
    Der Rest des Abendessens verlief im Großen und Ganzen ohne Zwischenfälle. Mrs. Winthrop würdigte immer wieder Muffies Verdienste, als wollte sie sich auf eine Stelle als Daltons Freundin bewerben, und Dalton fand unendlich viele Wege, sich der Aufmerksamkeit zu entziehen. Sophia bediente uns weiter, und Daltons Flirtversuche wurden immer gewagter; sie veranlassten Mrs. Winthrop zu wiederholtem Räuspern und Mr. Winthrop zu einer sichtbar geballten Faust.
    Die ganze Szene entwickelte sich wie ein schlechter Liebesfilm, und obwohl Dalton manchmal fast schon grob wurde, konnte ich ihm kaum einen Vorwurf machen. Die Abendessen in diesem alten Haus waren alles andere als angenehm. Sicher, diese Leute hatten mehr Geld und Luxus, als viele andere Menschen sich zu erträumen wagten, aber sie waren nicht mehr als Pappfiguren, die ihr Leben nach vorgegebenen Regeln und Traditionen lebten, die ich niemals verstehen werde. Als ich ihnen dabei zuhörte, wie sie über ihre Besitztümer, Beteiligungen und sozialen Verpflichtungen sprachen, wurde mir klar, dass sie im Grunde sehr unglückliche Menschen waren. Als wären sie gegen ihren Willen in eine Rolle gezwungen worden, die sie nicht mochten.
    Ich lernte viel an jenem Abend, nicht nur über das quälende Leben der Reichen, sondern auch über meine eigene Lage. Es war für niemanden am Tisch ein Geheimnis, dass ich ein Fremder in der Welt der Privatjets und Polospiele war, aber ich glaubte, dass alle diese Leute tief in ihrem Innern bereit waren, alles zu geben, was sie hatte, um die Freiheit zu bekommen, die ich besaß.
    Dalton und ich beschlossen, gleich nach dem Dessert zu gehen, also verabschiedeten wir uns und gingen durch die Küche hinaus, damit wir Erma auf Wiedersehen sagen und einen letzten Blick auf Sophia ergattern konnten. Mrs. Winthrop begleitete uns bis zum Wagen, während der Imperator zurückblieb wie ein großer Herrscher, der niemals seinen Hof verließ.
    »Wir müssen uns über meine finanzielle Situation Gedanken machen, Mutter«, sagte Dalton, nachdem wir ins Auto gestiegen waren. »Ich kann den Rest des Semesters nicht auch noch so verbringen.«
    »Das ist eine Angelegenheit zwischen dir und deinem Vater, Schatz«, sagte Mrs. Winthrop. »Ich habe schon mit ihm geredet, aber er lässt sich nicht erweichen.«
    So machte der Imperator doch noch einen Punkt, obwohl er gar nicht da war. Aber es stand immer noch 2:1 für Dalton.
    »Und alles nur, weil ich nicht in so einem blöden Haus leben möchte, über dessen Eingang sein Name eingemeißelt ist«, sagte Dalton.
    »Du hast vorher gewusst, welche Konsequenzen deine Entscheidung hat«, sagte Mrs. Winthrop. »Manchmal muss man Kompromisse eingehen, Dalton. Das ist eine wichtige Lektion fürs ganze Leben.«
    »Er möchte keinen Kompromiss, Mutter, er möchte die uneingeschränkte Kontrolle«, sagte Dalton. »Mir ist es egal, wie viel Geld er in seinen Tresoren hortet, ich würde lieber arm sterben, als ihm die Herrschaft über mich zu überlassen.«
    Der Motor des Aston Martin erwachte mit einem Röhren, und wir schossen aus der Einfahrt des Winthrop-Anwesens auf die mit Gaslicht beleuchteten Straßen von Beacon Hill. Ich schaute in den Rückspiegel

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