Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der geheime Vortrupp – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Inspektor-Appleby-Serie (German Edition)

Der geheime Vortrupp – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Inspektor-Appleby-Serie (German Edition)

Titel: Der geheime Vortrupp – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Inspektor-Appleby-Serie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Innes
Vom Netzwerk:
sie in der Ferne verschmolzen, verdunkelte sich mit jedem Schritt; der Ton der Glockenheide, die schon in Blüte stand, wandelte sich vom leuchtenden Rosa zum tiefen Purpur, und das Licht am Himmel nahm eine gespenstische Färbung an. Ein Gewitter kam, ein Unwetter vielleicht.
    Eine Stunde lang wanderte Sheila weiter, in eine leise Brise hinein, die abrupt wieder verschwand und das Moor totenstill zurückließ. Dann hörte sie den Sturm kommen: ein Murmeln nur, eine Vibration in den Nadeln der Bäume, Donner in unendlicher Ferne. Aber hinter ihr, und das konnte doch nicht sein … Die Illusion dauerte nur einen kurzen Moment. Dann ging ihr auf, daß dieses Grollen die Präzision einer Maschine hatte. Es war das Geräusch eines Motors in weiter Ferne.
    Aber es kam näher, und sie ging in Deckung; dann sah sie den Wagen. Die Zufahrt zum Haus mußte wohl von Osten kommen, ein grober Feldweg eine Meile weiter nördlich, nicht auszumachen. Denn eine Meile weiter nördlich fuhr ein Wagen, mit einem Tempo, das bei diesem Untergrund halsbrecherisch sein mußte. Eine Staubwolke umgab ihn, aber er schien groß und grau; schon war er auf ihrer Höhe und im nächsten Moment an ihr vorbei und verschwand in der Ferne; sie erhob sich und ging weiter.
    Das konnte gefährlich für sie sein oder auch nicht. Es konnte bedeuten, daß Dick entdeckt war, daß sie Alarm geschlagen hatten; aber ebensogut konnte es sein, daß die Leute vom Haus einfach nur ihrem sinistren Gewerbe nachgingen. Aber nun hielt sie die Ohren gespitzt, und zehn Minuten darauf vernahm sie von Süden her den Klang eines weiteren Motors, das Geräusch eines langsameren Fahrzeugs. Und diesmal mußte sie sich wirklich zwischen den Büschen verstecken, denn das Gefährt kam direkt von hinten, und als es sie passierte, konnte es keine zweihundert Schritt weit fort sein. Zwei Männer. Aber nicht sie, sondern ihr Fahrzeug war es, weswegen sie mit weit aufgerissenen Augen hinüberstarrte: Es fuhr behende auf drei riesengroßen Radpaaren über das Moor, und auf den ersten Blick hatte sie keinen Zweifel, daß es ein Kriegsgerät war – etwas, das sie im Manöverbericht einer Illustrierten gesehen hatte. Aber dann fielen ihr wieder die Leute ein, die sich mit Kilts verkleideten. Mit solchen Geräten fuhren sie heutzutage ihre Picknickkörbe und die dickeren unter den Tweedkostüm-Damen ins Feld: das war die Erklärung. Und damit stand nun auch fest, daß die Lage ernst war.
    Zwei Männer von Süden her, vielleicht eine ganze Wagenladung von Norden: sie konnten sich wie ein Fächer vor ihr verteilen, und hinter ihr lag das Haus. Es war ein Irrtum gewesen, als sie geglaubt hatte, auf diesem Moor würde am heutigen Tage nicht gejagt.
    Sie konnte sich nach Norden oder Süden wenden und hoffen, daß sie diesseits der Enden des Fächers durchkam. Aber wenn ihre Gegner sich so offensichtlich darauf konzentrierten, ihr den Weg nach Osten zu verbauen, dann hatte das etwas zu bedeuten. Es bedeutete wohl, daß tatsächlich dort die nächsten menschlichen Behausungen lagen, so wie Dick es vermutet hatte – und dann versuchte sie am besten mitten hindurchzukommen. Wenn das Unwetter kam und die Sichtweiten fielen, verbesserten sich ihre Chancen. Aber wenn sie jetzt einen Umweg in Kauf nahm und dann Nebel aufkam, konnte die Orientierung so schwierig werden, daß sie selbst mit Kompaß ihren Kurs nicht mehr halten konnte.
    Sheila lag, als sie diese Überlegungen anstellte, bäuchlings in der Heide; nun erhob sie sich, und was sie sah, bestätigte ihren Beschluß noch. Etwa vier Meilen voraus, gerade in der Entfernung, die die Sicht jetzt noch zuließ, stieg eine dicke Rauchsäule auf. Und während sie noch hinsah, kippte die Säule langsam zur Seite, die Basis verschob sich aus der Lotrechten, und nicht lange und es war eine horizontale Linie daraus geworden. Sie hatte eine Lokomotive gesehen, die gehalten hatte und wieder angefahren war.
    Und dann kehrte der Nebel zurück. Sie konnte sehen, wie er sich aus der Ferne auf sie zuwälzte, dann nahm er rund um sie Gestalt an. Aber sie hatte den Kompaß auf die Rauchsäule eingestellt, bevor diese verschwand, und sie überlegte einen Moment lang, wie sie ihn nun, wo sie nichts Sichtbares mehr zur Orientierung hatte, benutzen mußte. Sie mußte den Kompaß so halten, daß die Nadelspitze genau auf das N wies. Auf dem Ring drehte sie dann den Steuerstrich in die Richtung, in der die Säule gelegen hatte. Der Strich war ihr Wegweiser, und in diese

Weitere Kostenlose Bücher