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Der geheime Vortrupp – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Inspektor-Appleby-Serie (German Edition)

Der geheime Vortrupp – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Inspektor-Appleby-Serie (German Edition)

Titel: Der geheime Vortrupp – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Inspektor-Appleby-Serie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Innes
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Autos, wo man drücken mußte, um den Rückwärtsgang einzulegen. Eine Sicherheitssperre. Sie mußte offenbar nur den Griff fest in die Hand nehmen, dann war die Waffe schußbereit. Sie konnte weitergehen.
    Das Haus war schon nähergekommen. Die Sonne strahlte jetzt stärker an der Ostwand, Lichtflecken wanderten über das Moor. Und auch sie selbst war nun von der Sonne beschienen. Argwöhnisch hielt sie inne. Vor ihr auf der Heide bewegte sich ein Schatten.
    Falscher Alarm: ein Habicht. Rechts von ihr, hoch am Himmel, schwebte der Vogel, tauchte zum Sturzflug, wendete, stieg wieder auf, hing in der Luft. Atemberaubend. Und die Zeilen fielen ihr wieder ein.
    Wo am westlichsten Gipfel ein felsiger Sporn ragt,
    Einem Falken gleich hoch überm Herzen der Bucht …
    Sie kannte diese Zeilen. Und niemand sonst – außer Dick, und Dick war fort. Und er hatte ihr ja im Grunde ein Versprechen abgenommen. Oder gerade dadurch, daß er nicht von einem Versprechen sprach, es so dargestellt, als seien sie sich einig. Wenn seine Erkundungsmission fehlschlug, dann war es ihre Pflicht, von dort fortzukommen, dafür zu sorgen, daß sie und die kryptischen Verse in Sicherheit kamen. Sie wußte nicht, was er sonst noch im Sinn gehabt haben mochte, aber dies eine war eindeutig gewesen. Ihre Motive waren nicht die gleichen. Aber der Pakt war geschlossen und mußte gehalten werden. Noch einmal blickte sie zum Habicht hinauf, wie er prachtvoll am Morgenhimmel stand. Sheila steckte die Pistole in die Jackentasche und wandte sich in Richtung Sonne.
    Ihr Pfad hatte sie von der Kate bergabwärts geführt, den Kamm eines Bergrückens entlang, der hier, einen Steinwurf vom Haus entfernt, eine abrupte Wendung ostwärts nahm und dann mit einigen letzten Erhebungen in der flachen Senke des Moors auslief. Er bot ungefähr soviel Deckung, wie eine Feldmaus hinter einer halb zutage gekommenen Wurzel finden mochte, aber mit einigen Unterbrechungen führte er bis zu der Vertiefung, die Dick ihr gezeigt hatte und die noch immer im Schatten lag. Sheila streifte sich den Rucksack über und machte sich auf Händen und Knien auf den Weg.
    Weiter oben hatte der Untergrund aus wenigen Grasbüscheln, bloßer Erde und Fels und einigen wenigen Heidebüschen bestanden. Hier aber war alles dicht mit Heide bewachsen, Füße und Knie und Hände verfingen sich darin, und es gab kaum ein Vorankommen. Nach fünfzig Metern machte Sheila ihre erste Rast. Sie kam sich vor wie ein Wilderer – oder vielleicht auch nur wie ein Wilderer in alten Karikaturen aus dem Punch : Cockneys, die sich ins Hochland verirrt hatten und die ein Einheimischer auf den ersten Blick erkannte … Sheila rief sich zur Ordnung. Sie mußte sich konzentrieren. Sie stellte fest, daß ihr ein wenig schwindelig war. Schon seit sehr langem, sie wußte nicht wie lange, hatte sie nichts zu sich genommen außer Chloroform und Milch und Schokolade: vielleicht war das die Erklärung. Vielleicht war es aber auch der Gedanke an Dick Evans und die Sorge, was mit ihm geschehen sein mochte. Mit einem Male, als hätte es ihr, wie sie dort in der Heide lag, jemand ins Ohr geflüstert, kam ihr zu Bewußtsein, in welcher Gefahr sie selbst sich befand. Wenn sie Dick gefaßt hatten, dann suchten sie ja längst nach ihr. Sie erhob sich und begann, geduckt und stolpernd, zu laufen.
    Nachher sollte sie sich wie ein Schaf bewegen. Aber das paßte nicht – es paßte nicht zusammen, weil die Zeit doch zweifellos drängte. Denn wenn sie hinter ihr her waren … Sheila spürte, daß es einen Gedanken gab, der ihr an dieser Stelle kommen sollte – etwas Offensichtliches, das sie in ihrer Dummheit nicht begriff. Sie stolperte weiter, immer dicht am Boden. Es gab ein Ballett von Massine, in dem die Leute sich so bewegten – nur daß sie dort im Kreis gingen. Sie mußte aufpassen, daß sie nicht im Kreis ging … Wieder rief sie ihre Gedanken zur Ordnung. Diese Art abzuschweifen mußte eine Reaktion auf das Chloroform sein. Sie gab sich einen Ruck, richtete sich auf und spähte zurück zum Haus. Sie hörte einen Knall. Einen Pistolenschuß.
    Es war eine Tür. Nichts weiter als eine Tür, die im Haus zugeschlagen wurde, das war der Laut, der in der Morgenstille über das Moor herüberkam. Eine Außentür: Sie duckte sich hinter den Hügelkamm wie hinter eine Brüstung und spähte zum Haus. Nun war wieder alles still, und weiterhin regte sich nichts. Beschwichtigt nahm sie ihren geduckten Lauf wieder auf. Aber dann hielt sie es

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