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Der geheime Vortrupp – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Inspektor-Appleby-Serie (German Edition)

Der geheime Vortrupp – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Inspektor-Appleby-Serie (German Edition)

Titel: Der geheime Vortrupp – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Inspektor-Appleby-Serie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Innes
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als er die zahllosen Stufen des wachsamen animalischen Lebens durchlaufen hatte. Und etwas in dieser Art trieb sie auch jetzt an, etwas zutiefst Urtümliches. Die Sorgen, die sie sich um den jungen Mann gemacht hatte, den sie zurückließ, waren mit einem Schlag fort, ja selbst daß sie ihm die Freiheit verdankte, war für den Augenblick vergessen. Jeder Gedanke, um was es bei der seltsamen Verschwörung ging, in die sie geraten war – ob hochwichtig oder ob kaum von Bedeutung –, war wie fortgeblasen. Sie war ihnen entwischt, sie würde durchkommen, sie würde den Spieß noch umdrehen. Es war ein berauschendes Spiel. Die Jagd war Essenz aller Spiele, die Menschen je geschaffen hatten. Sheila sah die Heide gezähmt, den Fels behauen; sie sah Leute, die, wie in Gleneagles, mit Golfschlägern durch die Gegend schlurften. Klack … schrapp, schrapp, schrapp … klack . Sie lachte laut, und da wußte sie, daß ihr Verstand, soweit sie überhaupt Verstand hatte, wieder in Gang war. Sie marschierte weiter.
    Dick Evans hatte sie hinters Licht geführt. Ein Trick, um sie zur Flucht zu bewegen und ihr Vorsprung zu verschaffen. Er hatte sich versteckt und einfach zwanzig Minuten lang gewartet, bis sie fort war. Und er würde weiter warten – vielleicht bis jemand aus dem Haus kam, um sich auf die Suche nach seinem Kameraden zu machen, der zur Kate gegangen war –, und dann, nahm sie an, würde er zuschlagen. Auch ohne Pistole, nur mit der Schleuder, die er von Correggio hatte oder Caravaggio oder wer es gewesen war. Na, ihr sollte es recht sein. Dick Evans war schlicht und einfach verrückt und außerdem ein Mann. Sollte er seine Steine schleudern, sie wünschte ihm Glück dazu. Aber sie würde weitergehen.
    Sie würde weitergehen. Das war das große Abenteuer; zugleich sah sie aber auch klarer denn je, daß es der einzig vernünftige Weg war, und das war ihr ein Trost. Der rationale Teil in ihr, der die Dinge vernünftig einschätzte und sich von nichts Romantischem beirren ließ, versicherte ihr, daß es richtig so war. Die beste Chance für sie und für Dick war es, Kontakt mit den Behörden aufzunehmen, und Behörden würde sie eher im Osten finden. Und auf diesem Weg war sie nun schon fast eine Meile vorangekommen. Der kleine Bach machte eine Kehre und floß in die Richtung, aus der sie gekommen war, zurück, und die kleine Schlucht stieg nun wieder auf die Höhe des Moors an. Sie hatte überlegt, ob sie dem Wasser folgen sollte, das ja irgendwo einen tiefen und folglich geschützten Abfluß haben mußte. Aber Dick hatte ihr eingeschärft, nicht von der Richtung abzuweichen. So stieg sie – nachdem sie zuvor noch den Regenmantel übergestreift hatte – also wieder empor. Eine Meile durch die Schlucht und vielleicht alles in allem eine halbe Meile davor: wenn das Haus wieder in Blick kam, sollte es mindestens anderthalb Meilen entfernt sein. Und der Mann, der den Weg zur Kate hinaufstieg, war ja noch ein Stück weiter fort. Am Horizont wäre er zwar zu sehen, aber sie selbst sollte dem unbewaffneten Auge von dort so gut wie unsichtbar sein. Nahm sie jedenfalls an. Sie mußte zugeben, daß sie sich bisher noch niemals Gedanken über Entfernungsverhältnisse gemacht hatte.
    Sie kam wieder nach oben, und das Haus mit seiner einzelnen blaugrauen Rauchfahne lag hinter ihr. Sie legte sich in die Heide und studierte es. Die Fenster waren noch zu erkennen, aber die Zinnen, die sie auf dem Turm gesehen hatte – vielleicht einen halben oder knappen Meter hoch – verschwammen schon. Auf dem Hügelkamm war niemand zu sehen. Und jemand, der von dort zu ihr herüberblickte, hätte auch die Sonne im Auge, die noch immer tief am Himmel stand. All das war gut – so gut, daß Sheila überlegte, ob sie wirklich Zeit vergeuden und sich wie ein Schaf benehmen sollte. Sie sah sich um, ob sie irgendwo echte Schafe entdeckte. Hie und da sah sie welche, in Entfernungen, die für ihre Begriffe weniger als eine Meile sein mußten. Und nahe am Haus bewegte sich etwas – es war eher die Bewegung, die man wahrnahm, als eine bestimmte Form. Es bewegte sich, hielt inne, wechselte die Richtung – mit Sicherheit ein Schaf. Sie sah ein, daß die Art, wie sich etwas bewegte, tatsächlich verraten konnte, was es war. Einen Menschen, der sich zögernd und uneindeutig voranbewegte, konnte man für ein Schaf halten. Aber alles, was sich zielstrebig in gerader Linie bewegte, war mit Sicherheit ein Mensch. Eine halbe Meile noch, dann fiel das Gelände

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