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Der geheime Vortrupp – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Inspektor-Appleby-Serie (German Edition)

Der geheime Vortrupp – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Inspektor-Appleby-Serie (German Edition)

Titel: Der geheime Vortrupp – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Inspektor-Appleby-Serie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Innes
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Terrasse mit eleganter Balustrade, und darunter ging eine lange Treppe, eher italienisch als schottisch, hinab zu einem Landungssteg und einer Wasserfläche. Dieser alte Herrensitz – oder wohl eher ein neuerer Flügel davon – war direkt am Seeufer gebaut, einem Loch, der sich zwischen steil abfallenden Kiefernhängen bis in weite Ferne erstreckte, wie ein Silberstreifen im Fell eines schlummernden Tiers … Von der anderen Hausseite kam das Summen eines dritten Wagens, der die Auffahrt hinunter davonfuhr. Die Nachmittagsgesellschaft löste sich auf.
    »Und jetzt erzählen Sie mir alles.« Belamy Mannering holte ein Blatt Notizpapier aus einer Schublade und nahm einen Goldbleistift. »Erzählen Sie mir, was geschehen ist, und dann überlegen wir, was wir tun können.«
    Plötzlich schreckte sie vor dieser Aufforderung zurück. Sie mußte viel stärker erschöpft sein, als ihr bewußt war. Sheila blickte noch einmal zum Fenster hinaus und betrachtete ein kleines Motorboot, das unten am Steg lag. Es schaukelte leise auf den Wellen des Loch – und sie hatte das Gefühl, daß ihr Kopf mitschaukelte. Entsetzlich müde. Sie riß sich zusammen, konzentrierte ihren Blick auf das Blatt Papier, das Mannering vor sich hatte, und sprach – mit langsamen, klaren Worten.
    Sie erzählte ihre Geschichte, und ab und zu stellte er eine Frage, schrieb sich etwas auf … Etwas versuchte sich in ihren Gedanken Gehör zu verschaffen, aber sie wußte nicht, was es war.
    »Und außer dem jungen Amerikaner weiß niemand von all diesen Dingen, dem Gedicht und so weiter? Vor mir haben Sie es niemandem erzählt?«
    Sein Ton war nun wieder eher höflich, weniger gespannt: Es war eine abenteuerliche Geschichte, aber solange von den zuständigen Behörden niemand zugegen war, gab es nicht viel, was man tun konnte. Das war wohl seine Einschätzung … Und wieder dieses seltsame Gefühl. Es war nun schon geradezu zwanghaft, wie sie das Blatt Notizpapier anstarrte. Nicht mehr lange, und sie würde sich damit hypnotisieren, wie man es auch mit einem Lichtreflex in einem Glas oder einer funkelnden Münze tun konnte.
    »Ob noch jemand von dem Gedicht weiß?« Mechanisch griff sie die Frage auf. Was einfältig war. Sie hatte auch etwas vergessen: es gab ja noch mehr zu erzählen.
    Die obere rechte Ecke . Das war die Stelle, auf die ihr Verstand sie schon die ganze Zeit aufmerksam machen wollte. Oben auf dem Blatt, auf dem Kopf und schräg von ihrem Platz aus:

    »Von dem Gedicht?« fragte sie noch einmal und nahm alle ihre Gedankenkräfte zusammen.

    »Nein«, sagte sie. »Sie sind der erste, dem ich es erzähle, Mr.   – Mannering.«
    Das hier war Castle Troy. Das war die uralte Burg, an der Harry McQueen gestanden und den Windvogel gesehen hatte. Und sie erinnerte sich an Dick Evans’ Worte: »Es bräuchte einen Startpunkt …«
    Das war es. Wenn möglich, wäre der Startpunkt natürlich die Basis, das Hauptquartier. Der Postbote, dachte Sheila. Der junge Mann mit den blauen Augen, der ihr stillvergnügt erzählt hatte, daß er Alaster Mackintosh heiße; der sie in einer ein wenig fremdartigen Formulierung gefragt hatte, ob sie eine Frau von Bildung sei. In dessen Handschuhfach nun die Pistole lag. Der Mann vor ihr, der beiläufig gefragt hatte: Vor mir haben Sie es niemandem erzählt?
    Sheila streckte eine ruhige Hand aus und nahm ein weiteres Pfannkuchenviertel. Tief in ihrem Inneren spürte sie eine ungeheure Wut. Was gut war, sagte sie sich. Das bewies, daß die richtigen Hormone flossen. Und auch aus dieser Klemme, der schlimmsten bisher, würde sie herauskommen … »Nein«, hörte sie sich dann mit fester Stimme sagen, »das stimmt nicht ganz. Da war noch jemand. Ich hoffe, ich habe keinen Fehler gemacht. Aber es war nur einer von Ihren Gästen.« Energisch biß sie in ihren Kuchen.
    »Ah.« Belamy Mannering legte etwas wie väterlichen Tadel in diese eine Silbe. »Von meinen Gästen?«
    »Als Mr.   Mackintosh zum Wagen zurückging, um etwas zu holen. Eine alte Dame – ich weiß nicht einmal mehr, wie sie heißt, aber sie ist eine Freundin meiner Mutter und sah mich, als sie gerade in ihren Wagen steigen wollte. Ich war so froh, daß ich nach alldem ein bekanntes Gesicht sah, da habe ich ziemlich geplappert. Ich habe ihr erzählt, wie Agenten mich festhielten und wie ich entkommen war. Dann kam Mr.   Mackintosh und führte mich recht eilig fort.«
    »Alaster ist sehr diskret. Aber natürlich hätte er auf seine Manieren achten

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