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Der Geheime Orden

Der Geheime Orden

Titel: Der Geheime Orden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Smith
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dem Verschwinden von Erasmus Abbott lagen. Als würde man einem Kettenraucher, der erst ein paar Tage zuvor mit dem Rauchen aufgehört hatte, eine Schachtel Zigaretten hinlegen. Die Versuchung war überwältigend.
    Wir jagten eine Minute früher nach Cambridge hinein, als wir für den Hinweg nach New York gebraucht hatten.
    »Also, wie sieht unser Plan aus?«, fragte ich, bevor ich ausstieg.
    »Ich werde das Buch nicht lesen«, sagte Dalton. »Noch nicht. Zuerst will ich herausfinden, was in Wild Winds passiert ist, dann sehen wir weiter.«
    »Versprich mir, das Buch nicht ohne mich zu lesen«, sagte ich.
    »Abgemacht.«
    Wir gaben uns die Hand darauf.
    »Glaubst du, dass jemand deinen Onkel umgebracht hat?«, fragte ich.
    Dalton schüttelte den Kopf. »Im Augenblick erscheint mir alles möglich.«
     
    Unter dem Eindruck all dieser Ereignisse hatte ich ganz vergessen, dass an diesem Wochenende die Head of the Charles Regatta stattfinden würde. Das Head of the Charles war ein äußerst beliebtes Bootsrenn-Wochenende. Als armes Kind aus Chicago hatte ich vorher noch nie diese langen, schmalen Boote im Rennen gegeneinander antreten sehen. Erst als ich nach Harvard kam, wurde mir bewusst, dass Rudern der klassische Sport der Oberschicht war. Und obwohl es kein Sport war, der den Puls der Zuschauer in schwindelerregende Höhen trieb, so war er doch schön anzuschauen, wie ein Ballett auf dem Wasser, wenn acht Männer die langen Ruder im perfekten Gleichklang hoben und senkten und durchs Wasser zogen.
    Das Head-Wochenende mit seinen mehr als 6000 Aktiven und über 250000 Zuschauern, die sich während der zweitägigen Show an den Ufern des Charles versammelten, war zu einer Art Mini-Olympiade der Ruderwelt geworden. Doch trotz seines Glanzes habe ich das Head-Wochenende nie gemocht, und das lag nicht nur an meinem lauen Interessen für diesen Sport. Am meisten störte mich, wie unser Campus plötzlich von Timberland-Schuhen, gefärbten Ponchos und lärmenden Trinkern überlaufen war, die ihn in eine Jauchegrube voller leerer Bierdosen und abgestandener Urinpfützen verwandelten. Sich um den Square herum fortzubewegen, war schon zu normalen Zeiten schwierig, doch unter dem Ansturm der Besucher wurde es an jenem Wochenende fast unmöglich. Und als ob das alles noch nicht unangenehm genug wäre, war die Universitätspolizei über den Campus ausgeschwärmt und hatte viele der Tore abgesperrt, die sonst frei zugänglich waren, sodass wir unsere Studentenausweise an frisch eingerichteten Kontrollpunkten vorzeigen mussten und kaum in andere Teile der Universität vordringen konnten. Das Schlimmste aber war, dass die Sportanlagen auf der anderen Seite des Flusses lagen, was bedeutete, dass wir uns durch die Masse unnachgiebiger Körper auf der Anderson Bridge quälen mussten. Es war ein einziger Albtraum.
    Mitch hatte still und leise das Training zur selben Zeit wieder aufgenommen, als auch der Trainer mit einem neuen Satz Vorderzähne zurückkehrte. Er war mies drauf wie immer und schindete uns wie der Teufel, und sei es nur, um zu zeigen, dass es mehr als einen kräftigen rechten Haken brauchte, um seinen Willen zu brechen. Dalton rief an und erzählte mir, er müsse das Wochenende bei seinen Eltern in Beacon Hill verbringen und würde mir mitteilen, was er dabei über Onkel Randolph herausfinden konnte. Zur Sicherheit habe er das Buch in seinem Zimmer unter der Matratze versteckt. Percy hatte einen seiner Internatsfreunde bei sich zu Gast, der für das Head-Wochenende zu Besuch gekommen war und auf der Couch in unserem gemeinsamen Raum übernachtete, was bedeutete, dass ich entweder in meinem Schlafzimmer ins Exil gehen oder mir ihre endlosen Gespräche über die Relevanz der griechischen Mythologie oder die neuesten Informationen darüber anhören musste, welcher ihrer Freunde bei welcher Eliteuniversität angenommen worden sei.
    Ich wählte das freiwillige Exil und schloss mich in meinem Zimmer ein. Eines Abends nahm ich all meinen Mut zusammen und rief Ashley an. Eine Frau, von der ich annahm, dass es Ashleys Mutter war, nahm den Anruf entgegen.
    »Könnte ich bitte mit Ashley sprechen?«, sagte ich.
    »Wie ist Ihr Name?«, fragte die Frau.
    »Spencer.«
    »Sind Sie der junge Mann von Harvard?«
    »Genau.« Ich wusste, dass es ihre Mutter war.
    »Einen Augenblick, Spencer. Ich hole sie.«
    Ich bemerkte, wie sie versuchte, das Mikrofon zuzuhalten, aber ich konnte sie trotzdem sagen hören: »Er hört sich wie ein netter

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