Der Geheime Orden
weitere zehn Millionen für den Fall, dass wir die Meisterschaft noch zu seinen Lebzeiten gewinnen. Eines muss man über Harvard wissen: Niemals gibt es weinerlichen Beschwerden der Studenten oder dem Druck der Medien nach; nur was mit Geld zu tun hatte, fand stets die volle Aufmerksamkeit der Universitätsleitung. Und Lavietes war ein Ehemaliger, der reichlich davon hatte.
»Also, alle cool bleiben«, sagte Gielen. »Keine Mätzchen. Immer schön artig bleiben zwischen den Übungen. Er wird nach etwas suchen, für das er uns bestrafen kann, aber wir werden ihm keinen Grund geben.«
So sah unser Plan aus, nachdem wir uns versammelt und anschließend den Umkleideraum verlassen hatten. Wir würden uns zwei Stunden lang den Arsch aufreißen, sodass wir nicht den Zorn unseres Trainers zu spüren bekamen. In der ersten Hälfte des Trainings hielten wir uns an unsere Strategie, und alles lief perfekt. Der Trainer hatte miese Laune, wie Gielen es vorhergesagt hatte. Er warf ein paar alte Männer hinaus, die jedes Mal dasaßen und uns beim Training zuschauten, indem er ihnen sagte, wir würden heute hinter verschlossenen Türen trainieren. Und wenn der Trainer richtig mies drauf war, tat er das genaue Gegenteil von dem, was man erwartet hätte. Anstatt wie ein Despot herumzubrüllen, blieb er ganz still, was jeden in der Sporthalle ziemlich nervös machte, und er tat nur den Mund auf, um einen Spielzug zu kritisieren oder einen von uns zu beschimpfen. Sogar seine Assistenten waren gereizt, warfen uns böse Blicke zu und verwehrten uns unsere üblichen Trinkpausen. Ihre Jobs hingen von dem des Trainers ab; war er von der Entlassung bedroht, waren sie es auch.
Wir hatten noch fünfzehn Minuten, und die Frauenmannschaft, die in dieser Woche nach uns trainierte, hatte sich bereits umgezogen und wärmte sich an der Seitenlinie auf. Das war immer ein gutes Zeichen, denn es bedeutete, dass das Training langsam ausklang und nur noch ein paar einfache Übungen vor uns lagen, bevor wir für heute genug hatten. Aber da blies der Trainer in die Pfeife und ließ uns zum Abblocken Aufstellung nehmen. Wir schauten uns ungläubig an, dass er uns nach einem langen Training noch durch eine solch mörderische Übung treiben wollte.
Um die Grausamkeit seines Handelns zu verstehen, muss man wissen, worum es beim Abblocken geht. Es ist eine Rebound-Übung, wo zwei Spieler gegeneinander antreten und wie zwei verwundete Hunde in der Gosse gegeneinander kämpfen, bis einer von ihnen lebend mit dem Basketball herauskommt. Wir stellen uns in einer langen Reihe auf; dann wird ein Spieler ausgewählt, der nacheinander gegen jeden von uns antreten muss. Der Trainer wirft den Ball absichtlich gegen den Korbrand, und die beiden Spieler ziehen und zerren und tun beinahe alles, um den Rebound zu bekommen. Der verteidigende Spieler muss den Angreifer abblocken und sich auf diese Weise drei Rebounds hintereinander sichern, damit er von seiner Aufgabe befreit wird. Wenn er es geschafft hat, wird ein anderer Spieler auserkoren, der den Korb verteidigen und den Rebound bekommen muss. Klingt nach einer einfachen Übung, und das ist sie auch. Das Problem liegt allerdings darin, dass es eine der Übungen ist, bei denen man schnell zum Erfolg kommen muss, weil ansonsten die Erfolgsaussichten aufgrund der zunehmenden Erschöpfung exponentiell schrumpfen. Die Grausamkeit des Spiels liegt darin, dass man sich den Arsch aufreißen und zwei Rebounds in Folge holen kann, aber danach doch wieder von vorne anfangen muss, weil man den dritten Rebound verpasst hat. Der Verteidiger ist die ganze Zeit gefordert und wird immer müder, doch alle anderen können sich zwischendurch erholen, weil sie ihn einer nach dem anderen herausfordern.
Man lernte schnell, diese Übung zu hassen, besonders, wenn man zu den kleineren Jungs gehörte, die automatisch im Nachteil waren. Das wusste auch der Trainer. Der Verteidiger würde mit den Ellenbogen arbeiten, den Leuten das Knie in den Unterleib rammen oder sie in die Magengrube schlagen, wenn er sich einen Nutzen davon versprach. Tom Morrison, der Kleinste in der Mannschaft, hatte bei einem Training mal fünfundvierzig Minuten gebraucht, um drei Rebounds hintereinander zu bekommen. Als er es geschafft hatte, war seine Nase blutig, sein Hals von Kratzern übersät und ein Daumen verstaucht. Er konnte eine ganze Woche lang nicht am Training teilnehmen, und der Trainer genoss jede einzelne Minute.
Aber jetzt wussten wir, dass diese Übung
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